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Politischer Aschermittwoch: "Wenn die Welt wüsste, über welchen Quatsch wir streiten"


Aschermittwoch-Debütanten teilen aus
"Wenn die Welt wüsste, über welchen Quatsch wir streiten"

dpa, Von Marco Hadem

Aktualisiert am 06.03.2019Lesedauer: 4 Min.
Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, prostet nach seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der CSU den CSU-Anhängern mit einem Bierkrug zu.Vergrößern des Bildes
Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, prostet nach seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der CSU den CSU-Anhängern mit einem Bierkrug zu. (Quelle: dpa-bilder)

Unsicherheiten im Bund, Konkurrenz in Bayern und Ärger in Europa: Beim politischen Aschermittwoch will die CSU alte Fehler vermeiden. Neben CSU-Chef Söder erlebt noch jemand eine Aschermittwoch-Premiere.

In der CSU ist es längst eine bittere Erkenntnis: Die Pleite der Partei bei der Europawahl 2014 nahm beim politischen Aschermittwoch ihren Anfang. Als der damalige CSU-Vize Peter Gauweiler in seiner Rede die EU-Kommission als "Flaschenmannschaft" titulierte, damit die eigenen Anhänger zu Europakritikern machte und - was für die CSU noch schlimmer ist - Wähler abschreckte. Der Rest ist Geschichte. 40,5 Prozent holte die CSU, ein katastrophales Minus von 7,6 Prozentpunkten im Vergleich zu 2009.

"Zugegeben, vor der Europawahl 2014 haben wir uns sehr breit aufgestellt", gesteht an diesem Aschermittwoch auch Markus Söder zu Beginn seiner Rede - seine erste als Parteichef - in der bis auf den letzten Platz besetzten Passauer Dreiländerhalle ein. Er weiß, dass Europawahlen für die so sehr auf Bayern fixierte CSU schon immer heikel waren. Da die Partei aber mit der Bundestagswahl 2017 und der Landtagswahl 2018 bereits zwei überaus schmerzhafte Niederlagen erlitten hat, ist die Ausgangslage in diesem Jahr besonders schwierig.

Zudem hält die Europawahl im Mai für die CSU noch eine Besonderheit bereit: Erstmals greift mit Parteivize Manfred Weber ein Bayer nach dem Posten des EU-Kommissionspräsidenten, will also frei nach Gauweiler Kapitän der Flaschenmannschaft werden.

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Söder: "Kehrt zurück und lasst die Nazis alleine in der AfD"

Keine Frage - die Gemengelage könnte für die CSU schwieriger kaum sein. "Der Weg der CSU wird sich nicht in einigen Wochen oder Monaten erleichtern. Man kommt schneller runter, als man raufkommt", ruft Söder kämpferisch seinen Anhängern zu. Und wer ihm zuhört, merkt, dass er sich auch nach dem Ende des Dauerstreits mit der CDU über einen Mangel an Großbaustellen nicht beklagen kann.

Auch wenn Söder seit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten deutlich ruhigere Töne anschlägt, zeigt er beim Aschermittwoch, dass er die klare Kante noch nicht verlernt hat: "Kehrt zurück und lasst die Nazis alleine in der AfD. Es ist Zeit für einen Richtungswechsel", ruft er Mitgliedern und Anhängern der rechtspopulistischen Partei zu. Auch die SPD bekommt trotz aller Bekundungen Söders für einen stilvollen Umgang unter den Koalitionspartnern im Bund ihr Fett weg: Einen Linksrutsch werde die CSU nicht zulassen.

Söder macht zugleich keinen Hehl aus seinem Unverständnis über viele aktuelle Debatten in Deutschland - seien es die Diesel-Abgase oder die Empörung über Indianer-Verkleidungen in einem Hamburger Kindergarten: "Wenn die Welt wüsste, über welchen Quatsch wir streiten, hätte sie keine Angst und keinen Respekt vor uns."

Kramp-Karrenbauer wettert gegen die SPD

In diese Kerbe haut auch die zweite Aschermittwoch-Novizin, Annegret Kramp-Karrenbauer. Die CDU-Vorsitzende tritt erstmals in Demmin auf, in der mecklenburgischen Heimat von Angela Merkel, die hier jahrelang am Rednerpult stand. "Mein Eindruck ist, wir haben keine wirklichen Probleme mehr in diesem Land", kommentiert sie fassungslos die Diskussion darüber, ob Kinder als Indianer oder Scheich verkleidet in den Kindergarten kommen dürfen.

Sie wünsche sich ein Deutschland, in dem Kinder draußen Cowboy und Indianer oder im Kindergarten wahlweise mit Puppe oder Lego spielen dürften. "Ohne dass man ihnen mit drei Jahren schon sagt, dass sie kultursensibel sein müssen. Das ist doch alles ein Wahnsinn, was wir hier erleben."

Noch mehr als Söder schaltet Kramp-Karrenbauer auf Attacke gegen die SPD. Etwa wegen deren restriktiver Linie bei Rüstungsexporten. Wenn man sich für diese entschieden und dafür zudem Richtlinien festgelegt habe, "dann darf man auch nicht hintenherum versuchen, diese Richtlinien so auszulegen, dass im Grunde genommen Rüstungsexporte nicht mehr möglich sind", wettert AKK. "Oder man muss auch als Sozialdemokrat das Rückgrat haben, sich dann vor die Arbeiterinnen und Arbeiter hier in Wolgast oder in Bremen hinzustellen und zu sagen: Ich habe eine politische Meinung, aber die kostet Euch Eure Arbeitsplätze. Das wäre dann offen und ehrlich, aber nicht das, was zur Zeit getrieben wird."

Söder erteilt Schwarz-Grün eine Absage

Zurück zu Söder, der natürlich auch die derzeit in Land wie Bund starken Grünen nicht auslässt. Den Wettstreit mit ihnen hat er längst zur Chefsache gemacht, inhaltlich wie äußerlich. Ohne Krawatte und mit Dreitagebart steht er auf der Bühne. Eine Anspielung auf das lässige Image von Grünen-Chef Robert Habeck? "So lässig wie der sind wir schon lange. Nur wächst bei uns mehr, das ist der Unterschied", spottet er in Richtung des Norddeutschen. Um grüne Politik zu machen, brauche die CSU nicht die Grünen. Söder macht erneut keinen Hehl daraus, dass für ihn und damit die CSU aktuell eine Zusammenarbeit mit den Grünen weder auf Landes- noch auf Bundesebene Thema ist.

Nur bei einem Thema lassen Söder und sein Vize Weber den selbst verordneten Klartext vermissen: Dem aktuellen Konflikt innerhalb der EVP - und deren Spitzenkandidat ist Weber ja - widmet keiner eine Silbe. Dabei könnte schon am 20. März der Vorstand der Europäischen Volkspartei die ungarische Regierungspartei Fidesz wegen der Anti-Brüssel-Kampagne von Regierungschef Viktor Orban ausschließen.

Barley wirbt für ein soziales und starkes Europa

Für die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Katarina Barley, ist dieses Schweigen ein Unding. Sie legt beim Aschermittwoch der SPD in Vilshofen genüsslich den Finger in die Wunde: "Wer Viktor Orban so lange so hofiert hat, wie das die CSU getan hat, ihn immer wieder auf ihre Parteitage eingeladen hat, so jemand will kein funktionierendes Europa, das auf einem solidarischen Geben und Nehmen beruht."

Auch die eurokritische AfD nutzt die kampflos überlassene Flanke. Orban sei in der EVP, die längst "linke Politik" mache, nicht mehr zu Hause, sagte der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen und betonte: "Ich würde ihm den roten Teppich ausrollen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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