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Merz über CDU/CSU: "Insolvenzgefährdeter Sanierungsfall"


CDU/CSU in der Krise
Merz über Union: "Insolvenzgefährdeter Sanierungsfall"

Von dpa-afx
Aktualisiert am 16.10.2021Lesedauer: 4 Min.
Friedrich Merz: Der Politiker äußert sich auf dem jährlich stattfindenden Treffen der Jungen Union Deutschlands über das Wahlergebnis der Union.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz: Der Politiker äußert sich auf dem jährlich stattfindenden Treffen der Jungen Union Deutschlands über das Wahlergebnis der Union. (Quelle: Bernd Thissen/dpa-bilder)
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Der CDU-Politiker mahnt seine Partei zur personellen Umstrukturierung und spricht in deutlichen Worten über die Zukunft der Union. Die Landesverbände fordern mehr Einfluss.

CDU-Politiker Friedrich Merz sieht seine Partei auf einem Tiefpunkt und mahnt eine grundlegende Neuaufstellung an. Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster am Freitagabend forderte Merz seine Partei auf, jetzt keine Personalfragen in den Vordergrund zu stellen. "Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?", sagte der Wirtschaftsexperte und frühere CDU/CSU-Fraktionschef. In seiner Rede bezeichnete er die Union nach dem desaströsen Wahlergebnis bei der Bundestagswahl als "insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall".

Die CDU habe 2021 im Vergleich zu 2013 rund ein Drittel ihrer Wähler verloren. "Es steht uns eine lange, schwierige, herausfordernde Zeit des Arbeitens und Diskutierens bevor", so der Bundestagsabgeordnete mit Blick auf den möglichen Gang in die Opposition. Für die kommenden Monate mahnte Merz "inhaltliche Diskussionen und inhaltliche Festlegungen" an. Die Union müsse eine "Agenda 2025" ausarbeiten – im Jahr 2025 steht regulär die nächste Bundestagswahl an. Es glaube "keiner im Ernst, dass es ein Automatismus ist, dass wir diese Wahl gewinnen", warnte Merz.

Zu Sondierungen: "Das hätten wir auch haben können"

Der CDU-Politiker Merz hat SPD, Grünen und FDP Anerkennung für ihr Sondierungspapier ausgesprochen, mit dem die Ampel-Parteien nun auf Koalitionsverhandlungen zusteuern. "Sie haben, wie ich finde, ein beachtliches Papier vorgelegt", sagte Merz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das ist ein Anlass zum Respekt und zur kritischen Selbstüberprüfung: Das hätten wir auch haben können." Er äußerte sich damit in einem ganz anderen Tenor als Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, der das Ampel-Papier inhaltlich deutlich kritisiert hatte.

Landesverbände wollen Basis einbinden

Viele Landesverbände der CDU dringen bei der Suche nach einer neuen Parteispitze auf eine stärkere Beteiligung der Basis. Auf welche Weise die Mitglieder einbezogen werden sollen, ist in der Partei allerdings umstritten, wie aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter einigen Landesverbänden hervorgeht. Auf das Instrument einer Mitgliederbefragung blicken einige Landesverbände skeptisch.

"Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt dagegen, dass wir uns mit Satzungsdebatten zu Personalfragen ablenken", sagte etwa Brandenburgs CDU-Landesvorsitzender Michael Stübgen. "Es ist klar, dass wir die Parteibasis bei Entscheidungen einbinden müssen", betonte der Generalsekretär der CDU Saar, Markus Uhl. Allerdings sei die Partei mit dem Delegiertenprinzip immer gut gefahren.

Der Chef der CDU Niedersachsen, Bernd Althusmann, plädierte hingegen für eine Mitgliederbefragung – "insbesondere dann, wenn es doch auf eine strittige Entscheidung zwischen mehreren Kandidaten hinausläuft". Auch der Thüringer Landesvorstand will sich auf Bundesebene für das Instrument einsetzen – am Samstag soll ein entsprechender Leitantrag auf einem Landesparteitag beschlossen werden.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat davor gewarnt, in der CDU nach der historischen Wahlniederlage nur über eine personelle Neuaufstellung zu diskutieren. "Genauso wichtig ist es, wieder stärker klarzumachen, wofür CDU und CSU stehen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die Union muss für die Menschen wieder ein unverwechselbares Profil haben. Es war ein Manko im Wahlkampf, dass unser Wahlprogramm zu wenig konturiert war. Die Schärfung des Profils ist umso wichtiger, weil ein mögliches Ampelbündnis, wie die bisherigen Verhandlungen schon zeigen, höchstens eine Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner sein wird."

Generationswechsel gefordert

Auch der Bundesvorsitzende der Unions-Nachwuchsorganisation, Tilman Kuban, zog in seiner Begrüßungsansprache ein bitteres Fazit: Die Union sei in "einer Lage, die man nicht anders als beschissen bezeichnen kann". Er beklagte den Mangel an Geschlossenheit im Wahlkampf: "Wir haben bei den Wahlen ein Erdbeben erlebt, weil wir uns in den letzten Wochen benommen haben wie ein Hühnerhaufen."

Kuban forderte einen Generationenwechsel in der Union. Er verwies auf das Beispiel von SPD und Grünen, die nach der Wahl besonders viele Abgeordnete aus der jungen Generation in den Bundestag schicken. Bei diesen beiden Parteien gebe es "eine Erfrischungskur in der Fraktion", während die Lage bei der Union eher einem "Krankenbett" gleiche.

Der 65-jährige Merz, der sich bereits zwei Mal erfolglos um den CDU-Vorsitz bemüht hatte, zeigte Verständnis für die Rufe nach einem Generationenwechsel – rief aber dazu auf, auch die Erfahrung der Älteren wertzuschätzen: "Junge Besen kehren gut – aber die alte Bürste kennt die Ecken." Merz äußerte sich in Münster nicht dazu, ob er weiter Ambitionen auf den CDU-Vorsitz hegt, forderte aber, die Entscheidung über die Parteispitze noch in diesem Jahr zu treffen. Für eine Mitgliederbefragung habe er "viel Sympathie", sagte Merz. Eine entsprechende Forderung will der JU-Bundesvorstand zur Abstimmung stellen, kündigte Kuban schon vor Beginn des Treffens an.

Kritik an Laschet und Söder

NRW-Landeschef Johannes Winkel übte derweil scharfe Kritik an den Unionsvorsitzenden Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU). "Wer im Wahlkampf auftritt wie Armin Laschet, der sollte nach der Wahl nicht direkt den Anspruch erheben, Kanzler zu werden, sondern vor allen Dingen Verantwortung für das Ergebnis übernehmen", sagte Winkel unter dem Beifall der Delegierten. "Und wer im Wahlkampf so nachtritt wie Markus Söder, der sollte nach der Wahl nicht über Stilfragen reden, sondern zur Beichte gehen."

Der Deutschlandtag ist das höchste Gremium der Jungen Union Deutschlands. Zu dem jährlich stattfindenden Treffen kamen 318 Delegierte aus allen 18 Landes- und den Auslandsverbänden nach Münster.

Mit Spannung wird der Aufritt von CDU-Chef Armin Laschet am Samstagvormittag erwartet. Zunächst hatte auch CSU-Chef Markus Söder einen Auftritt angekündigt – er sagte sein Kommen aber kurzfristig ab, weil er an einer CSU-Basisveranstaltung in Bayern teilnehmen will. JU-Chef Kuban kritisierte die Absage als "enttäuschend".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-AFX
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