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Bundestagswahl 2021: So lief die letzte TV-Debatte der Spitzenkandidaten


Debatte der Spitzenkandidaten
"Frau Baerbock, dazwischenreden macht es auch nicht richtiger"

Von dpa, reuters, cck

Aktualisiert am 24.09.2021Lesedauer: 5 Min.
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TV-Debatte: Zum Abschluss des Wahlkampfs haben sich die Spitzenkandidaten noch einmal eine kontroverse Diskussion geliefert. (Quelle: reuters)
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Nur drei Tage vor der Wahl trafen die sieben Spitzenkandidaten der Bundestagsparteien

Noch sind es drei Tage, bevor in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt wird. Zum Abschluss sind am Donnerstagabend noch einmal die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller sieben im Bundestag vertretenen Parteien zu einer TV-Debatte in ARD und ZDF aufeinandergetroffen. Neben den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) sind das Christian Lindner (FDP), Janine Wissler (Linke), Markus Söder (CSU) und Alice Weidel (AfD). Söder kandidiert zwar nicht für den Bundestag, vertrat aber den Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt.

Die Umfragen prognostizierten zuletzt ein enges Rennen. In einer aktuellen YouGov-Umfrage lag die SPD mit 25 Prozent vier Prozentpunkte vor der Union, die Grünen auf dem dritten Platz (14 Prozent) knapp vor AfD (zwölf Prozent) und FDP (elf Prozent). Moderiert wurde das Gespräch von Tina Hassel und Theo Koll. Wer konnte in der Debatte überzeugen?

Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Moderatorin Tina Hassel spricht als Erstes die Schreckenstat in Idar-Oberstein an – ein Maskenverweigerer tötete dort mutmaßlich einen Kassierer einer Tankstelle. Wurde die Szene der Corona-Leugner zu lange unterschätzt, will Hassel von Laschet wissen. "Die Radikalisierung beginnt im Netz", sagte Laschet. Hassel hakte nach: Die CDU habe das Wehrhafte-Demokratie-Gesetz verhindert. Eine solche Tat wäre nicht von einem Gesetz verhindert worden, sagte Laschet. "Wir dürfen es nicht dulden." Täter müsse man mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgen.

Scholz bedauerte hingegen, dass das Gesetz nicht umgesetzt wurde. "Das sollten wir in der nächsten Legislaturperiode gleich wieder versuchen". Wissler betonte, dass der Verfassungsschutz anders strukturiert werden müsste. Sie kritisierte vor allem das V-Männer-System. Baerbock forderte, dass Hasskommentare im Netz und vor allem in Messengergruppen schnell und konsequent gelöscht werden müssen. Sie sprach sich außerdem für ein schärferes Waffengesetz aus. Moderator Theo Koll fragte Weidel, ob es nach dieser Tat nicht höchste Zeit wäre, sich von der sogenannten Querdenker-Bewegung zu distanzieren. Sie halte nichts davon, eine Protestbewegung zu stigmatisieren, sagte Weidel.

Söder wehrte sich gegen Weidels Vorwurf, die Corona-Maßnahmen seien grundgesetzwidrig. Bei den "Querdenkern" werde nicht mehr gedacht, sagte Söder. Dort verquickten sich Kritik an den Maßnahmen mit Antisemitismus und Rassismus. Zweifler müsse man mitnehmen, aber es brauche ein klares Stopp-Schild für diejenigen, die sich gegen die Demokratie stellen. Die AfD "stimuliere" diese Gruppen, die Linke wolle den Verfassungsschutz schwächen, sagte Söder.

Hassel sprach Lindner auf dessen Partei-Kollegen Wolfgang Kubicki an. Kubicki hatte in einem Interview gesagt, dass er Corona-Regeln missachtet habe. Lindner sagte, die Position der FDP sei, dass Regeln beachtet werden müssen. Alles andere müsse Kubicki direkt gefragt werden.

In einem weiteren Themenblock ging es um die Wohnungsnot in Städten. Angesprochen auf den Wegfall Zehntausender Sozialwohnungen jedes Jahr, antwortete Laschet: Bis 2025 müssen ihm zufolge 1,5 Millionen Wohnungen neu gebaut werden, darunter auch viele Sozialwohnungen. Zudem müsse sichergestellt werden, dass nicht jeder in die Stadt zieht. Baerbock betonte, dass die Löcher in der Mietpreisbremse geschlossen werden müssen; Mieten dürften nicht unbegrenzt erhöht werden. Mit Wohnungseigentümern müsste verhandelt werden, dass Mieten nicht um mehr als 2,5 Prozent erhöht werden. Enteignungen als ein letztes Mittel will Baerbock nicht ausschließen. Wissler unterstützte das: Bei Autobahnen werde auch enteignet. Nur Bauen sei auch nicht die Lösung, schließlich werde bereits viel Wohnraum gebaut, der aber unbezahlbar sei, sagte Wissler. Scholz sprach sich gegen Enteignungen aus, nun müsse vor allem gebaut werden. Er befürwortete ein Mietmoratorium, das den Anstieg der Mieten begrenzt. Laschet sprach sich dagegen aus, dass der Wohnungsmarkt stark reguliert wird. Er kritisierte Scholz für den in Berlin von der rot-rot-grünen Regierung beschlossenen Mietendeckel, der vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde.

Beim Thema Schuldenbremse sprach sich Baerbock dafür aus, die Regel mit einer Investitionsklausel zu erweitern. Lindner hielt dagegen: Deutschland sei bereits stark verschuldet. Dennoch müsse man Investitionen anschieben, allerdings ohne die Schuldenbremse aufzuweichen. Stattdessen müsse der Staat seine Ausgaben überprüfen: Ein E-Auto werde mit bis zu 20.000 Euro subventioniert, während sich der Staat eine Schülerin pro Jahr nur 8.000 Euro kosten lasse, kritisierte Lindner. Laschet und Söder lehnten eine Aufweichung der Schuldenbremse ab. "Ich will keine Steuererhöhung, ich will die Schuldenbremse einhalten", sagte Laschet. Söder warnte vor einer Schuldenunion in Europa.

Weiter ging es mit Außenpolitik. Olaf Scholz betonte, es müsse dafür gesorgt werden, dass ein souveränes Europa entstehe. Es brauche eine "starke Europäische Union, weil wir sonst keine Rolle spielen." Auch Laschet sprach sich für ein souveränes, stärkeres Deutschland aus. Es brauche etwa gemeinsame Rüstungsprojekte. Baerbock wurde nach ihrer außenpolitischen Position zu China befragt. Es brauche eine härtere Linie gegenüber China, sagte Baerbock. Dafür müsse Europa mehr mit einer Stimme sprechen.

Lindner kritisierte wie Baerbock das Investitionsabkommen mit China. Neben der wirtschaftlichen Interessen spielten auch Werte eine wichtige Rolle, so Lindner. Söder wies mit Blick auf Baerbock den Eindruck zurück, Deutschland habe eine schlechte Außenpolitik geführt. Im Gegenteil: Kanzlerin Merkel habe das Land sicher durch die Krisen geführt. Baerbock rief dazwischen, das Resultat habe man ja in Afghanistan gesehen. "Frau Baerbock, dazwischenreden macht es auch nicht richtiger", sagt Söder. Er warnte vor einer "kompletten Belehrungsdogmatik" gegenüber China, es gebe auch deutsche Wirtschaftsinteressen – und warf den Grünen einen naiven Weltblick vor. Weidel sprach sich gegen eine harte Kante gegen China aus.

Ein weiteres Thema ist der Klimaschutz. Lindner wurde gefragt, ob er persönlich verzichtet. Lindner antwortete, er lebe klimaneutral. Einmal im Jahr gleiche er seine CO2-Bilanz über den Kauf von Emissionszertifikaten aus. Söder sagte, er habe seinen Fleischkonsum reduziert und sei für diese Runde mit dem Zug nach Berlin gekommen. Ohne zu sagen, dass er zuvor ab und an mal mit dem Privatjet kam. Auch Laschet sagte, er wolle weniger Fleisch essen. Baerbock sagte, sie verzichte im Wahlkampf auf das Fliegen und fahre deswegen mit dem Bus. "Mit dem Bus", tönt es daraufhin aus der Ecke von Söder und Laschet. Mit Blick auf die Klimaschutzpolitik betonte Lindner, dass es wichtig sei, globale Lösungen zu finden. Baerbock mahnte, es drohe eine Generationenchance verloren zu gehen, wenn Deutschland jetzt nicht klimaneutral werde. Weidel vertrat die Meinung, dass es Klimawandel schon immer gegeben habe – die Politik der anderen Parteien gefährde die Industrie.

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Zum Schluss der Debatte ging es um Koalitionen. Söder sagte, es sei das Ziel, dass Laschet Kanzler werde und warnt vor einem Linksbündnis. Auch Laschet betonte, er wolle regieren. Wissler forderte SPD und Grüne dazu auf, – wenn rechnerisch möglich – ein linkes Bündnis anzustreben. Nur so könne ein echter Politikwechsel geschaffen werden. Baerbock sagte, sie spreche mit allen demokratischen Parteien und sprach sich für eine Klimaregierung aus. Bei dieser stünden die Grünen an der Spitze. Wer sonst noch Teil sein könnte, darauf ging Baerbock nicht weiter ein. "Die inhaltlichen Schnittstellen sind bei Jamaika am größten"; sagte Lindner. Die FDP werde nur in eine Koalition der Mitte eintreten. Scholz will eine starke SPD. Ihm sei eine stabile Finanz- und Außenpolitik wichtig, sagte er.

Der 90-minütigen Runde, die von Tina Hassel (ARD) und Theo Koll (ZDF) moderiert wird, waren zahlreiche weitere TV-Debatten in unterschiedlichen Formaten vorausgegangen, darunter erstmals drei "Trielle" von Scholz, Laschet und Baerbock.

Verwendete Quellen
  • "Die Schlussrunde" bei ARD und ZDF
  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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