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55 Tage bis zur Bundestagswahl: Baerbock und Laschet – wie geht's weiter?


Meinung
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55 Pandemietage bis zur Wahl
Zwei Kandidaten für Kleinkleckerland

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

02.08.2021Lesedauer: 3 Min.
Annalena Baerbock und Armin Laschet: Statt in den Wahlkampfmodus zu schalten, halten sich die bei beiden Anwärter auf das Kanzleramt auf Nebenschauplätzen auf.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock und Armin Laschet: Statt in den Wahlkampfmodus zu schalten, halten sich die bei beiden Anwärter auf das Kanzleramt auf Nebenschauplätzen auf. (Quelle: imago images/ t-online-Fotomontage/imago-images-bilder)

Urlauber müssen wieder Tests vorweisen, die vierte Welle rollt. Aber was bedeutet das? Und finden Annalena Baerbock und Armin Laschet im Rennen ums Kanzleramt irgendwann zurück in die Spur?

Die eine Hälfte Deutschlands, der Norden, war weg und kehrt nun heim. Was findet er vor? Ein gepeinigtes Land, das Sintflut und Tod erlitt. Auch ein unlustiges Land, das am zukünftigen Kanzler mit seiner Gabe zum Verheddern keinen Spaß hat. Die andere Hälfte, der Süden, macht sich jetzt auf und kommt dann wieder, wenn die Pandemie wahrscheinlich wieder in Blüte steht.

Die vierte Welle also. Ist halt so. Ist wohl unvermeidlich. Ist vielleicht auch weniger schlimm oder gar tödlich als Welle zwei oder drei. Wäre vermutlich weniger bedrohlich, wäre das Impfen nicht ins Stocken geraten. Die Frage ist jetzt, was das bedeutet und was sich ändern lässt.

Lieber werben statt verpflichten

Einige Konsequenzen sind ja schon ausgeschlossen worden. Eine Impfpflicht traut sich niemand zu fordern, wäre vielleicht auch rechtlich anfechtbar. Nur mit den Schultern zu zucken, ist aber auch keine Lösung. Besser hört es sich an, fürs Impfen zu werben, indem jeder, der will, einfach ins Impfzentrum spazieren kann, ohne Termin. Und wenn die Menschen nicht ins Zentrum kommen, kann ja das Zentrum zum Menschen kommen: Vielleicht raffen sich dann Menschen, die zu scheu oder zu träge für längere Wege sind, zum Impfen im eigenen Kiez auf, weil sie ja eigentlich nicht grundsätzlich dagegen sind.

Die anderen erreichen weder Werbung noch Bedrohung. "Querdenker" waren gestern und vorgestern in Berlin unterwegs. Im Konvoi fuhren etwa 100 Autos durch die Stadt. Aus dem Lautsprecher erklangen lockere Sätze vom faschistischen Staat und von den medial verheimlichten Toten durch Impfung. Ehrlich jetzt? Man hört zu, wundert sich und die kalte Wut steigt auf.

Wahl ohne Kampf

Den Wahlkampf hat die vierte Welle noch nicht erreicht. Dass nunmehr wieder Testpflicht für diejenigen Urlauber herrscht, die weder Corona hatten noch doppelt geimpft sind, ist offenbar ohne Streitpotenzial. Momentan findet ohnehin nichts statt, was den Namen Wahlkampf verdient hätte. Aber über ihn wird vorrangig geredet. Und da ging wiederum Markus Söder zuerst im "Spiegel" und dann im ZDF voran. Er sagte, wie er ist, der Wahlkampf, und wie er sein müsste. Klare Kante, Angriff, basta – eben södermäßig.

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Wie immer hat er einerseits recht. Und andererseits muss er uns unbedingt beweisen, wie gut er ist – sicher das Urteil, blendend die Rhetorik, die eigentlich nur der mittelfränkische Singsang trübt. Günstig auch der Kontrast, versteht sich, zu Armin Laschet, der am Sonntag zuvor im ZDF einen kraftlosen Auftritt hingelegt hatte und sich kurz davor auch noch bezichtigte, in seinem Buch, geschrieben vor 12 Jahren, eine Quelle ungenügend benannt zu haben.

Ach jemine, so weit sind wir schon. Die eine, Annalena Baerbock, ist wirklich beim Abkupfern erwischt worden und entschuldigt sich im "Tagesspiegel" erneut hingebungsvoll. Und der andere, Laschet, bekommt das große Muffensausen, dass ihn der Plagiatsjäger entlarven könnte, was der aber in richtiger Einschätzung der Sache gar nicht will.

Noch 55 Pandemietage bis zur Wahl

Nur mal so zur Erinnerung: Es handelt sich um Deutschland, das die beiden regieren wollen, nicht um Kleinkleckerland.

Wie geht's weiter? Grasen wir das Terrain ab.

  1. Die Unzufriedenheit mit dem Kandidaten Laschet wird bleiben. Hat er Glück, geht sie in Apathie über, denn dass er Kanzler wird, scheint unvermeidlich zu sein. Weiß auch Söder.
  2. Annalena Baerbock hat das stolze Reden eingestellt, dass sie Kanzlerin werden möchte. Vorerst. Denn der unausgesprochene Verzicht auf den Hochsitz hilft ihr nicht weiter, weil sie Gefangene ihres Anspruchs ist. Die Konkurrenz würde ihr sofort vorhalten: Siehst du, du traust dich nicht, unerfahren wie du bist. Also muss sie ihr Lied wieder singen: Ich will es und ich kann es.
  3. Die Kluft zwischen Geimpften und mutwillig Ungeimpften wird rechtzeitig vor der Wahl zunehmen. In Klubs oder Fußballstadien, in Kinos oder Restaurants werden sie die Geimpften vorziehen, was denn sonst. Selbst Getestete dürften dann als unsichere Gesellen gelten, weil sie morgen Corona haben können, auch wenn sie heute negativ sind. Und warum sollte jemand dieses Risiko eingehen und sie reinlassen?
  4. Die Pandemie bleibt ein großes Wahlkampfthema. Die Qualität des zukünftigen Personals auch. Steuern rauf oder runter – bietet sich als Reizthema immer an. Sanfter oder radikaler Wandel beim Klimawandel, das ist die Frage, an der sich entscheidet, wie die Stimmung im Lande ist – und wer regieren darf.

Nichts ist schon gebacken. Überraschungen sind jederzeit möglich. 55 Pandemietage sind es noch bis zur Wahl, eine Ewigkeit.

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