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AfD feiert Wahlergebnis: Geht da noch mehr?


AfD feiert Wahlergebnis
Weidel: "Wir werden sie tatsächlich jagen"


Aktualisiert am 23.02.2025 - 21:24 UhrLesedauer: 4 Min.
Alice Weidel und Björn Höcke: Sie feierten bei der Wahlparty in der ersten Reihe.Vergrößern des Bildes
Alice Weidel und Björn Höcke: Sie feierten bei der Wahlparty in der ersten Reihe. (Quelle: Sören Stache/dpa)
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Die AfD feiert ihren Wahlerfolg vorerst zurückhaltend. Ein noch besseres Ergebnis hatten sich viele erhofft. Doch die Partei hat ein zentrales Ziel erreicht, das sie seit ihrer Gründung verfolgt.

Um Punkt 18 Uhr bricht Jubel in der AfD-Zentrale aus: Alice Weidel strahlt, Björn Höcke klatscht gleich neben ihr in die Hände, viele Funktionäre schwenken Deutschlandfahnen. Schnell aber herrscht wieder gespannte Stille. Hören wollen sie, was die Moderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender, die gerade die ersten Hochrechnungen präsentieren, zu sagen haben.

Schon jetzt nämlich steht eine große Frage im Raum, mit Blick auf die nächsten Stunden, größer aber noch mit Blick auf die Zukunft der AfD insgesamt: Geht da noch mehr?

Größter Zuwachs, zweitstärkste Kraft

Um die 20 Prozent hat die AfD in den ersten Hochrechnungen geholt. Für die AfD ist das ein enormer Erfolg: Fast verdoppelt hat sie sich im Vergleich zu 2021, sie verbucht mit Abstand den größten Zuwachs von allen Parteien und ist jetzt zweitstärkste Kraft.

Aber fast alle hier hatten sich noch mehr erwartet. Vielleicht 22, 23 oder sogar 25 Prozent. Letzteres wäre genug, um im Alleingang Untersuchungsausschüsse im Bundestag ins Leben zu rufen, von denen der AfD viele vorschweben. Nichts schien undenkbar nach diesem Wahlkampf, in dem der AfD so vieles in die Karten spielte und nicht nur die Partei, sondern auch verbündete Rechte aus dem Ausland geeint an einem Strang zogen wie noch nie zuvor.

Anschläge und Amokfahrten von Asylbewerbern mit hoher Opferzahl häuften sich – und die AfD-Funktionäre nutzten sie bei Wahlkampfauftritten an den Tatorten ebenso wie in den sozialen Medien unmittelbar für scharfe Kritik an den anderen Parteien. Aus dem Ausland warben FPÖ-Chef Herbert Kickl oder der ungarische Regierungschef Viktor Orbán für die AfD. Und vor allen anderen: Elon Musk, mächtiger Berater von US-Präsident Donald Trump und Besitzer der Plattform X.

Weidel feiert: "Als Volkspartei fest verankert"

"Ein historisches Ergebnis", feiert AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel den Wahlausgang in einer kurzen Rede auf der Bühne. Die AfD habe "nie besser" abgeschnitten, jetzt sei sie als "Volkspartei fest verankert". Und sie sendet das Signal an die Union, das sie seit Wochen sendet: "Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung, den Willen des Volkes umzusetzen." Ihr Co-Chef Tino Chrupalla ruft kurz danach: "Wir sind jetzt die Mitte."

Video | Weidel: "Wir sind bereit für eine Regierungsbeteiligung"
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Quelle: t-online

Verhaltener klingen die Funktionäre im Publikum. Sie schielen auf die Balken auf den Monitoren, warten auf die nächsten Zahlen. "Für die Optik des Wahlergebnisses wäre es sehr dienlich, wenn wir über 20, die Union unter 30 bliebe – als Sinnbild für die enorme Werteverschiebung im Parteienspektrum", sagt AfD-Urgestein Albrecht Glaser t-online.

Vor seinem Eintritt in die AfD war Glaser Mitglied der CDU – 42 Jahre lang. In der Merkel-Ära wendete sich der heute 83-Jährige, wie so viele in der AfD, enttäuscht von den Christdemokraten ab.

Der Höcke-Kurs zieht auch jetzt auch im Westen

Diese "Werteverschiebung" – sie ist der große Erfolg der AfD. Im Wahlkampf nämlich hat die Partei oftmals die Maske fallen lassen, so deutlich wie selten zuvor auf Bundesebene: "Abschiebetickets" im Stil der Neonazi-Parteien NPD und III. Weg verschickten sie an Haushalte in Deutschland. Weidel verbreitete Hitler-Lügen und Geschichtsklitterung, adelte den rechtsextremen Begriff "Remigration" in ihren Auftritten, immer wieder lobte sie auch den extremsten AfD-Promi Björn Höcke – sogar für ministertauglich halte sie den Thüringer AfD-Chef, verkündete sie.

Nichts davon brachte die hohen Zustimmungswerte für die AfD zum Wanken. Im Osten ist die Partei das schon gewohnt, dort erzielt sie Traumwerte, egal, was sie tut. "Einen Besenstiel" könne man da aufstellen, scherzen sie – er werde trotzdem gewählt. Nun aber scheint der Westen nachzuziehen. Noch nicht mit derselben Euphorie. Doch ein wesentliches Ziel der Partei seit ihrer Gründung ist geschafft: endlich ist sie auch im Westen weitgehend normalisiert.

Am Sonntagabend steht Höcke denn auch auf der Bundestagswahl-Party in dem ihm sonst eher verhassten Berlin und versucht zur besten Sendezeit den Schulterschluss mit Weidel. Allein: Kurz vor Verkündung der ersten Hochrechnungen gerät doch noch die Berliner AfD-Chefin Christin Brinker zwischen die beiden, da mag sich Höcke noch so sehr strecken.

Das Signal aber bleibt: der radikale Höcke-Kurs – auf diesem ist die AfD auch radikal erfolgreich.

Weidel bald alleinige Parteichefin?

Weidel ist die Fassade für diesen Kurs, die sich bewährt hat. TV-Auftritt um TV-Auftritt hat sie in der heißen Phase des Wahlkampfs abgerissen. So freundlich wie möglich ist sie in Interviews geblieben, so aufgeschlossen und bürgernah dem Publikum gegenüber. Die Parteichefin, der sonst in der AfD nicht sonderlich viel Fleiß nachgesagt wird, hat sich ins Zeug gelegt.

Unangefochten thront sie nun an der Spitze der Partei. Tino Chrupalla, Weidels Co-Chef in Partei und Fraktion, ist immer stärker zum Beiwerk geworden. Am Dienstag schon werden sie ihre neue Fraktion konstituieren, dort wird es aller Voraussicht nach noch bei der bisher bewährten Doppelspitze bleiben.

Schon nächstes Jahr aber geht es wieder um den sehr viel prestigeträchtigeren Parteivorsitz – und schon jetzt hört man aus der Partei: Die Einerspitze, die von vielen in der Partei sehnlich gewünscht wird, sei jetzt erstmals vorstellbar. Und Weidel die einzige Kandidatin dafür.

"Wir werden sie tatsächlich jagen"

Zuerst aber werden sie sich im Bundestag weiter beweisen müssen. Doppelt so stark wird die AfD-Fraktion dort nun sein. Eine Macht, mit der man rechnen muss. Und vor allem für CDU und CSU in vielen Fragen eine Macht, an der sie kaum vorbeikommt, will sie wirklich weg von linker Politik.

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Weidel jedenfalls setzt bereits am Sonntagabend den Ton: Wenn die Union nach diesem Ergebnis mit "linken Kräften" koaliere, begehe sie "Wahlbetrug", ruft sie zuerst von der Bühne. Und prophezeit: Dann werde es rasch Neuwahlen geben und die AfD die Union überholen.

In die Kameras sagt sie später in Anlehnung an ein berühmtes Zitat ihres Vorgängers Alexander Gauland: "Wir werden sie tatsächlich jagen."

2017 hatte er das nach dem erstmaligen Einzug der AfD in den Bundestag mit Blick auf die Merkel-Regierung gesagt. Damals löste das noch Empörung aus.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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