Kehrtwende bei Exportpolitik Deshalb sagt Baerbock Ja zu Kampfjets in Krisenregion
Deutschland stimmt einem Export von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien zu. Das Land trage zur Sicherheit in der Region bei, sagt Außenministerin Baerbock.
Saudi-Arabien wird weitere Eurofighter-Jets bekommen, die zum Teil in Deutschland gebaut werden. Damit vollzieht die Bundesregierung eine Kehrtwende in seiner Exportpolitik. Großbritannien, dass die Jets in Zusammenarbeit mit Deutschland herstellt, habe eine entsprechende Anfrage gestellt. Dem wird sich die Bundesregierung nicht weiter "entgegenstellen", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag bei einem Besuch in Jerusalem. Zur Begründung verwies sie auf die konstruktive Rolle Saudi-Arabiens in der aktuellen Nahost-Krise und die Annäherung des Landes an Israel.
Baerbock betonte die Rolle von Saudi-Arabien bei der Abwehr von Raketen, die jüngst von Huthi-Milizen abgeschossen wurden. "Dass die saudische Luftwaffe dabei auch Eurofighter einsetzt, ist ein offenes Geheimnis", sagte die Ministerin. Das Land hatte 2008 die ersten Eurofighter Typhoon Modelle vorgeführt. Der Hersteller BAE hatte 2011 bereits 24 Jets an den Golfstaat geliefert. Das "European Center for Constitutional and Human Rights" gab im Juni 2020 die Einschätzung ab, dass Eurofighter im Jemen-Krieg eingesetzt würden.
Das aktuelle Verhalten Saudi-Arabiens zeige "ein Bemühen um eine bessere Zukunft in der Region: Damit trägt Saudi-Arabien maßgeblich auch in diesen Tagen zur Sicherheit Israels bei, und es trägt dazu bei, die Gefahr eines regionalen Flächenbrands einzudämmen." Dafür sei Deutschland "dankbar", sagte die Ministerin.
Baerbock fügte hinzu: "Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern entgegenstellen."
Koalitionsvertrag sieht eigentlich Verbot vor
Großbritannien will schon seit längerem Eurofighter-Jets an Saudi-Arabien liefern, braucht dafür aber die Zustimmung der Bundesregierung, weil der Eurofighter in gemeinsamer Produktion gebaut wird.
Die Bundesregierung hatte diese Zustimmung bislang nicht erteilt – auch weil die Ampel-Parteien insbesondere auf Betreiben von Baerbocks Grünen in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, "keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten" zu erteilen, "solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind". Eine ähnliche Formulierung hatte es bereits im Koalitionsvertrag der Großen Koalition gegeben.
Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel
Saudi-Arabien war einer der Hauptakteure in diesem Krieg. Inzwischen bemüht es sich aber um eine politische Lösung des Konflikts. Zudem gab es in den vergangenen Monaten eine Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien, die letztlich in die Aufnahme diplomatischer Beziehungen münden könnte.
Baerbock nannte es in Jerusalem "bemerkenswert", dass die beiden Länder ihren Kurs der Annäherung auch nach dem brutalen Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober nicht aufgegeben hätte.
In der Ampel-Koalition hatte sich das Kanzleramt und auch die FDP offen dafür gezeigt, die Ausfuhr von in Großbritannien gebauten Eurofightern nach Saudi-Arabien zu genehmigen. Die Grünen und Teile der SPD hatten dies aber vehement abgelehnt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Juli am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius gesagt, eine Entscheidung zur Lieferung von Eurofightern in das Königreich stehe "absehbar nicht an". Aus Regierungskreisen verlautete damals ergänzend, dass diese Festlegung für den Rest der Legislaturperiode bis 2025 gelte.
Der Eurofighter ist ein Mehrzweckkampfflugzeug, dass sowohl im Angriff als auch zur Verteidigung eingesetzt werden kann. Die Luftwaffe der Bundeswehr verfügt nach eigenen angaben über 138 Flugzeuge.
- Nachrichtenagentur afp
- ecchr.eu: "German bombs and fighter jets for the war in Yemen: What’s next after the International Criminal Court received a joint Communication?" (englisch)