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USA | Trump besucht Biden: Zukunft der Ukraine


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Trumps Rückkehr ins Oval Office
Schicksalsstunde für die Ukraine


Aktualisiert am 13.11.2024Lesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Die Wahl des Republikaners zum künftigen US-Präsidenten wird zur Belastungsprobe zwischen Deutschland und den USA.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der künftige US-Präsident besucht Joe Biden im Weißen Haus. (Quelle: Steven Senne/ap)

Während Trump seine Rückkehr ins Weiße Haus vorbereitet, lädt Joe Biden ihn bereits ins Oval Office ein. Die versöhnliche Geste könnte zu einer Schicksalsstunde für die Zukunft der Ukraine und die Sicherheit Europas werden.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Es war Ende September, Donald Trump war noch Präsidentschaftskandidat der Republikaner und empfing den ukrainischen Präsidenten in seinem New Yorker Wolkenkratzer. Wolodymyr Selenskyj stand neben ihm und betonte, dass ihm schon sehr daran gelegen sei, dass Trumps Verhältnis zu ihm besser als das zu Putin sei. Trump lachte und sagte nur: "But it takes two to tango". Zum Tangotanzen brauche es aber zwei.

Rund anderthalb Monate später ist geschehen, worauf wohl weder der ukrainische Präsident noch die europäischen Verbündeten gehofft hatten. Donald Trump wird nach dem Willen einer Mehrheit der amerikanischen Wähler wieder ins Weiße Haus einziehen und damit auch über das Schicksal der Ukraine mitentscheiden. Trumps Versprechen, den Krieg binnen "24 Stunden" nach seinem Amtsantritt zu beenden, wiegt schwer. Weshalb er schon im Wahlkampf ankündigte, darüber gemeinsam mit dem amtierenden Präsidenten Joe Biden in Austausch zu treten.

An diesem Mittwoch ist es tatsächlich so weit: Joe Biden hat seinen Vorgänger und designierten Nachfolger zu einem Treffen im Büro des Präsidenten, im Oval Office, eingeladen. Und die Ukraine, Deutschland, Europa und Regierungen auf der ganzen Welt werden diese historische Begegnung im Weißen Haus verfolgen.

Hauptanliegen von Joe Biden wird es zwar sein, der amerikanischen Öffentlichkeit die Normalität des Machtübergangs zu signalisieren. Aber es wird auch das Gespräch zweier Männer sein, die beide viel mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verbinden: Der eine sein Vermächtnis. Der andere das Versprechen, den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können. Darum ist dieser Mittwoch im Oval Office auch richtungsweisend für die Friedensordnung in Europa.

Was wird nun aus der Ukraine?

Auf der einen Seite steht Joe Biden, der sich dafür rühmt, sich mit einer riesigen Koalition aus Verbündeten Wladimir Putin entgegengestellt und die Nato erweitert zu haben. Auf der anderen Seite Donald Trump. Der frühere und künftige Präsident behauptet, mit ihm im Amt hätte es diesen Krieg nie gegeben. Er hält von der Nato wenig und wäre womöglich dazu bereit, einen Kompromiss mit der Nuklearmacht Russland einzugehen – vermutlich auf Kosten von ukrainischem Staatsgebiet.

Joe Biden hat die Souveränität der Ukraine konsequent unterstützt und umfangreiche militärische und wirtschaftliche Hilfe für den Kampf gegen den russischen Aggressor bereitgestellt. Donald Trump, aber vor allem viele isolationistisch gesinnte Republikaner, haben immer wieder einen radikal anderen Ansatz propagiert. Im Fokus der allermeisten Forderungen: Es soll am besten kein einziger Dollar amerikanischer Steuerzahler mehr in die Ukraine fließen.

Bislang aber blieb Trump für seine Behauptung, er werde diesen Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, jegliche Details schuldig, wie er das anstellen will. Damit ließ er sowohl die Verbündeten als auch Russlands Präsidenten Putin im Unklaren über seine wahren Absichten und die Folgen für die Ukraine und Europa.

Das Wie wird zur entscheidenden Ukraine-Frage

Insbesondere für Deutschland, hinter den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine, steht mit Trumps bevorstehender Präsidentschaft viel auf dem Spiel. Denn ob Trump das bisherige Engagement der Bundesregierung überhaupt zu schätzen weiß, geschweige denn daraus auch eine weitergehende militärische und finanzielle Hauptverantwortung für die USA ableitet, ist ungewiss.

Inzwischen haben Bundeskanzler Olaf Scholz und Donald Trump laut Bundesregierung einmal telefoniert. In diesem ersten Gespräch seit Trumps Wiederwahl soll es auch um die geopolitischen Herausforderungen gegangen sein. Man sei sich darüber einig gewesen, "gemeinsam auf eine Rückkehr des Friedens in Europa hinzuarbeiten." Es herrschte also Einigkeit darüber, dass der Krieg enden soll. Das könnte es aber auch schon gewesen sein.

Denn die entscheidende Frage, die nun auch auf dem von Joe Biden eilig anberaumten Treffen im Weißen Haus lastet, lautet: wie?

Mit dem 45. und demnächst 47. US-Präsidenten kommt eine Führungspersönlichkeit erneut an die Macht, die öffentlich bereits mehrfach ihre Bewunderung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Ausdruck gebracht hat.

Erst vage Hinweise zu Trumps Strategie

Direkt nach dem Überfall der Russen am 24. Februar 2022 sagte Trump vor seinen Anhängern im vollen Saal eines schicken Hotels in Orlando: "Das Problem ist doch nicht, dass Putin schlau ist, natürlich ist er schlau." Die Nato-Nationen hingegen seien "nicht so klug". Das wirkliche Problem sei, "dass unsere Anführer dumm sind", so Trump damals vor zweieinhalb Jahren über eine Invasion, "die Tausende Meilen entfernt ist". (t-online berichtete damals von vor Ort).

So vage Donald Trump bislang blieb, so vielfältig waren bislang immer seine Andeutungen zur Lösung des Krieges. Etwa, dass er die Sanktionen gegen Russland aufheben und stattdessen ein kreditbasiertes Hilfssystem für die Ukraine einführen könnte. Sprich, die Ukraine würde einen riesigen Schuldenberg anhäufen. Die Sorge in Kiew und bei den Verbündeten ist groß, dass Trump ab sofort die Ukraine unter Druck setzen könnte, bereits besetzte Gebiete abzutreten.

Laut einem Bericht der "Washington Post" soll Trump zwar bereits jetzt mit Putin telefoniert und ihn gewarnt haben, seine Angriffe noch zu intensivieren. Der Kreml dementierte ein solches Gespräch aber umgehend. Und den russischen Präsidenten scheint eine solche Warnung ohnehin nicht zu interessieren. Die täglichen Angriffswellen gegen die Ukraine gehen unvermindert weiter. Zehntausende Truppen, mitsamt nordkoreanischen Verbänden, sollen in Stellung gebracht worden sein.

Erste Hinweise darauf, dass eine Lösung des Ukraine-Kriegs für Trump eine hohe Priorität genießt, lassen sich aus seinen jüngsten Personalentscheidungen ablesen. So soll der bisherige Senator von Florida, Marco Rubio, neuer Außenminister werden. Zum wichtigen Nationalen Sicherheitsberater macht er wohl den langjährigen Kongressabgeordneten und Ex-Offizier Mike Waltz. (Welche Positionen Waltz in Bezug auf Putin vertritt, können Sie hier lesen). Trump könnte also eine Doppelstrategie verfolgen: einerseits massive Drohgebärden gegenüber Putin zeigen, andererseits Selenskyj zu empfindlichen Zugeständnissen zwingen.

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Die Sorge vor einem folgenschweren Szenario

Dabei könnte es sich um Gebietsabtretungen handeln – ein solcher Schritt würde die ukrainische Souveränität untergraben und das geopolitische Gleichgewicht in Osteuropa verschieben, wo Nationen wie Polen und die baltischen Staaten Russland als existenzielle Bedrohung ansehen. Putins Beispiel könnte Schule machen: Landnahme per Gewalt würde sich am Ende wieder lohnen. Mit Trumps neuer Präsidentschaft stehen Europa und insbesondere Deutschland darum an einem Scheideweg. Und es ist vollkommen unklar, was Joe Biden mit seinem Treffen im Oval Office bei Donald Trump überhaupt erreichen kann.

Denn nicht nur der kommende Präsident sieht das US-Engagement in der Ukraine kritisch. Auch Trumps künftiger Vizepräsident J. D. Vance hat sich mehrfach offen gegen eine Unterstützung der Ukraine ausgesprochen und im Wahlkampf gefordert, jegliche US-Hilfen sofort einzustellen. Er hatte sich für einen Friedensplan ausgesprochen, der eher den Forderungen Putins entspricht, einschließlich der Abtretung der von Russland besetzten Gebiete durch die Ukraine und einer Verpflichtung zur Neutralität. "Ich muss ehrlich sein, es ist mir eigentlich egal, was auf diese oder jene Weise mit der Ukraine passiert", sagte Vance noch im Februar 2022.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat immer wieder davor gewarnt, dass jedes Friedensabkommen ohne die Beteiligung der Ukraine ein illegitimes wäre. Angesichts der Unberechenbarkeit von Donald Trump und seinem auf Deals beruhenden außenpolitischen Ansatz befürchtet die Ukraine eine Art Diktatfrieden aus Washington und Moskau, der die Interessen der Ukraine und Europas ausblendet.

Die Hoffnungen Europas ruhen auf dem US-Senat

Hinzu kommt an diesem Mittwoch in Washington noch eine immens wichtige Abstimmung über den künftigen Mehrheitsführer im US-Senat. Der Kampf dort ist eine Machtprobe zwischen Trump, seinen Unterstützern und anderen republikanischen Senatoren. Die zweite wichtige Parlamentskammer gilt angesichts des fulminanten Wahlsiegs von Donald Trump als letzte Bastion, in der Republikaner sitzen, die insbesondere seinen Vorstellungen von Sicherheits- und Außenpolitik kritisch gegenüberstehen. Bislang konnten dort immer noch parteiübergreifend Mehrheiten von Demokraten und Republikanern gefunden werden, um die Ukraine weiter zu unterstützen. Auch ein von Trump möglicherweise favorisierter Nato-Austritt könnte hier zumindest abgebremst werden.

Allerdings tritt der langjährige, einflussreiche Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, ab. Nun treten die Senatoren John Cornyn, John Thune und Rick Scott als Spitzenkandidaten gegeneinander an. Trumps außenpolitischer Ansatz könnte die Dynamik im Senat beeinflussen, ganz besonders, wenn Rick Scott, der Senator aus Florida, die Wahl gewinnen sollte. Er hatte schon in der Vergangenheit mit anderen Republikanern gegen weitgehende Hilfspakete für die Ukraine gestimmt. Sollte sich der enge Trump-Verbündete als Mehrheitsführer durchsetzen, könnte es für die Ukraine deutlich schwieriger werden, sich die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der USA zu sichern.

Eine solche Veränderung im Senat könnte sich auch auf die Nato auswirken und die Beziehungen zwischen den USA und der EU belasten. Denn die derzeitige westliche und vor allem die europäische Sicherheitsarchitektur stünde auf dem Spiel.

Mehr als an Trump appellieren kann Biden kaum

Nach Kräften wird Joe Biden darum wohl noch einmal für Kontinuität bei der Unterstützung der Ukraine und für die von ihm aufgebaute Allianz der Unterstützer plädieren. Was ihm dabei helfen könnte: Er hat als Präsident den harten Kurs von Trump gegenüber China fortgeführt. Er kann also vermitteln, die gleichen Interessen im Sinne der USA verfolgt zu haben. Immer mehr Nato-Staaten erreichen zudem das Zwei-Prozent-Ziel. Das Bündnis ist nach den Beitritten von Schweden und Finnland so groß wie nie zuvor.

Aber egal, wie sehr der amtierende Präsident auch an seinen Vorgänger und Nachfolger im Amt appellieren mag, Trumps Haltung wird unberechenbar bleiben. In der kurzen Zeit, die nun bleibt, werden sich die europäischen Staaten, insbesondere Deutschland, wohl auf eine neue US-Außenpolitik vorbereiten müssen. Eines dürfte schon jetzt klar sein: Eine deutlich größere europäische Eigenständigkeit wird jetzt erforderlich sein.

Verwendete Quellen
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