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Donald Trump | Wettmärkte: Wie steht es wirklich um seine Chancen?


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Wettmärkte setzen auf Ex-Präsidenten
Das steckt hinter Trumps riesigem Vorsprung

  • Bastian Brauns
InterviewVon Bastian Brauns

23.10.2024Lesedauer: 6 Min.
Fritten für das Volk: Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt beim Mc Donald'sVergrößern des Bildes
Fritten für das Volk: Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt bei Mc Donald's. (Quelle: Brian Snyder)
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Auf politischen Wettmärkten wie Polymarket werden inzwischen viele Millionen Dollar auf den Ausgang der US-Wahl gesetzt. Donald Trump scheint dort uneinholbar vor Harris zu liegen. Aber sind Wetten wirklich genauer als Umfragen?

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2024 zwischen Kamala Harris und Donald Trump gewinnen professionelle Wettmärkte zunehmend an Bedeutung. Sowohl was das Volumen betrifft, als auch um die Stimmung der Wähler zu erfassen. Da große Geldbeträge auf dem Spiel stehen, scheinen diese Wettbörsen teils ein ganz anderes – vielleicht sogar schärferes – Bild zu zeigen als klassische Umfragen. Donald Trumps Chancen liegen demzufolge in vielen Schlüsselstaaten deutlich höher als die von Kamala Harris.

Ich habe mit Koleman Strumpf, einem führenden US-Experten für die sogenannten Prognosemärkte, über diesen Trend gesprochen. Wie genau funktionieren diese Börsen und gelingen ihnen möglicherweise wirklich genauere Vorhersagen als wissenschaftliche Umfragen?

t-online: Mister Strumpf, zu dem Trend des diesjährigen US-Wahlkampfes gehört es, politische Wetten über den Ausgang der Entscheidung auf Portalen wie Polymarket oder Predictit abzuschließen. Sportwetten haben eine lange Tradition, aber wie kommt es zu diesem relativ neuen Phänomen?

Koleman Strumpf: Es ist sowohl alt als auch neu. In der modernen Zeit war es in den USA bis 1988 illegal, überhaupt auf Politik zu wetten. Aber selbst, nachdem es schließlich erlaubt wurde, blieben diese Märkte eher klein. Man konnte zunächst nur bis zu 1.000 Dollar einsetzen. Neue Gerichtsurteile haben nun aber zu einem enormen Wachstum dieser Börsen und der Wetteinsätze geführt, insbesondere bei Märkten mit Kryptowährungen. Vor zehn Jahren haben die Leute insgesamt vielleicht Wetten in Höhe von mehreren Millionen Dollar platziert. Jetzt sind es Milliarden von Dollars.

Sie sagten, dass politische Wetten zugleich aber auch ein altes Phänomen sind?

Ja, denn in den USA war das Wetten auf Politik von Bürgerkrieg und noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein enorm beliebt, ganz besonders im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Menschen handelten ihre Wetten buchstäblich direkt auf dem Platz vor der New Yorker Börse, aber auch in anderen Städten im ganzen Land.

Warum das?

Damals gab es keine wissenschaftlichen Umfragen, also war dies tatsächlich die einzige Möglichkeit für die Menschen, Wahlen vorherzusagen. Außerdem waren andere Formen des Glücksspiels oft auch verboten. Politische Wetten waren da ein Ausweg. Die Märkte damals hatten übrigens auch schon einen Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar, wenn man es ins Verhältnis zum heutigen Geldwert setzt. Immer noch kleiner als heute, aber angesichts der Tatsache, dass die Menschen nicht online, sondern in physischen Märkten handelten, war das schon erheblich.

Donald Trump liegt auf den Wettmärkten deutlich vor Kamala Harris, obwohl Umfragen ein knappes Rennen zeigen. Der Milliardär und Trump-Unterstützer Elon Musk behauptet, diese Märkte seien genauer, weil Geld involviert ist. Stimmen Sie dem zu?

Im günstigsten Fall für Trump liegt er auf Polymarket derzeit bei etwas über 65 Prozent. Das bedeutet: Er hat eine 65-prozentige Chance, zu gewinnen. Er hat aber auch eine 35-prozentige Chance, zu verlieren. Zwei Wochen vor der Wahl würde ich das auf keinen Fall als eine sichere Sache bezeichnen. Was das zeigt: Der Wahlkampf verläuft vorteilhaft für Trump, aber das weist nicht auf einen klaren Sieg hin. Der Trend hat sich sicherlich in seine Richtung bewegt, mit einem Anstieg um 10 bis 15 Prozentpunkte. Eine Aussage über den wirklichen Wahlausgang würde aber nach wie vor eher einem Münzwurf entsprechen.

Viele Menschen sehen diese Prozentsätze und nehmen an, dass sie das Gleiche bedeuten wie die Prozentsätze bei den Umfrageergebnissen. Können Sie den Unterschied erklären?

Es ist entscheidend zu verstehen, dass die Zahlen in Umfragen und Wettmärkten sehr unterschiedliche Bedeutungen haben. In Umfragen bedeuten beispielsweise 51 Prozent für Trump gegenüber 49 Prozent für Harris einen bedeutenden Vorsprung, was zwar impliziert, dass Trump auch eine höhere Chance hat, zu gewinnen. 51 Prozent der Befragten sagen in diesem Fall, dass sie ihre Stimme Trump geben werden. Bei Wetten funktioniert das anders.

Wie denn?

Wettmärkte drücken buchstäblich die Wahrscheinlichkeit eines Sieges aus. Die Menschen, die hier Wetten abschließen, denken gewissermaßen über sich selbst hinaus. Sie versuchen sich zu informieren oder zu erspüren, wie sie die Stimmung insgesamt in Bezug auf die Kandidaten wahrnehmen.

Wirkt das auf den ersten Blick nicht weniger akkurat als konkrete Befragungen von Menschen zu ihrer Wahlentscheidung?

Für mich sind Wettmärkte leichter zu interpretieren. Denn sie spiegeln wider, was die Menschen wirklich denken, was passieren wird, nicht unbedingt, wie sie wählen wollen. Umfragen erfordern mehr geistige Akrobatik, weil man weitestgehend erraten muss, wie sich die Menschen basierend auf ihre Antworten wirklich beim Wählen verhalten werden, und da gibt es immer Unsicherheiten. Die in der Befragung angegebenen Entscheidungen können sich ja jederzeit wieder ändern. Im Zweifel noch in der Wahlkabine.

Sie sagen also auch, dass die Wettmärkte genauer sind als Umfragen?

Es gibt solide Beweise, die darauf hindeuten, dass Wettmärkte im Allgemeinen genauer sind als Umfragen. Ein wesentlicher Grund ist, dass Umfrageteilnehmer keinen Anreiz haben, tief über ihre Antworten nachzudenken – sie könnten ihre Meinung ändern oder einfach aus dem Stegreif antworten. In Prognose-Märkten setzen die Teilnehmer Geld auf das, von dem sie denken, was passieren wird, nicht unbedingt auf ihre persönlichen Präferenzen. Wenn jemand sich in seiner Vorhersage nicht sicher ist, wird er nicht wetten. Die Menschen, die wetten, sind in der Regel gut informiert und haben starke Meinungen.

Aber könnte ein solcher Markt nicht verzerrt werden, wenn er beispielsweise von einer politischen Gruppe wie Republikanern oder Demokraten dominiert wird?

Das ist ein berechtigter Einwand, aber es scheint nicht zu passieren. In den USA, mit zwei Hauptparteien, wenn eine Seite dominiert, gleicht die andere das normalerweise aus. Außerdem versuchen zu viele Teilnehmer in diesen Märkten, das Ergebnis objektiv vorherzusagen. Auch wenn jemand bewusst Kamala Harris oder Donald Trump unterstützen wollte, sollte er trotzdem auf denjenigen wetten, von dem er denkt, dass er gewinnen wird. Sonst droht man, sein Geld zu verlieren.

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(Quelle: Lyndsie Schlink)

Zur Person

Koleman Strumpf (56) ist Experte für Prognosemärkte und Industrieökonomie. Als Professor leitet er den Lehrstuhl für politische Ökonomie an der Wake Forest University in North Carolina. Seine Arbeiten werden in wissenschaftlichen Zeitschriften wie dem "American Economic Review", "Journal of Political Economy" oder dem "Journal of Public Economics" veröffentlicht.

Aber angenommen, jemandem geht es nicht um sein eigenes Geld, sondern darum, als Wahlkampfhilfe eine Art selbsterfüllende Prophezeiung zu erzeugen? Menschen könnten die Märkte doch mit großen Geldbeträgen manipulieren.

Ja, jemand könnte versuchen, Trumps Chancen künstlich zu erhöhen, um ihn als stärkeren Kandidaten erscheinen zu lassen und damit Wähler zu beeinflussen. Allerdings habe ich bislang keine Beweise dafür gesehen, dass Wettmärkte die Wahlergebnisse auf diese Weise beeinflusst haben. Vor etwa 15 Jahren habe ich sogar mal selbst versucht, Märkte zu Forschungszwecken zu manipulieren. Aber andere Händler erkannten schnell, dass die Preisbewegungen nicht auf echten Informationen basierten und haben sich entsprechend angepasst. Die Märkte neigen dazu, sich selbst zu korrigieren.

Kurz gesagt, ein solcher Wettmarkt ist im Grunde "to big to fail", hat also zu viele Akteure, die ernsthaft wetten?

Ja, so könnte man das sagen.

Donald Trump hatte kürzlich einen PR-Auftritt bei McDonald's, indem er dort, mit Schürze bekleidet, vorgab, Fritten zu verkaufen. Damit erzeugte er eine immense mediale Aufmerksamkeit. Können solche Aktionen den Markt beeinflussen?

Großartiges Beispiel, denn die Wettmärkte sind hier tatsächlich sehr nützlich, um zu beurteilen, ob Ereignisse wie dieses von Bedeutung sind. Man kann einen Artikel über Trumps Besuch bei McDonald's lesen und den analytischen Überlegungen des Autors folgen. Aber anstatt zu raten, ob es einen Einfluss hatte, kann man sich die Märkte ansehen. Interessanterweise stieg der Marktpreis von Trump nach dem McDonald's-Ereignis leicht, aber spürbar an. Ein Hinweis darauf, dass die Aktion bei Menschen Anklang gefunden hat. Der Vorteil dieser Märkte ist, dass sie sofortiges Feedback geben, im Gegensatz zu Umfragen, die Tage benötigen, um durchgeführt zu werden.

Sie beobachten die Entwicklungen in den Wettmärkten in diesem Wahlkampf seit Monaten. Haben Sie andere, besondere Veränderungen bemerkt?

Einige Händler haben zuletzt mit erheblichen Mitteln auf Trump gewettet, was seine Chancen weiter erhöht hat. Darum gab es Diskussionen in der Presse, unter anderem im "Wall Street Journal" und in der "Financial Times". Aber nach wie vor halte ich das nur für Hinweise auf Marktmanipulation, aber für keine guten Beweise. Denn Korrekturen solcher Ausschläge finden nicht auf einer Plattform wie Polymarket selbst statt. Auch andere Plattformen wie Betfair und Predictit stimmen bezüglich der Gewinnchancen weiterhin überein. Das deutet darauf hin, dass diese Händler aus starken Überzeugungen oder möglicherweise nach Insiderinformationen handeln, anstatt Manipulationen vorzunehmen.

In regulären Aktienmärkten ist der Handel mit Insiderinformationen illegal. Würden Sie sagen, dass in Wettmärkten ein Graubereich existiert, in dem solche Informationen zu erheblichen Gewinnen führen und potenziell Korruption oder Manipulation verursachen könnten?

Ich bin kein Rechtsexperte. Aber ja, die Wertpapiergesetze in den USA verbieten den Handel auf der Grundlage von Insiderinformationen – also von Informationen, die nicht öffentlich verfügbar sind. Was Wettmärkte betrifft, bin ich mir über ihre spezifischen Vorschriften nicht vollständig im Klaren. Der Einwand ist also berechtigt. Wenn viele Insider in diesen Märkten tätig sind, könnte das andere davon abhalten, daran teilzunehmen. Angenommen, jemand wüsste, wie die Wahl ausgeht und würde danach handeln, dann würde das ein unattraktives Umfeld für andere Händler schaffen. Aber niemand kann wissen, wie die Wahl am Ende ausgehen wird.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Koleman Strumpf
  • Eigene Recherchen
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