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Leere Ränge bei Trump-Rallyes: Was steckt hinter dem Exodus der Fans?


Merkwürdiges Phänomen
Darum verlassen immer mehr Menschen die Trump-Rallyes


08.10.2024 - 16:17 UhrLesedauer: 5 Min.
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Die Rede von Trump ist noch im Hintergrund zu hören, doch seine Anhänger verlassen den Platz. (Quelle: t-online)

Seit Monaten verlassen Trumps Anhänger in Scharen seine Rallyes, noch während er spricht. Für die Demokraten ist das ein Zeichen für schwindendes Interesse am Ex-Präsidenten. Aber was steckt wirklich dahinter? t-online hat nachgefragt.

Bastian Brauns berichtet aus Butler und Washington.

Die politischen Kundgebungen des früheren US-Präsidenten, die sogenannten Trump-Rallyes, sind dafür bekannt, riesige Menschenmengen anzuziehen. Für Trumps Anhänger ist es ein ganz besonderes Ereignis, ihn einmal im Leben persönlich gesehen und erlebt zu haben. Und so strömen sie, wie am Wochenende in der Kleinstadt Butler, nicht nur aus dem näheren Umland herbei. Viele nehmen lange Autofahrten aus anderen Bundesstaaten in Kauf. Einige fliegen sogar extra ein und nehmen sich ein teures Hotelzimmer, um das Trump-Spektakel mitzubekommen.

Doch schon seit Monaten ist bei den Trump-Rallyes ein merkwürdiger Trend zu beobachten: Immer mehr Teilnehmer verlassen die Kundgebungen des Republikaners vorzeitig, noch während Donald Trump seine Rede hält.

Auch t-online konnte das bereits vielfach beobachten. Ob im Vorwahlkampf in Des Moines (Iowa) oder in Manchester (New Hampshire), ob in Washington, D.C. oder bei der Waffenmesse der NRA in Houston – überall hauen Trumps Anhänger einfach ab, obwohl ihr Idol noch gar nicht zu Ende gesprochen hat.

"Wir haben Hunde zu Hause"

"Russland, China und Iran" tönte es am Wochenende bei Trumps jüngster Kundgebung in Butler aus Lautsprechern über die Wiese, als auch hier bereits Tausende in Richtung der vollgestopften Parkplätze davonzogen. Auf den Ausgangsstraßen staute sich der Verkehr und die Menschen hupten einander wütend an.

t-online nahm sich die Zeit, um die Trump-Fans nach den Gründen für ihr vorzeitiges Verschwinden zu fragen. Dabei stellte sich heraus: Viele Menschen haben offensichtlich drängendere Bedürfnisse, als der Rede des Republikaners zu lauschen.

"Mir tun die Füße weh", sagte ein Mann, der bereits am Humpeln war. Eine Frau sagte: "Wir stehen hier seit 6 Uhr morgens. Wir sind müde." Eine andere erklärte, sie hätten Hunde zu Hause, die sich nicht so lange allein lassen könnten. "Uns ist kalt, wir sind müde und haben Hunger", heißt es von mehreren anderen. Man könne sich Trumps Rede schließlich auch später noch auf YouTube ansehen. Und: "Wäre er früher auf die Bühne gekommen, dann hätten wir uns auch alles angehört", sagte eine Frau über Trump, die mit ihren Kindern gerade das Gelände verließ. "Uns wurde gesagt, wir sollten um 13 Uhr da sein." Inzwischen war es bereits 19 Uhr.

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Trump sind seine Rallyes heilig

Diese Beobachtungen sind politisch heikel, denn Trump sind seine Auftritte, im Amerikanischen "Rallyes" genannt, heilig. Zuletzt nutzte seine Gegnerin Kamala Harris diesen wunden Punkt in der Fernsehdebatte vor einem Millionenpublikum aus. Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten lud die Zuschauer unerwartet ein, ausgerechnet Trumps Kundgebungen zu besuchen. Allerdings nicht, um ihn etwa zu unterstützen, sondern um zu erleben, was er dort für Lügen auftischt.

Und dann sagte Harris: "Was Sie auch bemerken werden, ist, dass die Leute seine Kundgebungen vor Erschöpfung und Langeweile vorzeitig verlassen."

Mit dieser Aussage brachte sie Trump aus dem Konzept. Offenbar getroffen und wütend schoss er zurück: "Lassen Sie mich auf die Rallyes eingehen. Sie hat gesagt, die Leute würden sie verlassen." Und fuhr fort: "Die Leute verlassen meine Kundgebungen nicht. Wir haben die größten Kundgebungen, die unglaublichsten Kundgebungen in der politischen Geschichte."

Es war der Moment, in dem bei Trump offenbar die Sicherungen durchbrannten. Es folgten seine haltlosen, rassistischen Aussagen, wonach illegale Migranten die Haustiere von Amerikanern verspeisen würden.

Leidenschaft und Ungeduld

Fakt ist: Die Veranstaltungen von Donald Trump finden in der Tat bemerkenswert großen Zulauf. Allein in Butler waren laut Polizeiangaben mehrere Zehntausend Besucher gekommen. Die Kleinstadt selbst hat gerade mal knapp über zehntausend Einwohner. Dicht gedrängt standen die Menschen oft über zehn Stunden lang in der prallen Sonne und gifteten einander an, wenn sich jemand vorbeidrängen wollte, um eine bessere Sicht auf die Bühne zu bekommen. "Verpiss dich!", schrie etwa eine Mutter von zwei Söhnen einen Mann mit Bart an, der vorgab, seine Freunde suchen zu wollen, dann aber lediglich stehenblieb und den anderen den Blick versperrte.

Der Leidenschaft seiner Anhänger kann Trump sich also sicher sein. Dafür erdulden sie sogar sehr weite Wege, kilometerlange Schlangen und schließlich noch das scheinbar endlose Warten. Ungeduldig riefen die Leute darum schon bei vielen seiner Vorredner: "Wir wollen Trump. Wir wollen Trump."

Aber der lässt sich oft viel Zeit. Obwohl Trump im Programm immer mit genauer Uhrzeit angekündigt ist, verspätet er sich regelmäßig, manchmal sogar mehrere Stunden.

In Butler war es noch harmlos. Statt um 17 Uhr sprach er erst um 18 Uhr. Aber was dann folgt, ist langatmig. Trumps Reden ziehen sich oftmals bis zu zwei Stunden hin – über weite Strecken eine Klage über den angeblichen Niedergang der Nation. Selten hören die Leute etwas wirklich Neues. Zu Ohren bekommen sie vor allem Satzbausteine, die Trump seit Jahren nutzt.

Von Untreue keine Spur

Zu diesem Zeitpunkt sind viele Menschen bereits müde. Weil sie der Sonne über Stunden ausgesetzt waren, hatten viele bereits einen Sonnenbrand. Sanitäter mussten immer wieder anrücken, um Menschen zu behandeln, weil sie unterzuckert oder dehydriert waren. In Butler musste Trump seine Rede für mehrere Minuten unterbrechen, weil vor der Bühne jemand kollabiert war. Irgendwann stimmte das Publikum sogar die Nationalhymne an, um die Zeit zu überbrücken. Trump sang mit und bedankte sich bei den Helfern. "Ja, das passiert oft. Es passiert immer wieder."

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Echte Begeisterungsstürme entfacht Trump in solchen Momenten meistens nicht mehr. Der Menschenmagnet Trump scheint plötzlich einen großen Teil seiner Kraft zu verlieren. Doch der Umkehrschluss vieler Demokraten und auch vieler Medien ist ebenso falsch wie die Aussage von Trump, niemand würde seine Rallyes verlassen. Das vorzeitige Gehen ist in keiner Weise ein Beleg dafür, dass Trump an Unterstützung einbüßen würde.

Zumindest die befragten Menschen, die in Butler buchstäblich zu ihren Autos flohen, scheinen Trump genauso zu schätzen wie zuvor. "Der Verkehr ist der Grund, warum wir gehen", sagte eine Frau. "Glauben Sie mir, das ist meine dritte Trump-Rallye." Eine andere beteuert: "Wir haben ihm unsere Stimme ohnehin schon gegeben." In den USA hat die Briefwahl bereits begonnen. "Mir gefällt seine Rede, wirklich. Es hat einfach ganz pragmatische Gründe, warum wir jetzt schon gehen müssen", sagte jemand anders.

Das Wahlkampfspiel mit gegenseitigen Provokationen zwischen Republikanern und Demokraten ist in vollem Gange. Während das politische Lager von Kamala Harris weiterhin versucht, ein schwindendes Interesse von Trumps Anhängern auszumachen, kommen von ihm und seinem Team andere Vorwürfe. Niemals wäre Kamala Harris in der Lage, solche Menschenmassen zu bewegen, behauptete Trump etwa im TV-Duell. Die Demokratin müsste Menschen extra mit Bussen herankarren und bezahlen, damit überhaupt jemand zu ihren Veranstaltungen kommen würde.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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