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Trump-Prozess: Zeuge offenbart sein Netz aus Macht, Medien und Manipulation


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Trump in der Bredouille
Jetzt wird klar, was er vorhatte


Aktualisiert am 24.04.2024Lesedauer: 7 Min.
Betrug an der amerikanischen Wählerschaft oder normaler Wahlkampf? Donald Trump vor Gericht in New York.Vergrößern des Bildes
Betrug an der amerikanischen Wählerschaft oder normaler Wahlkampf? Donald Trump vor Gericht in New York. (Quelle: John Taggart)
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Der erste Zeuge im Schweigegeld-Prozess von New York offenbart, mit welchen Tricks Donald Trump offenbar versuchte, seine Gegner zu vernichten. Schon früh scheint ein System aus Medien, Macht und Manipulation entstanden zu sein.

Bastian Brauns berichtet aus New York

Immer wieder kichert der Mann im Zeugenstand. David Pecker, 72 Jahre, bekannter New Yorker Boulevard-König, wirkt gut gelaunt. Rechts von ihm sitzt Richter Juan Merchan, links von ihm die zwölfköpfige Jury und vor ihm sein alter Freund Donald Trump, der Angeklagte. Was Pecker zu sagen hat, schadet dem ehemaligen Präsidenten.

Denn die Antworten des früheren Klatschmagazin-Herausgebers im Schweigegeld-Prozess um den Porno-Star Stormy Daniels haben es in sich. Sie offenbaren ein unglaubliches Verhalten von Donald Trump, das ihm womöglich 2016 sogar half, ins Weiße Haus zu kommen. Schon früh entstand dabei offenbar ein ausgeklügeltes System aus Medien, Macht und Manipulation.

Gemeinsame goldene Jahre

Oft haben sich David Pecker und Donald Trump ausgetauscht. Sie kennen sich seit den späten Achtzigerjahren. "Ich traf ihn erstmals in Mar-a-Lago", sagt Pecker. Es müsse 1988 oder 1989 gewesen sein. Es war der Beginn einer "großartigen Beziehung", von der beide Männer auf ihre Weise profitierten. Pecker gab Promi-Klatsch-Magazine heraus und Trump versorgte seinen Freund mit Informationen, Kontakten und Party-Einladungen. "Ich nannte ihn Donald", sagt Pecker im Gerichtssaal.

Irgendwann brachte Pecker ein neues Magazin mit dem Namen "TRUMP Style" heraus. "Ihm gefiel die Idee sehr", sagt Pecker und lächelt. Trump habe interessiert gefragt, wer bereit sei, dieses teure Magazin zu kaufen. Der Plan von seinem Freund und Medienmacher: Die Hotels und Casinos dieser Stadt werden es uns aus den Händen reißen, um es auszulegen. Denn ihre Gäste seien sehr daran interessiert.

Als Trump schließlich seine Erfolgsshow "The Apprentice" (zu deutsch: Der Azubi) im amerikanischen Fernsehen startete, versorgte Trump seinen Freund regelmäßig mit exklusiven Informationen. Pecker war inzwischen Herausgeber des "Nationel Enquirer", einer landesweiten Illustrierten, und durfte exklusiv über Details aus der Sendung berichten. Pecker wusste darum immer schon, wenn Trump einen der Kandidaten feuerte. "Das hat meinen Zeitschriften geholfen, weil die Leserschaft des "Enquirer" und anderer Zeitschriften Trump als Celebrity liebte", sagt Pecker.

Es war eine Zeit, als Illustrierte noch goldene Jahre durchlebten. Pecker besaß etliche dieser bunten Blätter. Und im Boulevard legten Trump und Pecker den Grundstein einer gegenseitigen Günstlingswirtschaft. David Peckers Heiterkeit im Gerichtssaal von New York zeugt davon, dass er das bis heute in keiner Weise anstößig findet.

Der Ursprung eine manipulativen Idee

Dabei stellt das, was dann geschehen ist, die Unabhängigkeit der Pecker-Medien infrage. Es sind in den Augen vieler Amerikaner unfassbare Vorgänge. Spekuliert wurde darüber zwar schon länger. Aber die Details, die David Pecker schildert, machen aus Mutmaßungen, Ahnungen und Gerüchten nun Fakten.

Unumwunden gibt der unter Eid stehende David Pecker im Zeugenstand zu, welchen Plan er mit Donald Trump ausheckte, als klar war, dass dieser als Präsidentschaftskandidat ins Rennen der Republikaner einsteigen wollte. Die entscheidende Frage war demnach: "Was können meine Zeitschriften tun, um die Kampagne zu unterstützen?"

Und wie schon immer seit Beginn ihrer Freundschaft hatte Pecker eine Idee, die Donald Trump gefallen sollte. Sie könnte am Ende mit dazu beigetragen haben, dass die Amerikaner Donald Trump 2016 erstmals zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gemacht haben. Denn die Wählerschaft, diesen Eindruck erwecken Peckers Aussagen vor Gericht, wurde systematisch manipuliert und wie folgt betrogen:

"Ich sagte, ich würde positive Geschichten über Herrn Trump verbreiten und veröffentlichen und ich würde negative Geschichten über seine Gegner veröffentlichen", so Pecker. Aber das unmoralische Angebot des Klatsch-Königs von New York ging noch weiter. Er habe Trump angeboten: "Ich werde für dich Augen und Ohren offenhalten."

Konkret bedeutete das: Wenn er auf dem großen Medien-Markt etwas Negatives über Trump hören sollte, so Pecker, dann würde er Trump darüber informieren. Insbesondere wenn es sich um Frauen handeln sollte, die schlüpfrige Geschichten über Trump an die Medien verkaufen wollen würden. "Dann würde ich Michael Cohen benachrichtigen", sagt Pecker über jenen Mann, der im Trump-Prozess demnächst als einer der Hauptzeugen aussagen soll. Damals war er der Anwalt von Donald Trump und dafür zuständig, die unbequemen Dinge für seinen Boss als "Fixer" mit Druck und Geld zu regeln.

Der große Betrug an Amerika

Allem Anschein nach haben Donald Trump, sein Anwalt Michael Cohen und sein Freund David Pecker über die vielen Monate des Wahlkampfs drei Taktiken perfektioniert:

1. Es wurden ausschließlich positive Geschichten über Donald Trump in den Pecker-Medien platziert.

2. Über seine zunächst innerparteilichen Gegner wurden ausschließlich diffamierende Artikel veröffentlicht, später auch über seine demokratische Gegnerin Hillary Clinton. Das vielfach unwahre Material dazu lieferte Trumps Wahlkampfteam über seinen Anwalt Michael Cohen an David Pecker.

3. Negative Geschichten über Trump, die drohten, öffentlich zu werden, kaufte David Pecker auf. Dabei zwang er die Informanten mit kostspieligen Knebelverträgen, zu keinem anderen Medium zu gehen. Pecker bezahlte die Informanten und hielt die brisanten Stories unter Verschluss, damit sie Trump nicht schaden konnten.

Ein medialer Vernichtungsfeldzug

Im Gerichtssaal bekommen die Geschworenen nun einen Eindruck von diesen Machenschaften. Seitenweise präsentiert die New Yorker Staatsanwaltschaft Artikel aus dem Pecker-Imperium aus dem Jahr 2016. Trumps innerparteiliche Gegner hießen damals Ted Cruz, Marco Rubio oder Ben Carson. Es sind nur kleine Ausschnitte einer groß angelegten Verleumdungskampagne aus dem Trump-Lager. Es habe Wünsche zu negativen Artikeln gegeben, so Pecker. Gewünscht, getan.

In einem Artikel wurde etwa über Ben Carson behauptet, der Neurochirurg habe bei einer Operation einen Schwamm im Kopf eines jungen Mädchens vergessen. Andere Artikel brachten die Verschwörungstheorie auf, der Vater von Ted Cruz habe dem Attentäter des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy bei seinem Mord geholfen. Auch über einen Artikel mit dem Titel "Ted Cruz Sexskandal – 5 geheime Mätressen" tauschte sich Pecker nach eigenen Angaben mit Trumps Anwalt Michael Cohen aus. Bevor publiziert wurde, bekam Trumps Anwalt sogar ein PDF. Erstens, damit er Bescheid wusste und zweitens, um gegebenenfalls noch Änderungen vorzuschlagen.

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Die Krönung dieser Strategie: Donald Trump reagierte damals auf die angeblichen Skandale so, als habe er von ihnen auch nur aus der Zeitung erfahren. Dann kommentierte er öffentlich die selbst bei seinem Freund Pecker in Auftrag gegebenen Lügen und zog über seine Gegner her. Der mediale Vernichtungsfeldzug schien zu wirken. Donald Trump wurde der Spitzenkandidat der republikanischen Partei und später auch US-Präsident.

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Ein erkauftes gutes Image

Was in New York in diesen Tagen im Prozess offengelegt wird, ist ein Sittengemälde jenes mächtigen Mannes, der andere mächtige Männer um sich scharte. Und weil es Donald Trump mitten im späteren Wahlkampf gegen Hillary Clinton nicht gelegen kam, wurden insbesondere Frauengeschichten von seinem Medienmann David Pecker erst "gecatched" und dann "gekillt". Es ist ein Jargon, den der frühere Herausgeber im Gerichtssaal ganz selbstverständlich verwendet. Der Staatsanwalt bittet ihn, dies genauer zu erklären.

"Die Sache sollte streng geheim bleiben", erklärt Pecker. Selbst in seinem eigenen Medienunternehmen verriet er nur einem kleinen Kreis von seinem Plan. Aber von der West- bis an die Ostküste wies er die Köpfe seiner Redaktionen an, jede Geschichte, die Trump schaden könnte, sofort vom Markt wegzukaufen. Es war ein immenser Freundschaftsdienst für seinen langjährigen Freund und Helfer. Denn an diesen Geschichten hätte Pecker auch selbst gut verdienen können, hätte er sie denn gedruckt.

Diese dritte Taktik sollte insbesondere bei jener Frau zum Tragen kommen, wegen der dieser Prozess überhaupt stattfindet. Die Porno-Darstellerin Stormy Daniels wollte eine Affäre mit Donald Trump an die Medien verkaufen, David Pecker bekam Wind von der Sache, informierte Trumps Anwalt Michael Cohen. Und am Ende landeten 130.000 Dollar als Schweigegeld bei der Frau. Die Rechte an ihrer Geschichte gingen an David Pecker, der sie aber, um Trump im Wahlkampf zu schützen, nie veröffentlichte.

Die Jagd nach der Straftat

Auch das war laut Pecker übliche Praxis. Im Gerichtssaal von New York werden Beispiele solcher Verträge gezeigt. Bei einem wurde etwa ein Portier des Trump Towers zum Schweigen gebracht, der Donald Trump ein uneheliches Kind andichten wollte. Die Geschichte soll tatsächlich unwahr gewesen sein. Donald sei sogar bereit gewesen, einen DNA-Test abzugeben.

Aber, um Negativ-Schlagzeilen gar nicht erst aufkommen zu lassen, wurde der Mann trotzdem bezahlt. Trumps Freund Pecker verwahrte die Informationen sorgsam in seinem publizistischen Giftschrank auf, der bis nach der Wahl keinesfalls geöffnet werden und dessen Inhalt eigentlich auch bis heute nicht hätte öffentlich werden sollen.

Was Trump nun nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft zum Verhängnis werden soll: Er soll persönlich über das Schweigegeld an Stormy Daniels Bescheid gewusst haben, als er den Scheck an seinen Anwalt Michael Cohen unterschrieb. In den Geschäftsunterlagen seiner Firma aber habe er diese hohe Summe lediglich als Honorar bezeichnet. Gepaart mit der politischen Motivation, die amerikanische Wählerschaft um die Wahrheit zu betrügen, soll er eine Straftat begangen haben.

Zweifel an Trumps Unwissenheit

Doch nicht der Richter, sondern die Geschworenen müssen laut amerikanischem Justizsystem von dieser Version überzeugt werden. Trumps Anwälte argumentieren: Was ihr Mandant getan habe, sei in Wahlkämpfen, unabhängig von Kandidaten oder Parteizugehörigkeit, absolut normal. Von den konkreten Geschäften seines Anwalts habe Trump außerdem nichts gewusst.

Donald Trumps Freund David Pecker vermittelt vor Gericht allerdings einen anderen Eindruck. Als er danach gefragt wird, mit welchen Worten er Donald Trump als Geschäftsmann beschreiben würde, antwortet er: "Sehr detailorientiert", Trump sei ein Freund von "Mikromanagement", will also auch in kleinen Dingen ganz genau Bescheid wissen. Außerdem sei Trump "sehr vorsichtig und sparsam im Umgang mit Geld".

Nach dieser Aussage von Pecker fällt es schwer zu glauben, dass die Geschworenen Trump abkaufen werden, dass er von der 130.000-Dollar-Zahlung an seinen Anwalt nichts gewusst habe, die dieser wiederum für den Pornostar Stormy Daniels als Schweigegeld bereitstellte. Auch die scheinbar unbekümmerte Offenheit von Trumps Medien-Manipulator dürfte einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Wie normal die Jury diesen Betrug findet, wird sie in wenigen Wochen entscheiden müssen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachungen und Recherchen vor Ort
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