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Nord Stream 2: Trump kapitulierte wegen Angela Merkel


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Donald Trump über Nord Stream 2
"Ich habe bei Angela die weiße Fahne gehisst"

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

01.02.2022Lesedauer: 5 Min.
"Kapitulation": Angela Merkel und Donald Trump im Jahr 2019 beim NATO-Gipfel in LondonVergrößern des Bildes
"Kapitulation": Angela Merkel und Donald Trump im Jahr 2019 beim NATO-Gipfel in London (Quelle: imago-images-bilder)

Wie sich die Zeiten ändern: Im Streit mit Angela Merkel um Nord Stream 2 kapitulierte selbst Donald Trump. Doch schon bald könnten die USA mit Sanktionen Fakten schaffen – die für Deutschland sehr unangenehm wären.

Irgendwann habe er wegen der Haltung von Angela Merkel zur Gas-Pipeline Nord Stream 2 einfach aufgegeben: "Ich habe die weiße Fahne der Kapitulation gehisst."

Das sagte am Wochenende nicht irgendwer, sondern der Mann, der nach eigener Überzeugung eigentlich nie kapituliert: Donald Trump. Sein Geständnis legte der ehemalige US-Präsident in der Sendung des konservativen Journalisten Glenn Beck ab.

Er habe es sogar "okay" gefunden, dass Angela (er nannte sie nur beim Vornamen) und er damals unterschiedliche Ansichten gehabt hätten. Dabei sei die Pipeline, so Trump weiter, "einer der dümmsten Schritte, die ich je gesehen habe". Denn "Russland besitzt Deutschland." Dass die Bundesregierung nichts gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin unternehmen wolle, sei deshalb auch eine falsche Darstellung. Sie könne es faktisch nicht mehr.

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Der "Deal", den einst Gerhard Schröder und Wladimir Putin kurz vor der Bundestagswahl 2005 noch schnell eingetütet hatten, hat für Trump allerdings Konsequenzen. Auf die Frage von Glenn Becker, ob die USA gerade überhaupt im Ukraine-Konflikt involviert sein sollten, antwortete er: "Europa sollte vollkommen involviert sein."

Damit zeigt der 45. US-Präsident, der auch der 47. werden will, seine altbekannte Haltung zu Deutschland, zur EU und auch zur Nato: Die USA sollten Europa im Zweifel sich selbst überlassen.

Auch Demokraten wollen Nord Stream 2 blockieren

Nun ließe sich beruhigend sagen: Weder ist Donald Trump derzeit Präsident noch ist klar, ob er es jemals wieder wird. Nur: Sollte ihm tatsächlich eine weitere Amtszeit gelingen, dürfen sich die Deutschen und Europäer keine Illusionen machen. Und selbst wenn Trump weiter Politpensionär bleibt, ist die Lage alles andere als eindeutig. Denn Trump und die Republikaner stehen mit ihrer ablehnenden Haltung zu Nord Stream 2 in Washington nicht allein.

Wie weit das "No" bis ins Spektrum der Demokraten hineinreicht, wird in den kommenden Tagen zu beobachten sein. Der amtierende US-Präsident Joe Biden hat mit Angela Merkel in ihren letzten Amtstagen noch eine Einigung über Nord Stream 2 erzielt. Ihr Nachfolger Olaf Scholz steckt mitten in den Vorbereitungen für seine Reise nach Washington Anfang der kommenden Woche.

Sein Antrittsbesuch in der US-Hauptstadt ist zugleich eine Reise ins Ungewisse in Sachen Gas-Pipeline. Während Scholz und die SPD sich öffentlich nach wie vor nur zu der Formulierung durchringen können, dass mit Blick auf die Instrumente gegen Russland "alles auf dem Tisch" liege, könnten in Washington bald Fakten geschaffen werden.

Zwar hatten die Demokraten im US-Senat auf Drängen des Weißen Hauses zuletzt eine Vorlage des Republikaners Ted Cruz zu sofortigen Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhindert. Jetzt wird es aber einen parteiübergreifenden neuen Vorschlag geben, eingebracht vom demokratischen Senator Bob Menendez, mit Unterstützung des Weißen Hauses und womöglich einiger Republikaner um den Senator James Risch. Es braucht dafür eine Mehrheit von 60 Senatoren.

Zwar sollen laut dem "Defending Ukraine Sovereignty Act" Sanktionen erst dann erfolgen, wenn Russland wirklich in die Ukraine einmarschieren sollte. Sollten die Republikaner diesen Kompromiss allerdings mitgehen, läge bei den Amerikanern zumindest sichtbar auf dem Tisch, was insbesondere die SPD bislang noch immer unter Verweis auf eine notwendigerweise geheime Diplomatie vermeidet. Außenministerin Annalena Baerbock immerhin wagte es, das N-Wort auszusprechen.

"Ein Instrument des bösartigen Einflusses"

Die entscheidende Passage in der Vorlage von Menendez lautet zur "Abschreckung im Falle weiterer militärischer Eskalation oder Aggression" durch Russland:

"Die Vereinigten Staaten sollten alle verfügbaren und angemessenen Maßnahmen erwägen, um zu verhindern, dass die Nord-Stream-2-Pipeline in Betrieb genommen wird, einschließlich durch Sanktionen gegen Organisationen und Einzelpersonen, die für die Planung, den Bau oder den Betrieb der Pipeline verantwortlich sind, und durch diplomatische Bemühungen."

Denn Nord Stream 2 sei "ein Instrument des bösartigen Einflusses der Russischen Föderation". Würde sie in Betrieb genommen werden, würde Russland ermutigt werden, weiteren Druck auszuüben und die Ukraine zu destabilisieren.

Aber auch vor dieser Entscheidung im Kongress hatte die US-Regierung mitgeteilt, dass es zu einem Stopp von Nord Stream 2 kommen kann. Ned Price, der Sprecher von US-Außenminister Antony Blinken sagte dieser Tage im Interview mit dem Radiosender NPR: "Ich möchte eines ganz klar sagen: Wenn Russland auf die eine oder andere Weise in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 nicht vorankommen." Die Gas-Pipeline sei ein wichtiger Hebel, eben weil sie noch nicht in Betrieb genommen worden sei. Man arbeite hierzu eng mit den Deutschen zusammen.

Das Ringen um Erdgas-Alternativen

Dazu gehört es auch, nach Alternativen zu suchen. Sollten russische Gaslieferungen tatsächlich ausfallen oder abgelehnt werden, benötigen Deutschland und viele andere Länder Europas trotzdem weiterhin Gas. Mehr als die Hälfte der Importe bezog Deutschland 2020 über Pipelines aus Russland. Deutsche Hafen-Terminals für Flüssiggas (LNG) sind noch nicht betriebsbereit. Das LNG könnte aber aus anderen Ländern umgeleitet werden. Die ohnehin schon hohen Preise, so viel ist klar, würden im Konfliktfall weiter steigen. Eine Gefahr nicht nur für die Rechnungen deutscher Privathaushalte, sondern für weite Teile der deutschen Industrie.

Im Weißen Haus war nicht ohne Grund am Montag das Staatsoberhaupt des Golfstaat-Emirats Katar zu Gast. Bei dem Treffen von Joe Biden und Scheich Tamim bin Hamad Al Thani ging es explizit auch um Energiefragen. Katar ist ein großer Flüssiggasproduzent. Ob das Emirat aber wirklich mehr liefern könnte, ist unklar. Das Land soll bereits an der Kapazitätsgrenze arbeiten und will andere Handelspartner in Asien nicht enttäuschen.

Die Partnerschaft mit dem wegen seiner Menschenrechtssituation umstrittenen Katar scheint der Biden-Administration aber so wichtig zu sein, dass der US-Präsident anschließend eine wichtige Ankündigung verbreiten ließ: "In Anerkennung der strategischen Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Katar, die sich in den vergangenen 50 Jahren vertieft hat, informierte der Präsident den Emir über seine Absicht, Katar zu einem wichtigen Nicht-Nato-Verbündeten zu ernennen."

Zu solchen "major non-NATO allies" (MNNA) gehören neben Israel, Japan, Neuseeland, Australien und Taiwan auch Brasilien, Marokko und Ägypten. Katar hat eine wichtige Rolle beim Abzug der USA aus Afghanistan im vergangenen Jahr gespielt. So soll das Emirat ein geheimes Treffen mit dem Taliban-Führer und dem CIA-Chef ermöglicht haben.

Neue unsichere Abhängigkeiten

Wie viel die Kataris von dieser strategischen Nato-Partnerschaft langfristig wirklich haben werden, ist unklar. Auch, weil ein möglicher nächster US-Präsident Donald Trump sich bekanntlich nicht viel aus solchen multilateralen Bündnissen macht. Als der Ex-Präsident am Wochenende in Texas zu Besuch war, machte er sich einmal mehr über die Nato lustig. Das Bündnis habe sich ein neues Hauptquartier in Brüssel geschaffen, das absolut nicht sicher gegen Angriffe sei. "Nicht einmal ein Flugzeug muss man fliegen. Ein Panzer reicht. Ein Schuss. Und das Ding fällt in sich zusammen."

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Die konfliktreiche Situation zwischen Russland und der Ukraine ist für den Westen und insbesondere Deutschland auch deshalb so schwer zu bearbeiten: Niemand weiß, welche Kräfte in den USA bereits Ende des Jahres nach den Zwischenwahlen im Kongress wirken und welche ab dem Jahr 2024 im Weißen Haus. Eine zu große Abhängigkeit vom Flüssiggas der USA könnte die deutsche Regierung womöglich auch deshalb vermeiden wollen.

In seinem Interview mit Glenn Beck gab sich Trump zumindest sehr selbstbewusst. Putin spiele eine Pokerspiel, bei dem man sich öffentlich nicht in die Karten schauen lassen dürfe, so Trump. "Es gibt schon Wege, ihm das auszureden. "Mit erzwungenen niedrigen Ölpreisen und Druck auf die erdölfördernden OPEC-Länder habe er Putin einst "sehr wehgetan". Tatsächlich musste Trump damals im Preiskampf nachgeben, weil die kostenintensive Erdölindustrie in den USA dem Untergang nahe war.

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