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Corona-Booster-Impfung: Gebt endlich Stoff!


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Behäbigkeit bei Impfungen
Es ist wirklich zum Verzweifeln!

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 19.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Noch-nicht-Kanzler und Noch-Kanzlerin: Olaf Scholz und Angela MerkelVergrößern des Bildes
Noch-nicht-Kanzler und Noch-Kanzlerin: Olaf Scholz und Angela Merkel (Quelle: imago-images-bilder)
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Die Corona-Pandemie eskaliert, doch beim Impfen gilt in Deutschland noch immer: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Wer aus der Ferne auf seine Heimat blickt, ist zusehends fassungslos.

"Bemühen Sie sich jetzt! Jeder Tag zählt!" – diesen Appell richtete der noch Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, am Donnerstagabend an die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung. An jene, die immer bereit waren und noch immer bereit sind, sich auch ein drittes Mal impfen zu lassen.

Es ging Michael Müller um die Auffrischungsimpfungen, auch Booster-Impfungen genannt. Ja, es könne jetzt erst mal zu Wartezeiten kommen, weil sich Millionen von Menschen zum dritten Mal impfen lassen wollten, sagte Müller. Es gehe jetzt darum, mithilfe der Arztpraxen, der Impfzentren und mobiler Angebote schnell voranzukommen. Er bitte aber um Verständnis, wenn das nicht von heute auf morgen gehe.

Warum dauert das so lange?

Dabei ist es gerade dieses eingeforderte Verständnis, das vielen Deutschen abgeht. Vor allem jenen, die im Ausland leben. Etwa in den USA. Wenn man sich ansieht, wie schleppend Deutschland einmal mehr seine Impfungen für die Impfwilligen organisiert, obwohl schon lange klar war, dass es zu diesem Szenario kommen würde. Dabei müsste der Vollzug der dritten Impfung gar nicht so lange dauern, wie derzeit behauptet wird. Das zeigen nicht nur andere europäische Länder, sondern auch Israel und eben die USA.

All die löblichen Versuche, die Impfquote unter den Zögerlichen weiter nach oben zu treiben, lenken von einer Sache ab: Deutschland schafft es wieder einmal nicht, ausgerechnet den vielen Impfwilligen im Land so schnell wie möglich jenen Schutz zu geben, den sie wollen und den sie auch verdienen.

Nicht nur wurden zahlreiche Impfzentren im Land zuerst geschlossen und müssen jetzt erst wieder eröffnet werden. Nach wie vor bleibt außerdem die Abgabe der Impfstoffe weitgehend den Arztpraxen vorenthalten. Dabei, um es mit den Worten des Regierenden Bürgermeisters Müller zu sagen, zählt jeder Tag. Tote, Kranke und Infizierte – Deutschlands Rekordzahlen sind mittlerweile Thema in der ganzen Welt.

Warum keine Apotheken?

Dabei gibt es längst den Vorschlag, dass die Menschen wenigstens auch in Apotheken ihre Impfung erhalten können. Das könnte die Arztpraxen, die schon wieder über zu wenige Kapazitäten klagen, entlasten. Die Kampagne würde viel schneller Fahrt aufnehmen.

Aber nein, das soll wohl nicht sein. Denn die Ärzte-Lobby trommelt. "Impfen ist keine Angelegenheit der Apotheker", sagte argumentbefreit erst jüngst wieder der Vorsitzende der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Der Mann sitzt offensichtlich nicht nur in Talkshows, sondern auch auf einer Pfründe. Sein KBV-Vize Stephan Hofmeister propagierte ebenfalls: "Impfen ist mehr als ein Piks." Es gehe um Impfanamnese, Aufklärung und um den Ausschluss akuter Erkrankungen und Kontraindikationen. "All dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus, über die Apotheker jedoch nicht verfügen", sagte Hofmeister.

Aus US-Perspektive möchte man dazu am liebsten sagen: "Was für ein Riesen-Bullshit!". Oder um es vornehmer ausdrücken: "Come on! Really?"

Denn wer in den USA einen Boostershot möchte, läuft oder fährt einfach zur nächsten Drogerie. "So easy", sagt hier einem jeder, den man fragt, wie und wo man wohl seinen dritten Piks am besten bekommen kann. Zum Beispiel, indem man online einen Termin bei der Kette CVS ausmacht oder einfach spontan in den Laden geht.

Die wichtigste Frage scheint in den USA lediglich zu sein: "Walk-in or Appointment?". Innerhalb von Sekunden ist man dann dran. Moderna oder Pfizer? Suchen Sie es sich aus. Versichert oder nicht? Kein Problem. Alles umsonst. Und wer verabreicht einem die Impfung? Eine Professorin, ein Arzt oder eine Krankenschwester? Nein, selbst einem Pharmazie-Praktikanten ist es hier gesetzlich erlaubt, dieser Aufgabe nachzugehen.

Das deutsche Argument von der ach so wichtigen Aufklärung zieht einfach nicht. Denn jene, die sich ohnehin schon zweimal haben impfen lassen, können das auch getrost ein drittes Mal tun. Wer Bedenken hat oder krank ist, kann trotzdem lieber zum Arzt gehen und sich zusätzlich beraten lassen. Aber bitte, lasst die anderen doch endlich vor!

Es geht um Schnelligkeit

Sicher, es ist wichtig, dass die Politik den Fokus besonders auf jene legt, die sich bislang überhaupt nicht haben impfen lassen. Impfpflichten für Menschen, die an Orten arbeiten, an denen sie Alte, Kranke oder auch behinderte Menschen gefährden können, sind ein überfälliger Schritt. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo er andere in Gefahr bringt. Auch die 2G- und 3G-Regelungen mögen als implizite Impfpflichten dafür sorgen, dass sich Zögerliche endlich einen letzten Ruck geben.

Aber es geht jetzt vor allem auch um die große Mehrheit der Menschen, die sich nicht in Verschwörungsideologien verloren hat. Um jene, die bislang aus Verantwortung und Solidarität immer alle Einschränkungen mitgetragen haben.

Es geht jetzt vor allem um Schnelligkeit und nicht um deutsche Gründlichkeit. Dem Virus ist Bürokratie egal. Gebt endlich Stoff, und zwar egal von wem! Auch Menschen mit Diabetes, die sich täglich Insulin spritzen müssen, haben kein medizinisches Studium absolviert. Masse, das geht auch ohne Klasse!

Doch wer in Deutschland glaubt, nun gehe wirklich alles schnell, wird vom Beschlusspapier der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz eines Besseren belehrt. "Darüber hinaus bitten die Länder die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit der Kreis der zur Durchführung von Impfungen Berechtigten ausgeweitet werden kann", heißt es dort. So was kann natürlich dauern. Währenddessen sterben täglich Menschen, die nicht sterben müssten.

"Bemühen Sie sich jetzt! Jeder Tag zählt!", sagte Michael Müller neben der Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Noch-nicht-Bundeskanzler Olaf Scholz. Hoffentlich haben sie zugehört.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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