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Präsidentschaftswahl 2020 in USA: Diese drei Szenarien mit Trump sind denkbar


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Drei Szenarien zur US-Wahl
"Es könnte Zustände wie im Bürgerkrieg geben"


Aktualisiert am 01.08.2020Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump: Wird er die Amtsgeschäfte bei einer Wahlniederlage ohne Widerstand übergeben?Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump: Wird er die Amtsgeschäfte bei einer Wahlniederlage ohne Widerstand übergeben? (Quelle: Leah Millis/reuters)

Was passiert, wenn die USA gewählt haben? Trump raunt schon länger, die Öffentlichkeit ist alarmiert. Je nach Ergebnis sind verschiedene Szenarien denkbar. Nur wenige sind wirklich angenehm. Ein Überblick.

Donald Trump rüstet sich schon seit Monaten für den Tag nach der Wahl. Und wie üblich, tut er das nicht so, wie es andere Präsidenten tun würden. Statt für Vertrauen in die Demokratie zu werben, sät er Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl. "Es wird der Skandal unserer Zeit sein!", brüllt er in Großbuchstaben auf Twitter. Und meint: die Briefwahl. Sie werde zu massenhaftem Betrug führen, raunt er, ohne Belege dafür zu haben. Zugleich legt er sich nicht fest, ob er ein Wahlergebnis überhaupt akzeptieren würde. Und spekuliert über eine Verschiebung des Urnengangs, obwohl er darüber gar nicht zu bestimmen hat.

Auch mit der Präsidentschaftswahl am 3. November wird die USA also erst einmal nicht zur Ruhe kommen. Wie wild es danach weitergeht, darüber bestimmt nicht zuletzt das konkrete Wahlergebnis. Es sind mehrere Szenarien denkbar.

Szenario 1: Donald Trump gewinnt knapp

Die Umfragen sprechen derzeit dagegen, aber das war beim letzten Mal auch so. Und bis zur Wahl am 3. November kann noch viel passieren. Was also, wenn Donald Trump die Präsidentschaftswahl knapp gewinnt? Er wird sich feiern, so viel kann man sagen. Und er wird sich in seinem Kurs bestätigt fühlen, den er eigentlich schon mit seiner Amtseinführung eingeschlagen und in den letzten Monaten verschärft hat: nicht der Präsident aller Amerikaner zu sein, sondern der Präsident für seine Anhänger.

Sein Widersacher Joe Biden dürfte auch eine knappe Niederlage recht schnell akzeptieren, um die Konflikte nicht noch zu verschärfen. Doch Konflikte wird es geben. Trumps Anhänger werden seinen Sieg feiern und sich bestärkt fühlen. Aber auch Trumps Gegner dürften auf die Straße gehen und gegen das demonstrieren, was sie für eine Katastrophe halten: eine weitere Amtszeit Donald Trumps. Es könnten sich wieder Linksextreme in die friedlichen Proteste mischen, es könnte zu Gewalt kommen, und wenn es die gibt, wird Trump sie mit harten Mitteln bekämpfen.

Der Politikwissenschaftler und US-Experte Christian Hacke befürchtet für eine zweite Amtszeit Trumps, dass Minderheiten einen noch schlechteren Stand hätten und die Zivilgesellschaft noch mehr unter Druck geriete. "Trump wird fortsetzen, was er in den ersten vier Jahren begonnen hat: die amerikanische Demokratie aushebeln."

Szenario 2: Donald Trump verliert klar

Die Umfragen lassen dieses Szenario gerade durchaus denkbar erscheinen. Sie zeigen einen Trump, der auch bei seiner Kernklientel, der weißen, eher religiösen, eher durchschnittlich gebildeten Mittelschicht auf dem Land, an Zustimmung verliert. In den hart umkämpften Swing States wie Pennsylvania, Michigan, Wisconsin aber auch dem größten Bundesstaat Florida führt Biden derzeit zum Teil recht komfortabel, nachdem Trump diese Staaten bei der Wahl 2016 überraschend gewonnen hatte.

Das amerikanische Mehrheitswahlsystem macht klare Ergebnisse eigentlich möglich. Egal wie knapp das Ergebnis in den 50 Bundesstaaten zwischen Republikanern und Demokraten ausfällt, der Sieger erhält in fast allen Staaten automatisch alle Wahlmännerstimmen, die dort vergeben werden – das "Winner takes all"-Prinzip. Sollte Trump viele der Swing States wieder verlieren, die er 2016 erobert hatte, und sollte das Ergebnis dadurch recht deutlich für Biden ausfallen – dann dürfte es auch für Trump kaum Möglichkeiten geben, es nachhaltig anzufechten. Auch weil diverse Republikaner ganz offensichtlich derzeit nur noch wegen seines früheren Erfolges zu ihm halten.

Der Druck dürfte zu groß werden. Proteste würde es zwar auch dann geben. Aber trotzdem: "Es wäre das beste Ergebnis", sagt US-Experte Hacke. "Denn Trump blieben kaum Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun."

Exkurs: Was würde aus einem Ex-Präsidenten Trump?

Das Übliche in der politischen Kultur der USA wäre: Er hält sich weitgehend mit politischen Kommentaren zur Tagespolitik zurück, schreibt ein Buch und gründet eine Stiftung. Im Moment ist nur schwer vorstellbar, dass Trump sich an diese Konventionen halten würde. "Trump dürfte ein ständiger Unruhefaktor bleiben", sagt Politikwissenschaftler Hacke. "Er weiß, dass er eine große Anhängerschaft hinter sich hat, die er mobilisieren kann." Trump könnte auf Twitter, aber auch in den einschlägigen Medien eine Gegenöffentlichkeit etablieren. Hacke glaubt: "Er hat Geschmack am politischen Kampf gefunden."

Szenario 3: Donald Trump verliert knapp

Es ist das Szenario, das vielen Amerikanern derzeit wohl die meisten Sorgen bereitet. Denn schon jetzt versucht der US-Präsident, Zweifel am Wahlausgang zu säen. Er raunt auf Twitter immer wieder von möglichem Wahlbetrug durch Briefwahl. Beobachter erwarten, dass im November wegen der Corona-Pandemie weniger Bürger zu den Wahllokalen gehen und stattdessen die Stimmabgabe aus der Ferne vorziehen. Traditionell profitieren die Demokraten eher von der Briefwahl.

Nicht auszuschließen ist, dass die Auszählung wegen der unterschiedlichen Regeln in den Bundesstaaten deshalb erheblich länger dauert. Trump könnte solche Verzögerungen zum Vorwand nehmen, das Argument vom angeblichen Betrug noch vehementer ins Feld zu führen, auch wenn Experten das System grundsätzlich für sicher halten. Aber was dann? Politikwissenschaftler Hacke hält in diesem Fall alles für möglich. Trump könnte in den wenigen Wochen, die er weiter im Amt bleibt, versuchen, die Briefwahlen untersuchen zu lassen, sagt er. Andere Befürchtungen gehen noch weiter: Was wenn er einfach nicht gehen will?

Zwar endet die Amtszeit des Präsidenten formal am 20. Januar um exakt 12 Uhr. Da spiele es auch keine Rolle, ob sich Trump im Weißen Haus einschließt, betont ein früherer Secret-Service-Agent im Magazin "The Atlantic". In den US-Medien wird sogar die Möglichkeit diskutiert, Trump könnte als Oberbefehlshaber Teile der Armee für seine Zwecke missbrauchen. Gleichwohl gilt es als unwahrscheinlich, dass die Streitkräfte einem solchen Befehl folgen würden.

Vieles wird bis zum Wahltag Spekulation bleiben. Aber US-Experte Hacke schwant nichts Gutes: "Trump dürfte rücksichtslos seine eigenen Anhänger mobilisieren. Und ich fürchte: Es könnte Zustände wie im Bürgerkrieg geben."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Politikwissenschaftler Christian Hacke
  • Eigene Recherchen
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