Aussage zur Ukraine-Affäre US-Diplomat belastet Trump schwer
Der US-Präsident gerät in der Ukraine-Affäre stärker unter Druck: Die Aussage eines hochrangigen US-Diplomaten belastet Trump schwer. Demnach soll er Militärhilfen zurückgehalten haben, um seinem Rivalen Biden zu schaden.
Der geschäftsführende US-Botschafter in Kiew hat mit einer Aussage zur Ukraine-Affäre den Vorwurf gestützt, dass Präsident Donald Trump die US-Politik gegenüber dem Land seinen parteipolitischen Interessen untergeordnet habe.
Bill Taylor sagte am Dienstag im Repräsentantenhaus in Washington, von anderen Diplomaten habe er erfahren, dass Trump Militärhilfe für die Ukraine von der dortigen öffentlichen Ankündigung von Ermittlungen mit direktem Bezug zu den US-Demokraten abhängig gemacht habe. Das geht aus dem Eingangsstatement Taylors bei der vertraulichen Anhörung am Mittwoch im Kongress hervor, das die "New York Times" und die "Washington Post" veröffentlichten.
Trump habe demnach ein öffentliches Statement des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj gewollt, dass Ermittlungen gegen die ukrainische Gasfirma Burisma sowie die vermeintlichen ukrainischen Einmischungen in den US-Wahlkampf 2016 eingeleitet würden, sagte Taylor in seinem schriftlich formulierten und von der "Washington Post" veröffentlichten Eingangsstatement in der Kongresskammer.
Für Burisma war früher der Sohn des US-Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden tätig. Trump verdächtigt Biden ohne Präsentation irgendwelcher Belege, in seinem früheren Amt als US-Vizepräsident seinen Sohn vor ukrainischen Korruptionsermittlungen geschützt zu haben. Außerdem hängt Trump einer – ebenfalls durch nichts belegten – Verschwörungstheorie an, dass die Ukraine zugunsten der US-Demokraten in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 eingegriffen habe.
Mit Spannung erwarteter Auftritt
Taylor berichtete nun in seiner Aussage hinter verschlossenen Türen, der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, habe ihm in einem Telefonat Anfang September gesagt, dass in den Beziehungen zur Ukraine "alles" von der öffentlichen Bekanntgabe der von Trump verlangten Ermittlungen abhänge, "die Sicherheitshilfe eingeschlossen". Laut Taylors Aussage wurde auch mit einer Einladung Selenskyjs ins Weiße Haus abgewartet, um den Ukrainer zu den Ermittlungen zu bewegen.
Taylor sagte im Rahmen der von den Demokraten geführten Untersuchung zu einem voraussichtlichen späteren Amtsenthebungsverfahren gegen Trump aus. In der vergangenen Wochen hatten mehrere frühere und aktuelle Regierungsbeamte und Diplomaten Trump ebenfalls belastet.
Doch insbesondere der Auftritt Taylors wurde mit Spannung erwartet. Denn bereits Anfang des Monats waren Textnachrichten öffentlich geworden, in denen Taylor es gegenüber Sondland "verrückt" nannte, die Militärhilfen mit der Gegenleistung einer "Hilfe bei einer politischen Kampagne" zu verknüpfen – damit war der US-Präsidentschaftswahlkampf gemeint.
Der Spitzendiplomat bekräftigte in seiner Aussage nun, dass er das Zurückhalten der Ukraine-Militärhilfe für "verrückt" gehalten habe.
Stabschef konterkarierte Trumps Beteuerungen
Trump bestreitet hingegen weiterhin hartnäckig, jemals politische Hebel gegen Selenskyj eingesetzt zu haben, um die gewünschten Ermittlungen gegen die Demokraten zu erwirken. Allerdings wurden diese Beteuerungen zuletzt bereits vom Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, konterkariert.
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Mulvaney räumte vergangene Woche vor laufenden Kameras ein, dass die Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von 391 Millionen Dollar, das sind umgerechnet rund 351 Millionen Euro, sehr wohl genau deshalb monatelang zurückgehalten worden waren, um Ermittlungen zur vermeintlichen ukrainischen Wahleinmischung zu erreichen. Wenige Stunden später musste Mulvaney seine Aussage zurücknehmen.
Demokraten werten Aussagen als schwer belastend für Trump
Die Demokraten bewerteten die jetzige Aussage Taylors als schwer belastend für Trump. Dadurch werde dokumentiert, dass der Präsident "ein anderes Land erpresst hat, um eine Wahl zu beeinflussen", erklärte die Oppositionspartei. Die Demokraten beschuldigen Trump, er habe sein Amt für den Versuch missbraucht, sich aus der Ukraine Wahlkampfmunition gegen Biden zu beschaffen. Der Ex-Vizepräsident gehört zu den Favoriten für die Kandidatur gegen Trump im kommenden Jahr.
Das Weiße Haus wies die neuen Anschuldigungen zurück und sprach von einer "koordinierten Schmutzkampagne". "Linksaußen-Abgeordnete" und "radikale, nicht gewählte Bürokraten" würden einen "Krieg gegen die Verfassung" führen, erklärte Sprecherin Stephanie Grisham. Trump habe sich nichts zuschulden kommen lassen.
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Donald Trump hatte die gegen ihn laufende Amtsenthebungsuntersuchung vor Taylors Aussage noch auf Twitter als "Lynchmord" angeprangert – und mit der Wortwahl Empörung ausgelöst. Auch Vertreter seiner Republikanischen Partei distanzierten sich am Dienstag davon. Denn das Wort "Lynchmord" wird mit den schlimmsten Auswüchsen des Rassismus in der US-Geschichte verbunden – mit von Weißen verübter grausiger Selbstjustiz gegen Schwarze. Trump zeigte sich in dem Tweet zuversichtlich, dass ihm ein Amtsenthebungsverfahren nicht schaden könne.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa
- Taylors Eingangsstatement bei der Washington Post (engl.)