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Donald Trump: Die Mauern des US-Präsidenten bröckeln und bröckeln


Meinung
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Post aus Washington
Die Mauer bröckelt

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 18.10.2019Lesedauer: 5 Min.
Donald Trump: Zeuge um Zeuge belastet ihn in der Ukraine-Affäre.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Zeuge um Zeuge belastet ihn in der Ukraine-Affäre. (Quelle: Alex Brandon/ap)
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Die Impeachment-Untersuchung hat Fahrt aufgenommen. Tag für Tag belasteten neue Zeugen Donald Trump und dessen Anwalt Rudy Giuliani. Ein Kellerraum im Kapitol rückt ins Zentrum der Ukraine-Affäre.

Einen schönen guten Tag aus Washington!

Ich habe die Stadtgrenzen in dieser Woche nicht verlassen und war doch in zwei völlig unterschiedlichen Welten unterwegs. In beiden dreht sich alles um die Frage: Wie steht es um Donald Trump, nachdem die Impeachment-Untersuchung richtig Fahrt aufgenommen hat?

Alles bestens – könnte man meinen, wenn man wie ich die letzten Tage im Weißen Haus verbracht hat und zudem etwas leichtgläubig ist.

Dienstagnachmittag, der letzte goldene Herbsttag vor einem großen Sturm, die Stuhlreihen im Rosengarten sind voll besetzt. Neben Donald Trump glänzt der Stanley Cup, um ihn herum steht die Mannschaft, die den Eishockeypokal vor ein paar Monaten gewonnen hat.

Eigentlich soll es um die Leistung der St. Louis Blues gehen, aber wenn Trump spricht, geht es natürlich erst einmal um … Trump. Handelsgespräche mit China? "Fantastisch!", Aktienmarkt?, "Steil nach oben!", Impeachment?, "Macht Euch keine Sorgen, Leute!" Später scherzt er lange mit einem Spieler, der einen Zahn verloren hat.

Donnerstagmittag, man kann es kaum glauben, gibt es eine Pressekonferenz im Presseraum des West Wing. Die waren ja eigentlich längst abgeschafft. Erstmals stellt sich Mick Mulvaney, seit Januar Trumps Stabschef, der Presse. Spontan, bekannt gegeben mit einem Vorlauf von 48 Minuten.

Mulvaney kommt auf die kleine Bühne, scherzt über Baseball und den irren Nachrichtenzyklus, wir lachen nur ein bisschen mit. Er plaudert, er plappert, und als es um die Ukraine-Affäre geht, verplappert er sich: Ja, bei der Entscheidung, Militärhilfe an die Ukraine zurückzuhalten, sei es auch darum gegangen, ob das Land wie von Trump gewünscht untersucht, was bei der US-Wahl 2016 passiert sei. Solchen politischen Einfluss gebe es immer, sagt uns Mulvaney: "Kommt mal drüber hinweg!"

Wir Journalisten schauen uns an. Mulvaney lacht die kommende Frage, ob er Druck auf die Ukraine ausgeübt habe, weg. Nächstes Thema.

Ob Mulvaney überhaupt merkt, was er da gerade gesagt hat? Er bestätigt den größten Vorwurf im Nebensatz: Dass die Ukraine zur Geisel genommen worden ist, um Trumps persönliches Interesse zu bedienen.

Spätabends nimmt das Weiße Haus zurück, was Mulvaney gesagt hat: Er sei da falsch interpretiert worden. Dabei haben wir im Presseraum und Millionen an den Fernsehschirmen es ganz genau gehört.

In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA unter Donald Trump. , der noch weitere Einblicke und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Drei Kilometer entfernt vom Weißen Haus liegt das wahre Zentrum der Ukraine-Affäre.

Wer vom Besucherzentrum des Kapitols eine großzügige Wendeltreppe zwei Stockwerke hinabsteigt, kommt an eine Flügeltür tief im Keller des US-Parlaments. Zwei Schilder künden vom Beginn eines Sperrgebiets. Denn hinter der Tür liegen die abhörsicheren Räume des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses. Hier werden in atemberaubendem Tempo und ausdauernden Sitzungen Zeugen vernommen und diese tun vor allem eins: Sie reden!

Dies ist der unscheinbare Ort, von dem aus die Affäre Tag für Tag befeuert wird.

Es ist die härteste Tür in Washington. Am Mittwoch posierten gar ein paar Republikaner beleidigt für ein Foto vor der Tür, weil sie nicht reinkamen. (Zutritt erhalten nur Mitglieder der drei mit der Impeachment-Untersuchung befassten Ausschüsse: jene für Geheimdienste, Auswärtiges und für Regierungskontrolle.) Davor sitzen Reporter auf Campingstühlen. Scheinwerfer leuchten, Mikrofone sind aufgebaut, für den Fall, dass mal jemand rauskommt und spricht.

Hinter der Tür passiert Erstaunliches. Obwohl Trump vergangene Woche jegliche Zusammenarbeit innerhalb der Untersuchung verweigerte, sagen nun Tag für Tag ehemalige und aktuelle Regierungsbeamte aus. Lange hat die Mauertaktik für das Weiße Haus hervorragend funktioniert. Doch schon jetzt ist klar, auch wenn die Regierung weiterhin viele Vorladungen und Anfragen abblockt: Die Mauer, die das Weiße Haus gezogen hat, bröckelt an vielen Stellen einfach weg.

Montag: Fiona Hill, Trumps frühere Chefberaterin für Russland-Fragen, sagt zehn Stunden aus. Sie berichtet davon, dass Trump seinen Privatanwalt Rudy Giuliani die Verantwortung für die Ukraine-Politik übertragen habe und die zuständigen Stellen umgangen worden seien. Hills Chef, der geschasste Sicherheitsberater John Bolton, soll dies mit einem krummen "Drogendeal" verglichen haben.

Dienstag: George Kent, Ukraine-Beauftragter im Außenministerium, widersetzt sich dem Weißen Haus, indem er zur Aussage erscheint. Er sagt, er habe sich darüber beschwert, dass Giuliani die US-Außenpolitik hintertreibe und habe als Antwort von der Führungsebene im Ministerium gehört, den Ball flach zu halten.

Mittwoch: Michael McKinley sagt aus, er sei von seinem Posten als Chefberater von Außenminister Mike Pompeo zurückgetreten aus Empörung über die Versuche, "von ausländischen Regierungen negative Informationen über politische Gegner beschaffen zu lassen".

Donnerstag: Der von Trump ernannte EU-Botschafter der USA, Gordon Sondland, widersetzt sich ebenfalls dem Weißen Haus, indem er zur Aussage erscheint. Er berichtet, Trump habe die Übertragung der Politik an Giuliani angeordnet. Sondland hat selbst eine zentrale Rolle bei der Druckausübung auf den ukrainischen Präsidenten gespielt.

Die Informationen, die nach außen dringen, stammen aus ihren schriftlichen Statements, die sie zu Beginn der Aussage abgeben, sowie aus Details der Befragungen, die Abgeordnete und Mitarbeiter durchstechen.

Die Namen der einzelnen Zeugen muss man sich nicht merken. Was zählt, ist die Botschaft, die sie stimmig vermitteln. Wir erleben ehemalige und aktuelle Regierungsbeamte, die über ein beispielloses Einspannen des diplomatischen Apparats für persönliche Zwecke Trumps berichten. Und die versuchen, eine Brandmauer zu ziehen zwischen sich und der Operation Trumps und Giulianis.

Vor drei Wochen habe ich in der Kolumne zum Beginn der Untersuchung dies geschrieben: "Der US-Präsident hat Amerikas Macht missbraucht, um sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. Das ist mittlerweile belegt. Eine ausländische Regierung soll helfen, seinen innenpolitischen Rivalen Joe Biden zu beschädigen. Weitere erhebliche Vorwürfe gibt es dazu, dass diese versuchte Einflussnahme seit Monaten andauert und dass das Weiße Haus diese vertuscht hat."

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Das bezog sich damals auf das veröffentlichte Protokoll des Telefonats Trump/Selenskyj sowie auf die Beschwerde des anonymen Whistleblowers.

Drei Wochen später sind das nicht mehr die Hauptbeweisstücke. Die Vorwürfe sind jetzt von zahlreichen Insidern belegt. Ihre Aussagen bestätigen eine Operation Trumps, die weit über ein Telefonat und den Umgang damit hinausreichen. Eine Schlüsselfigur ist Privatanwalt Giuliani, dessen Zuarbeiter in der Ukraine-Kampagne gerade festgenommen wurden.

Heute lautet der Befund: Der US-Präsident hat seinen persönlichen Anwalt damit beauftragt, die Macht des Präsidentenamtes und Geld des Staates zu missbrauchen, um der Ukraine ein Entgegenkommen abzupressen zugunsten der persönlichen Interessen Trumps. Leiten ließen sich die beiden von Verschwörungstheorien über die Präsidentschaftswahl 2016 sowie von ihrem Interesse, den innenpolitischen Rivalen Joe Biden zu schädigen.


Den Demokraten wird das reichen, um den Präsidenten in einem Amtsenthebungsverfahren anzuklagen. Die Frage lautet nur noch, wie tief sie im Kellerraum unter dem Kapitol noch graben wollen.

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