Nach Ukraine-Enthüllungen Trump will Informanten zur Rechenschaft ziehen
"Früher sind wir anders mit Spionage verfahren": Donald Trump verschärft den Ton in der Ukraine-Affäre und droht Mitarbeitern. Er wolle wissen, wer dem Whistleblower Informationen geliefert habe.
In der Ukraine-Affäre um möglichen Machtmissbrauch des US-Präsidenten will Donald Trump undichte Stellen im Weißen Haus finden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. "Ich will wissen, wer dem Whistleblower die Informationen gegeben hat", sagte Trump laut Berichten der "New York Times" und der "Los Angeles Times" am Donnerstag vor Mitarbeitern der US-Gesandtschaft bei den Vereinten Nationen in New York. Die "LA Times veröffentlichte auch einen Audio-Mitschnitt des Gesprächs.
"Sie wissen, was wir früher gemacht haben, als wir noch schlau waren, richtig?", fragte Trump. "Die Spione und Verrat, wir sind damit etwas anders umgegangen, als wir es heute tun." Das kann als Anspielung auf die Todesstrafe verstanden werden. Führende Demokraten warnten den US-Präsidenten davor, den Informanten oder andere Zeugen zu drangsalieren.
Trump: "Whistleblower hat das Telefonat nicht mitgehört"
Wie eine mit dem Statement vertraute Person der "New York Times" sagte, seien die Zuhörer erstaunt gewesen. Trump habe erneut den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen Sohn Hunter angegriffen. Die Medien bezeichnete er als "unehrlich", weil sie über die aufsehenerregende Beschwerde des Hinweisgebers berichteten. Der Mann oder die Frau habe zudem niemals das Telefonat zwischen ihm, Trump, und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj mitgehört.
Nach Medieninformationen handelt es sich bei dem Hinweisgeber um einen CIA-Mitarbeiter, der zeitweilig im Weißen Haus eingesetzt war. Der erst kürzlich von Trump eingesetzte Koordinator der US-Geheimdienste, Joseph Maguire, verteidigte den Hinweisgeber bei einer Anhörung im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Der Whistleblower habe "das Richtige getan", seiner Überzeugung nach "durchweg in gutem Glauben" gehandelt und stets die Gesetze befolgt, sagte Maguire. "Ich glaube, dass alles in dieser Angelegenheit beispiellos ist."
Pelosi wirft dem Weißen Haus Vertuschung vor
Trotz der gewaltigen Aufmerksamkeit ist der exakte Ablauf des Telefonats, das im Zentrum der Affäre steht, noch immer nicht zweifelsfrei geklärt. Eine am Mittwoch vom Weißen Haus veröffentlichte Niederschrift gibt die Unterredung zwischen Trump und Selenskyj nicht wörtlich wieder. Es steht im Raum, dass das Weiße Haus im Nachgang versuchte, die Inhalte des Gesprächs zu vertuschen. Auch diese Version zeigt aber: Trump ermunterte seinen ukrainischen Kollegen zu Ermittlungen, die seinem Rivalen Joe Biden schaden könnten.
Dabei geht es um frühere Geschäfte von Bidens Sohn Hunter in der Ukraine und angebliche Bemühungen des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers, seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. In der Ukraine wurden dafür allerdings keinerlei Belege gefunden. Biden liegt im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2020 vorne.
Die Handlungen Trumps hätten den Demokraten keine andere Wahl gelassen, als Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi. "Das ist nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen." Sie betonte, der Ausgang der Untersuchungen sei offen. Man sei auch offen für entlastende Fakten, sollte es diese geben. Pelosi warf dem Weißen Haus Vertuschung vor und beschuldigte Trump, im Telefonat mit Selenskyj gegen seinen Amtseid verstoßen zu haben.
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Für das von den Demokraten angestrebte Amtsenthebungsverfahren gibt es keinen genauen Zeitplan. Nach Untersuchungen und der Identifizierung von Anklagepunkten gegen Trump könnten sie ein sogenanntes Impeachment mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus anstrengen. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung fiele aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Aussichten auf Erfolg eines solchen Verfahrens sind daher gering. Bisher wurde noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben.
- mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- LA Times: Audio-Mitschnitt des Gesprächs
- Bericht in der "Los Angeles Times"
- Bericht in der "New York Times"