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Missbrauchsfall Jeffrey Epstein: Eine Belastung für die Trump-Regierung


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Anklage gegen Epstein
Dieser Missbrauchsfall belastet die Trump-Regierung

Von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 09.07.2019Lesedauer: 4 Min.
Jeffrey Epstein beim Prozess im Jahr 2008: Damals kam er glimpflich davon.Vergrößern des Bildes
Jeffrey Epstein beim Prozess im Jahr 2008: Damals kam er glimpflich davon. (Quelle: Uma Sanghvi/Palm Beach Post/ap)

Es geht um Sex, Pädophilie und die Frage, was sich die Mächtigen erlauben können: Der US-Milliardär Jeffrey Epstein sitzt hinter Gittern – sein Fall könnte der US-Regierung Probleme machen.

Selbst in einer Wohngegend voller Millionäre und Milliardäre sticht sein Anwesen heraus. In einer engen Straße in Manhattans Upper Eastside ragt die schwere Haustür aus Eiche viereinhalb Meter in die Höhe, der Einlass zur Villa mit sieben Stockwerken, ein paar Schritte vom Central Park entfernt. Neben der unübersehbaren Eichentür nur zwei Buchstaben: JE.

Jeffrey Epstein ist jemand, der sich um das Geld von Milliardären kümmert und darüber selbst ultrareich wurde. Er besitzt eine Villa in Florida, eine Ranch in New Mexico, eine Wohnung in Paris, zwei Privatjets, eine Insel der Jungferninseln. Epstein war mit mächtigen Männern verbandelt wie Bill Clinton, Donald Trump oder dem britischen Prinzen Andrew.

Jetzt sitzt JE im Gefängnis, und FBI-Ermittler hebelten die markante Eichentür am Wochenende auf – auf der Suche nach Beweisen.

Der 66-jährige Hedgefonds-Manager soll dutzendfach Sex mit Mädchen gehabt und ein System aufgebaut haben, das für ständigen Nachschub an Minderjährigen sorgte. Die Tatzeit liegt schon lange zurück – und es sieht so aus, als ob seine mächtigen Verbindungen Epstein sehr lange sehr gut geschützt haben.

Trump: Viele der Mädchen "sind jünger"

Denn Epsteins Gebaren waren offenbar in den Kreisen, in denen er verkehrte, bekannt und berüchtigt. Doch der Milliardär mit den exzellenten Verbindungen kam stets glimpflich davon. Schon Donald Trump gab im Jahr 2002 zu Protokoll: Epstein sei ein toller Typ, den er seit 15 Jahren kenne. "Mit ihm hat man Spaß", sagte Trump damals. "Es heißt sogar, dass er schöne Frauen so sehr wie ich mag und dass viele von ihnen jünger sind."

Die Geschichte Jeffrey Epsteins ist eine über Macht und über den Schutz, den Reichtum und beste Verbindungen gewähren.

Denn Epstein konnte selbst eine drohende schwere Verurteilung in der Sache im Jahr 2008 abwenden. Damals bekam er einen wundersam milden Deal von einem Staatsanwalt angeboten – ein Deal, der jetzt erneut untersucht wird und der die Trump-Regierung belastet.

Ein Schneeballsystem für minderjährige Mädchen

Die neue Anklage bezieht sich auf die Jahre 2002 bis 2005. Epstein soll damals in New York und Florida einen illegalen Sexhandelsring aufgebaut haben. Einige der Mädchen seien erst 14 Jahre alt gewesen. Laut der Anklage soll Epstein gezielt Mädchen aus armen Verhältnissen angeworben, sie in seine Villa in Manhattan gelockt und ihnen dann mehrere Hundert Dollar für Massagen und sexuelle Handlungen gezahlt haben.

Mehr noch: Epstein soll ein Schneeballsystem für seine Opfer eingesetzt haben. Dieselben Summen winkten auch jenen Mädchen, die ihm wiederum neue Mädchen zuführten. So habe es einen steten Strom an neuen Minderjährigen gegeben.

In der neuen Anklageschrift beruft man sich auf die Aussage von drei Frauen, die damals minderjährig waren. Ermittler fanden bei ihrer Razzia in Epsteins Villa zudem offenbar Hunderte kinderpornografische Darstellungen. Als der Staatsanwalt am Montag in New York vor die Kameras trat, rief er weitere mögliche Opfer auf, sich beim FBI zu melden. Der Fall genieße höchste Priorität. Epstein plädierte in einer ersten Anhörung auf "nicht schuldig".

Warum wurden Ermittlungen abgewürgt?

Die Vorwürfe gleichen jenen, die zum Verfahren 2008 in Florida geführt hatten. Damals gab es eine 53-seitige Anklageschrift wegen Sex mit Mädchen im Alter von 13 bis 16. Die Ermittler in Florida identifizierten drei Dutzend Opfer, das FBI ermittelte weitere Täter. Denn mehrere Mädchen hatten angegeben, dass Epstein sie dazu gezwungen haben soll, mit seinen Bekannten Sex zu haben.

Doch der damalige Bundesstaatsanwalt für Miami würgte die Ermittlungen ab und ging, ohne wie vorgeschrieben die Opfer zu informieren, einen Deal mit Epstein ein. Er ließ die schwerwiegenden Anklagepunkte nach Bundesrecht außen vor. Epstein bekannte sich im Gegenzug schuldig zu den minderschweren Anklagepunkten nach Einzelstaatsrecht.

Der Unterschied ist bedeutend, denn: Unter den anderen Anklagepunkten hätte Epstein eine lebenslange Haftstrafe gedroht. Nach dem Deal bekam er lediglich 13 Monate Haft – und diese mit erstaunlichen Privilegien. So durfte der gut verdrahtete Häftling an sechs von sieben Tagen die Haftanstalt verlassen, um seiner Arbeit nachzugehen. Ein persönlicher Fahrer holte ihn ab und fuhr ihn täglich in ein naheliegendes Büro.

Der Mann, der Epstein diesen sensationellen Deal anbot, hieß Alexander Acosta – er ist seit 2017 Arbeitsminister im Kabinett Trump. Damit hat der Fall auch das Weiße Haus erreicht.

"Perversion der Justiz"

Trump selbst, der damals mit Epstein verkehrte, sagte jetzt auf eine Frage nach den Nachrichten, er wisse davon "überhaupt nichts". Ex-Präsident Clinton teilte am Montag mit, er habe Epsteins Privatjet für vier Reisen benutzt, die im Zusammenhang mit der Arbeit für seine Stiftung gestanden hätten in den Jahren 2002 und 2003. Die Villa in New York habe er nur einmal in Begleitung von Mitarbeiter und Bodyguard betreten. Beide haben dem Kontakt mit Epstein nach dessen erster Verurteilung abgeschworen, doch in den Jahren, in denen die Anklage spielt, hatten sie wiederholt Umgang miteinander.


Neu aufgerollt hatten den Fall Recherchen des "Miami Herald". Eine Reporterin legte dar, wie parteiisch Acosta damals agierte, und sprach mit zahlreichen der mutmaßlichen Opfer Epsteins. Die Berichte unter der Überschrift "Eine Perversion der Justiz" aus dem November 2018 sorgten dafür, dass das Justizministerium Acostas Handlungen untersuchen wollte – und für die Aufnahme der Ermittlungen in New York, die Epstein nun ins Gefängnis brachte.

Der 66-Jährige wurde festgenommen, als er mit seinem Privatjet aus Paris einreiste. Eine Kaution durfte er nicht hinterlegen. Die Fluchtgefahr, so der Staatsanwalt, sei hoch.

Verwendete Quellen
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