Trumps Zollankündigung Bedrohen deutsche Autos wirklich die US-Bürger?
US-Strafzölle auf Autos aus Europa werden offenbar immer wahrscheinlicher. Washington begründet sie mit einer Bedrohung der nationalen Sicherheit. Was steckt dahinter?
Was planen die USA?
Das US-Handelsministerium ist offenbar entschlossen, Autoimporte aus Europa als Bedrohung für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten einzustufen. Wie mehrere Medien meldeten, kommt das Ministerium in einem Bericht an das Weiße Haus zu diesem Schluss. Am Sonntag lief eine Frist für die Vorlage des Berichts ab. Bis Montag gab es jedoch noch keine Veröffentlichung. Wie das "Handelsblatt" berichtet, liegt der Bericht dem Weißen Haus allerdings seit einigen Tagen vor.
Worauf zielen die USA ab?
Offiziell hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump schon die Verhängung der Strafzölle auf Einfuhren von Stahl und Aluminium im vergangenen Jahr mit nationalen Sicherheitsbedenken begründet. Grundlage dieses Vorgehens ist ein in den vergangenen Jahrzehnten selten angewendeter Paragraf von 1962 aus dem US-Handelsrecht. Er soll die Vereinigten Staaten gegen übermäßige Abhängigkeit von einzelnen Importwaren schützen, die im Fall von Stahl und Aluminium auch für die einheimische Rüstungsproduktion essentiell sind.
Eigentliches Ziel der Trumpschen Zolldrohung aber ist es, das enorme Handelsdefizit der USA zu verringern. Der US-Präsident will mehr Produkte im eigenen Land fertigen lassen und neue Jobs schaffen. Außerdem wirft er den Europäern vor, eigene Handelsschranken aufzubauen, nicht zuletzt durch Datenschutz. Dies ist vor allem für große und mächtige US-Internetunternehmen wie Google oder Facebook ein Thema. Der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, verteidigte die Zolldrohung. "Die Europäer sind überhaupt nur bereit, mit uns zu verhandeln, weil Autozölle drohen", sagte Sondland der "Wirtschaftswoche". "Bei diesen Themen geht es um viel Geld. Es sieht so aus, als ob nur Druckmittel funktionieren."
Um Zölle in welcher Größenordnung geht es und wie hart träfe das die deutsche Autoindustrie?
In den vergangenen Monaten war immer wieder über Sonderzölle auf europäische Autos im Umfang von 25 Prozent spekuliert worden. Trump hat nach Vorlage des Berichts aus dem Handelsministerium 90 Tage Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen. Er könnte der Empfehlung folgen, ist allerdings nicht an sie gebunden.
Deutsche Autobauer wären von den Strafzöllen besonders betroffen. Etwa 60 Prozent des Schadens für die Wirtschaftskraft entfiele nach Berechnungen des Ifo-Instituts auf die Bundesrepublik. Deutsche Autoexporte in die USA könnten sich langfristig fast halbieren. Damit sei ein Rückgang der Ausfuhren weltweit um 7,7 Prozent zu befürchten, was einem Wert von 18,4 Milliarden Euro entspräche, so das Ifo.
Bedrohen deutsche Autos wirklich US-Sicherheitsinteressen?
Natürlich nicht. Ganz im Gegenteil: Deutsche Autobauer werden als Arbeitgeber in den USA immer wichtiger. Inzwischen beschäftigen sie mehr als 100.000 Mitarbeiter. Das Gros der deutschen Autos auf amerikanischen Straßen ist "Made in USA". Deshalb warnt die deutsche Autoindustrie vor Abschottung und verweist auf die Bedeutung der deutschen Autobranche für den US-Arbeitsmarkt. "2018 waren rund 118.000 Mitarbeiter in ihren Werken direkt beschäftigt, rund 8.000 mehr als ein Jahr zuvor", heißt es vom Verband der Automobilindustrie (VDA). "Während wir 2018 rund 750.000 Fahrzeuge in den deutschen US-Werken produziert haben, wurden nur 470.000 Neuwagen aus Deutschland in die USA exportiert."
In den vergangenen Jahren seien 300 neue Werke geschaffen worden sowie die duale Ausbildung für qualifizierte Arbeitskräfte eingeführt worden, so der VDA weiter. "Das alles stärkt die USA und ist kein Sicherheitsproblem."
Wie reagieren Bundesregierung und EU?
Berlin geht davon aus, dass sich die US-Regierung bereits für die Verhängung von Zöllen entschieden hat. Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich angesichts dieser Entwicklung am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz erschrocken. Sie verstehe nicht, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten, sagte die CDU-Politikerin. "Diese Autos werden gebaut in den Vereinigten Staaten von Amerika." Im US-Bundesstaat South Carolina befinde sich das größte BMW-Werk. "Nicht in Bayern, in South Carolina", betonte sie. "Ich glaube, es wäre gut, wir kommen in gute Gespräche miteinander."
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Die EU hatte bereits angekündigt, dass sie auf neue US-Zölle mit Vergeltungszöllen reagieren würde. Der Umfang würde sich nach den entstehenden Schäden richten und im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO berechnet werden, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström der Deutschen Presse-Agentur. Denkbar ist demnach, dass im ersten Schritt Ausgleichszölle auf US-Waren im Wert von rund 20 Milliarden Euro verhängt würden. Die EU-Kommission schätzt den Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP
- Wissenschaftlicher Dienst des US-Kongresses: Section 232 Investigations