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Wie einst Obama: Beto O'Rourke aus Texas ist der neue Held der Demokraten


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Neuer Demokraten-Held aus Texas
Da hilft nur noch Beto

Aus Texas berichtet Fabian Reinbold

26.10.2018Lesedauer: 5 Min.
Beto O'Rourke bei einem Wahlkampfauftritt in Austin: Der texanische Kandidat für einen Sitz im US-Senat ist der neue Hoffnungsträger der Demokraten.Vergrößern des Bildes
Beto O'Rourke bei einem Wahlkampfauftritt in Austin: Der texanische Kandidat für einen Sitz im US-Senat ist der neue Hoffnungsträger der Demokraten. (Quelle: Amanda Voisard/dpa)
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Er bricht Spendenrekorde und womöglich die Vorherrschaft der Republikaner im konservativen Texas. Beto O'Rourke ist der neue Liebling der Demokraten – und gilt schon als Herausforderer von Donald Trump.

Der Mann, den sie den neuen Obama nennen, kommt um halb neun auf die Bühne gerannt. Eigentlich findet in der "Cowboys Dancehall" in San Antonio gerade ein Konzert statt. Headliner ist eine berühmte TexMex-Band, doch der wahre Höhepunkt ist er, ein Politiker, oder genauer gesagt: Amerikas neuester Politikrockstar. Beto O'Rourke.

O'Rourke tänzelt und wippt auf der Bühne, fuchtelt ohne Unterlass mit den Armen, ruft im perfekten Spanisch, dass niemand eine Grenzmauer zu Mexiko gebrauchen könne. Schnell wird der 46-Jährige grundsätzlich. Er wolle ein Land, das sich nicht von Angst leiten lasse, sondern von Ambitionen und Träumen. Ein Land, in dem es vorbei sei mit der aktuellen Kleinkariertheit im Weißen Haus. Ohrenbetäubender Jubel.

Von den zwei Autobahnen, zwischen denen die Halle eingepfercht ist, ist nichts mehr zu hören. O'Rourke ist heiser, er schwitzt, er schaltet jetzt noch einen Gang höher: Seine Kandidatur sei nicht nur irgendeine Wahl. Seinen Anhängern ruft er entgegen: "Tut alles, was ihr könnt, für die Wahl unseres Lebens!"

Seine Kandidatur ist eine Sensation

Beto O'Rourke ist Demokrat in Texas. Er will für seine Partei erstmals seit 30 Jahren im knochenkonservativen Südstaat wieder einen Senatssitz gewinnen. Doch bei O'Rourke geht es längst um viel mehr: Die Art seiner Kandidatur hat landesweit für Aufsehen gesorgt. Kein Kandidat hat in den USA mehr Spenden gesammelt. Er wird mit Barack Obama verglichen und gilt plötzlich als Mann für die größten Ämter im Land, nämlich als Herausforderer für Donald Trump im Jahr 2020.

Wie kam es so weit? Der Hype um Beto, wie ihn seine Anhänger nennen, verrät viel über die Sehnsucht vieler Millionen Demokraten nach zwei für sie traumatischen Jahren Donald Trump.

55.000 Menschen sind neulich zu einem Konzert in Austin gekommen, wo der Countrysänger Willie Nelson für O'Rourke spielte. Auch die kleinere "Cowboys Dancehall" ist an diesem Dienstagabend rappelvoll. Michael Munoz, ein 29-Jähriger mit Schnurrbart, sitzt auf dem Barhocker. "Beto inspiriert mich einfach", sagt er. Zuvor hat er sich für Wahlen nicht sonderlich interessiert. "Aber jetzt ist unser Land so gespalten. Bei unseren Präsidenten wechseln wir von einem Extrem ins nächste, es braucht jetzt jemanden wie Beto, der in der Mitte steht."

Trump schaltet sich ein

O'Rourkes Kernbotschaft: Wir alle gehören zusammen. Und nichts hören seine Anhänger lieber als das. O'Rourke bekommt besonders lauten Jubel, wenn er die Diversität lobt, das Zusammenleben Menschen unterschiedlichster Herkunft und sexueller Orientierung. Das ist politisches Programm, sein Kontrast zu Trump, dem zu Mexikanern und anderen Ausländern vor allem Kriminalität und eine Grenzmauer einfallen.

Seine Fans verehren ihn dafür. 38 Millionen Dollar flossen in den vergangenen drei Monaten aus dem ganzen Land in seine Wahlkampfkasse.

Das machte beim Gegner so viel Eindruck, dass Trump selbst am vergangenen Montag nach Texas und seinen Parteifreund und Erzfeind Ted Cruz unterstützten musste. Dabei holzte der Präsident immer wieder gegen O'Rourke, als sei dieser ein linker Spinner. Cruz liegt in den Umfragen vor dem Demokraten, im Durchschnitt zuletzt mit sieben Prozentpunkten. Damit schlägt sich O'Rourke zwar viel besser als seine demokratischen Vorgänger, nur würde es nicht reichen.

"Beto"? Die Republikaner spotten

O'Rourke setzt auf eine bislang ungeahnte Wahlbeteiligung unter Jungwählern und Latinos. Letztere machen in Texas bereits 40 Prozent der Bewohner aus. Aber viele von ihnen beteiligen sich bisher nicht an Wahlen.

Die Republikaner spotten darüber, dass sich O'Rourke den Latinos anbiedere. Sie machen sich über seinen Rufnamen "Beto" lustig, die spanische Kurzform von Robert, die er seit Kindheitstagen trägt. Der Kandidat, mit bürgerlichem Namen Robert Francis O'Rourke, ist irischstämmig, aber im Süden von Texas verwischen die Grenzen seit langem.

Und seine Anhänger lieben ihn für jeden Satz auf Spanisch. "Wir brauchen diesen Respekt", sagt etwa Monica Solis, "sonst kommen wir im Land nicht voran." Die 28-Jährige ist die Verwerfungen Leid. "Diese ganzen Auseinandersetzungen in den Familien oder in Diskussionen auf Facebook führen doch zu nichts", sagt sie. O'Rourke sei der Mann, der das "Wir gegen die" aufbrechen könne.

Die Sozialarbeiterin aus San Antonio weiß allerdings, dass das mit der Wahlbeteiligung unter Latinos nicht einfach werde. "Manche sind apathisch, registrieren sich nicht einmal", sagt sie. "Aber Beto tut alles, um sie aufzurütteln."

Tatsächlich macht O'Rourke einen nimmermüden Wahlkampf. Tag für Tag legt er vier, fünf, sechs Auftritte hin, zwischendurch streamt er bei Facebook live von unterwegs. Er hat alle 254 Bezirke des riesigen Bundesstaats besucht, der knapp zwei Mal so groß ist wie Deutschland.

Viele erinnert er an Obama

Beobachter und Demokraten fühlen sich an den Wahlkampf Obamas erinnert. Auch O'Rourke tritt stehts ohne Jackett auf, im engen Hemd. Auch er ist 46, so jung wie Obama, als der seinen ersten Präsidentschaftswahlkampf startete. Und tatsächlich wirkt O'Rourke auf der Bühne durch Statur und Energie ein bisschen wie Obama. Auch wenn er kein brillanter Redner wie der Ex-Präsident ist.

Aber seine Botschaft ist ebenfalls eine der Hoffnung.

Eine Hoffnung darauf, dass die Gemeinsamkeiten wieder zählen können. Zugleich bezieht er klare Positionen bei linken Herzensthemen wie Migranten, Homosexuellen- und Transgenderrechten, Waffenkontrolle. Das spricht die Sehnsüchte der linken Wählerbasis nach zwei Jahren Trump direkt an.

Deshalb ist er bei ihnen bereits ein Held, egal wie die Wahl ausgeht. Doch um sie zu gewinnen, braucht er neben Latinos noch Stimmen in der Mitte. Und die wohnen in den Vorstädten.

Wahlkampf im Vorort, wo die Mitte wohnt

Sugar Land ist so ein Ort, ein schicker Vorort Houstons, mit großen Häusern und frisch asphaltierten Straßen. O'Rourke spricht am Sonntagabend im Ballsaal des "Marriott"-Hotels am Stadtplatz. Auch hier lebt der Hype.

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Auf der Bühne schmettert ein Mann mit Gitarre ein Lied, das er eigens für den Kandidaten geschrieben hat. Der Refrain geht so: "Wir Texaner sind stolz, wir Texaner sind laut, und das ist unsere Botschaft: Wir setzen auf Beto, wir wählen Beto, er wird uns den Weg zeigen."

Wohin der Weg geht? Für Teresa Pinyon ist das Wichtigste, dass O'Rourke sich um die Bürger kümmert. Das sei bei ihrer alten Partei, den Republikanern, nicht mehr der Fall. Pinyon ist Beto-Anhängerin der ersten Stunde und etwas stolz darauf, dass sie ihn noch bei kleinen Veranstaltungen vor dem Hype unterstützt hat. Zur aktuellen Politik in Washington befragt, zeigt sie ihren Handybildschirm. Dort stehen, durch Verzierungen etwas verdeckt, zwei Worte: Fuck Trump.

Auch die 53-Jährige fühlt sich an früher erinnert. "Als ich Obama das erste Mal sah, hatte ich gleich das Gefühl, er kann Präsident werden." Jetzt gehe es ihr ähnlich.

Auf der Bühne fährt O'Rourke eine Strategie der Überparteilichkeit. "Hier seid ihr richtig, wenn ihr Republikaner seid. Aber hier seid ihr auch richtig, wenn ihr Demokraten seid", lauter Jubel. Doch wie gut seine klar linken Politikvorschläge wie Marihuana-Freigabe oder zu Rechten von Transgendern in der texanischen Mitte ankommen, ist mehr als fraglich. Texas verändert sich, aber nicht so rasant, wie es seinen Anhängern lieb wäre.

Auch Teresa Pinyon kennt die aktuellen Umfragen. Wenn es nicht reichen sollte, sei das gar nicht so schlimm, sagt sie. Sie denkt schon, wie auch viele Politikbeobachter, an die Zukunft. "Egal ob er jetzt gewinnt oder verliert, Beto wird auf der Bühne bleiben. Ich kann mir niemand Besseres vorstellen, um Trump im Jahr 2020 herauszufordern."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen in Houston und San Antonio
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