Wilder Auftritt in New York 83 Minuten in Trumps Welt
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Pressekonferenzen mit Donald Trump sind selten. Vor der Weltpresse bei den UN genießt der US-Präsident die globale Aufmerksamkeit – und lässt dabei tief blicken.
Es begann mit diesem Satz: "Nun ein paar Fragen, wir haben reichlich Zeit." Damit eröffnete Donald Trump im Ballsaal des Palace-Hotels in Manhattan eine seltene Pressekonferenz, die tiefe Einblicke in sein Denken offenbarte.
Üblicherweise beantwortet Trump Fragen von Journalisten nur im Vorbeigehen. Oder er gibt auf Staatsbesuchen durchchoreografierte kurze Pressestatements mit einem ausländischen Staats- und Regierungschef. Sein Auftritt in New York am Mittwochabend war erst das fünfte Mal, dass Trump alleine und über einen längeren Zeitraum hinweg Fragen von Journalisten beantwortete.
Die Einladung vom Weißen Haus landete erst am Vorabend in den Postfächern der Korrespondenten. Es war in einer streng durchgeplanten Woche der UN-Vollversammlung also eine relativ spontane Entscheidung, die Veranstaltung abzuhalten. Vielleicht wollte sich der US-Präsident nach den Tagen der diplomatischen Zwänge die Dinge mal wieder etwas freier von der Seele reden.
Zahlreiche Unwahrheiten, Eingeständnisse, Informationen
Denn genau das tat er, ob beabsichtigt oder nicht. Die 83 Minuten vor der versammelten Weltpresse ermöglichten einen tiefen Blick in Trumps Verfasstheit. Sie lieferten im Stakkato zahlreiche Unwahrheiten, Eingeständnisse und auch viele Informationen, die als Eilmeldungen um die Welt gingen.
Der Präsident sprach über viele Themen (hier finden Sie den Nachrichtenüberblick), und dabei wurde klar, wie er über die aktuellen Großthemen denkt und wie sehr er sich dabei von seinem Ego leiten lässt.
Trump drohte Kanada mit Autozöllen, Trump sagte, Trump habe einen Krieg mit Nordkorea verhindert, Trump behauptete, dass es wegen Trump überall im Iran Aufstände gegen die Regierung gebe. Trump, Trump, Trump.
Dass der US-Präsident sich um sich selbst dreht, ist keine Neuigkeit. Nur bekam man sie selten so plastisch serviert wie auf dieser Pressekonferenz.
Am Ende verglich er seinen Auftritt mit einem Konzert Elton Johns – was passender war, als man denken könnte, schließlich drehte Trump wie ein Entertainer auf.
Er verglich sich mit seinem Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden. Trump räumte freimütig ein, dass er den Fall durch die Brille seiner eigenen Erfahrungen betrachte. Auch Trump ist wiederholt sexuelle Belästigung vorgeworfen worden.
"Ich werde das gucken", sagte er zur mit Spannung erwarteten Senatsanhörung Kavanaughs und einer der Frauen, die Anschuldigungen erhebt. Wenn diese am Donnerstag beginnt, wird Trump auf dem Rückflug nach Washington sein.
Er gab an, dass er noch nicht genau wisse, ob er Vize-Justizminister Rod Rosenstein entlassen solle oder nicht. Er wolle nicht, dass die Rosenstein-Causa die Supreme-Court-Nominierung überschatte, sagte er wie ein Fernsehboss, der die Sendeplätze zweier Quotenbringer auseinanderhalten will.
Trumps Hassliebe zu den Medien wird deutlich
Und schließlich zeigte der Auftritt seine Leidenschaft für die Medien, die er zwar immer wieder heftig als "Volksfeinde" beschimpft, aber doch intensiv verfolgt. Er bezeichnete die "New York Times", die er sonst öffentlich immer als "scheiternd" schimpft, erst als "die Zeitung, die ich einst liebte", später sprach er davon, dass er sie immer noch liebe.
Tatsächlich ist es in den Politikkreisen New Yorks und Washingtons ein offenes Geheimnis, dass Trump immer wieder Reporter der "New York Times" selbst anruft, um Geschichten durchzustechen.
Diese Hassliebe zeigte sich auch im Umgang mit anderen Journalisten. "Setzen Sie sich hin", herrschte er eine Reporterin an. "Soll sie noch eine Frage stellen?", fragte er den Saal voller Journalisten, als eine Korrespondentin des Fernsehsenders NBC eine Nachfrage stellen wollte. Eine andere Reporterin rief er auf, "weil sie immer so schön nickt bei meinen schlauen Aussagen."
"Ich könnte das hier den ganzen Tag lang tun."
Einem Journalisten aus den kurdischen Gebieten attestierte er erst, dass die Kurden ein großartiges Volk seien, dann rief er den Mann als "Herr Kurde" auf, damit dieser seine Frage stellen solle. Nach einer Stunde platzte es aus Trump hinaus: "Ich könnte das hier den ganzen Tag lang tun."
Trumps Neigung, die Welt durch eine ganz bestimmte Brille zu sehen sowie sein Wunsch, dem Publikum und den Medien zu gefallen, trafen zusammen, als er von einer amerikanischen Journalistin nach den Lachern vom Dienstag gefragt wurde.
- Kavanaugh, Rosenstein und Nordkorea: Trumps wichtigste Aussagen der Pressekonferenz
Es ging um die Szene, als Trump sich vor der UN-Vollversammlung eifrig selbst lobte. Trump hatte behauptet, dass seine Administration bereits mehr als so gut wie alle anderen US-Regierungen bewegt habe.
"Das waren Fake News", behauptete Trump nun wie aus der Pistole geschossen. Die Szene sei einfach in den Medien falsch dargestellt worden. Dabei ist das anfängliche Lachen über Trumps Selbstlob aus dem Plenum gut dokumentiert. "Sie haben nicht über mich gelacht. Sie haben mit mir gelacht", erklärte Trump. "Sie hatten eine gute Zeit mit mir."
- Beobachtungen vor Ort