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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Harte Kritik aus den USA "Warum ist er überhaupt amerikanischer Botschafter?"
Der neue US-Botschafter in Deutschland ruft mit politischen Äußerungen heftige Kritik hervor – auch in seinem Heimatland. Ein Senator sieht sich in seinen Befürchtungen bestätigt.
Es ist ein grober Verstoß gegen diplomatische Gepflogenheiten: In einem Interview mit der rechten Nachrichtenseite "Breitbart" hat sich der neue US-Botschafter in Deutschland dazu bekannt, "konservative" Kräfte in Europa fördern zu wollen. Die Überschrift hieß zunächst: "Anti-Establishment-Konservative" – und wurde dann nach dem Eklat in der deutschen Öffentlichkeit still in "Konservative" geändert.
Nun schlägt Richard Grenell nach seinen Äußerungen auch heftige Kritik in seinem Heimatland entgegen. Der demokratische US-Senator Chris Murphy hatte bereits vor Grenells Ernennung an dessen Eignung gezweifelt – und sieht sich nun bestätigt.
"Als ich gegenüber Grenell Bedenken geäußert habe, er würde seinen Posten politisieren, hat er mir persönlich versichert, er würde sich aus der Politik heraushalten. Dieses Interview ist furchtbar – Botschafter sind nicht dafür da, politische Parteien in Übersee zu fördern", schrieb Murphy auf Twitter.
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Vor Grenells Ernennung zum Botschafter hatte es zwischen Republikanern und Demokraten heftige Kontroversen um den Posten gegeben. Viele Senatoren befürchteten, Grenell sei als politischer Hardliner nicht als US-Botschafter geeignet. Unter anderem wurden einige seiner Äußerungen als frauenfeindlich kritisiert.
Die Tageszeitung "Washington Post" geht allerdings nach Grenells aktuellen Interview-Aussagen noch weiter als Senator Murphy. "Falls Grenell nach Deutschland geschickt wurde, um Merkels Koalition zu destabilisieren, dann kann man ihm zugute halten: Vielleicht ist das jetzt US-Politik, er führt sie nur aus", schreibt die mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Journalistin Anne Applebaum in ihrem Kommentar.
"Falls Grenell nach Deutschland geschickt wurde, um die Atlantische Allianz zu destabilisieren, macht er das auch gut (...)." Es stellten sich allerdings die Fragen, warum ein amerikanischer Botschafter "Breitbart" ein Interview gebe. Warum er sich in Parteipolitik einmische. Und, so schließt Applebaum: "Eigentlich, warum ist er überhaupt amerikanischer Botschafter?"
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Der profilierte Sicherheitsanalytiker und ehemalige NSA-Mitarbeiter mit Schwerpunkt Osteuropa John Schindler will Grenell offenbar kaum noch den Titel des Botschafters zugestehen – und setzt ihn in Anführungszeichen. Die EU solle den "Botschafter" aufmerksam beobachten: "Er bekennt, dass er versucht, eure Regierungen zu untergraben."
Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen regelt, dass Botschafter sich nicht in die inneren Angelegenheiten ihrer Gaststaaten einmischen dürfen. Grenells Kommentare werden von Kritikern als Verstoß dagegen gewertet. Das Auswärtige Amt erklärte, Grenell müsse sich bald dazu äußern.
- Washington Post: "Trump's ambassador to Germany is making a fool out of himself – and the U.S." (engl.)