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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Unverschämter Versuch" Trump geht gegen unliebsame Anwälte vor

Für seine Sparmaßnahmen und strikte Abschiebepolitik bekommt US-Präsident Donald Trump Gegenwind. Das will er sich offenbar nicht gefallen lassen.
US-Präsident Donald Trump will von staatlicher Seite gegen unliebsame Anwälte vorgehen. Das gab das Weiße Haus am Samstag bekannt. Zuerst berichtete die "Washington Post".
Demnach wurden Justizministerin Pam Bondi und Heimatschutzministerin Kristi L. Noem mit einem präsidialen Memorandum dazu angewiesen, etwas gegen Anwälte zu unternehmen, denen die US-Regierung vorwirft, unbegründete Fälle, vor allem auch im Bereich Einwanderung, vorzubringen. Zudem soll Bondi Maßnahmen gegen Partner von Anwaltskanzleien ergreifen, deren Junioranwälten Fehlverhalten vorgeworfen wird.
In der Direktive heißt es: "Anwälte und Anwaltskanzleien, die gegen die Gesetze der Vereinigten Staaten oder die Verhaltensregeln für Anwälte verstoßen, müssen effizient und effektiv zur Rechenschaft gezogen werden."
"Greift die Grundfesten unseres Rechtssystems an"
Hintergrund für die Anweisung dürften die mehr als 130 Klagen gegen die Trump-Regierung sein, die sich gegen den Abbau von Behörden und Diversitätsprogrammen, das Einfrieren staatlicher Ausgaben und die Abschiebungspraktiken richten. Bundesrichter haben deswegen in den vergangenen Wochen rund drei Dutzend einstweilige Verfügungen gegen die Regierung erlassen. In etwas mehr als einem Dutzend der Fälle entschieden Richter für die Regierung.
Das aktuelle Vorgehen passt dabei auch zu vorherigen Angriffen auf Richter und Anwälte, die gegen Trump Stellung bezogen hatten. So verloren bereits zwei große Kanzleien, Perkins Coie und Covington & Burling, ihre Sicherheitsfreigaben und ihr Zugang zu Regierungsgebäuden wurde eingeschränkt. Perkins Coie hatte Hillary Clinton während ihres Wahlkampfes 2016 vertreten. Covington & Burling zählt den ehemaligen Sonderberater Jack Smith zu seinen Mandanten, der die bundesstaatlichen Ermittlungen gegen Trump geleitet hatte.
Von Juristen gab es prompt Kritik. Der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Matthew Platkin, der mehrere Klagen gegen die Trump-Administration geführt und sich mit einer Koalition von Generalstaatsanwälten in anderen Fällen zusammengeschlossen hat, nannte das Memo "einen beispiellosen und offen gesagt unverschämten Versuch, Anwälte zu bedrohen, nur weil sie ihren Job machen".
"Der Präsident hat konsequent gegen das Gesetz verstoßen und unsere Einwohner auf sehr reale und direkte Weise geschädigt – er hat ihre Gesundheitsversorgung beschnitten, ihren Kindern eine hochwertige Bildung verweigert und sie weniger sicher gemacht", sagte Platkin in einer Erklärung. "Keine grundlose Drohung wird mich davon abhalten, meine Arbeit zu tun, nämlich meinen Staat vor Schaden zu bewahren."
Auch Vanita Gupta, die unter Barack Obama und Joe Biden hohe Posten im Justizministerium bekleidete, sagte das Memorandum "greift die Grundfesten unseres Rechtssystems an, indem es Prozessbeteiligte bedroht und einschüchtert, die unsere Regierung zur Einhaltung von Gesetz und Verfassung verpflichten wollen".
Anwaltsarbeit könnte eingeschränkt werden
Tatsächlich ist es so, dass US-Bundesrichter bereits die Befugnis haben, Anwälte und Anwaltskanzleien zu bestrafen, die unbegründete Klagen und rechtliche Argumente vorbringen. So wurden beispielsweise mehrere von Trumps Anwälten vor der Wahl 2024 in verschiedenen Fällen mit Sanktionen und Ethikbeschwerden belegt, weil Richter ihr Verhalten als unethisch, verschwörungsbezogen oder unseriös eingestuft hatten. Zu den prominentesten Beispielen gehörte der Ausschluss des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani, der seine Anwaltslizenz in Washington und New York verlor, weil er falsche Behauptungen über Wahlbetrug bei der Wahl 2020 aufgestellt hatte.
Doch die neuen Vorgaben könnten Anwälte in den USA bei ihrer Arbeit empfindlich einschränken, schreibt die "Washington Post". Denn Anwälte seien dazu verpflichtet, im besten Interesse ihrer Mandaten zu handeln, doch dadurch könnten sie jetzt in Trumps Fadenkreuz geraten. Bislang wurden selbst weit hergeholte Argumente vor Gericht nicht verfolgt, doch das könnte sich nun ändern.
Sue Hendrickson, Präsidentin und Geschäftsführerin von Human Rights First, warnt deshalb in der "Washington Post" bereits: "Diese Politik wird sich wahrscheinlich auf Fälle konzentrieren, die gegen [Trumps] politische Ansichten gerichtet sind, im Gegensatz zu Fällen, die unbegründet sind." Trump sei auf Unterdrückung aus und das falle ihm ansonsten bei auf Lebenszeit ernannten Richtern schwer.
Wie sehr das die Trump-Regierung zu beschäftigen scheint, zeigen auch jüngste Äußerungen seines Beraters, Tech-Milliardär Elon Musk, auf der Plattform X, wo dieser die Lebenszeiternennung infrage stellte. Er forderte die jährliche Kündigung von einem Prozent der Richter, die von einem Gremium ausgewählt werden sollen.
- Eigene Recherche
- washingtonpost.com: "New Trump memo seen as threat to lawyers, attempt to scare off lawsuits"
- Presidential Memoranda: Preventing Abuse of the Legal System and the Federal Court