Trumps erste Rede vor dem US-Kongress "Amerika ist zurück"
Donald Trump ist erst seit sechs Wochen im Amt. Und doch hat der US-Präsident sein Land und die Welt bereits auf den Kopf gestellt. Trump selbst gibt sich für seine bisherige Arbeit Bestnoten.
Als Donald Trump die Kammer betritt, bleiben die meisten Demokraten sitzen – eine ungewöhnliche Form des Protests bei einem solchen Anlass in den USA. Die Republikaner skandieren "USA!" und applaudieren. First Lady Melania Trump steht auf der Tribüne und lächelt – auch sie wurde bei ihrer Ankunft im Plenarsaal des Repräsentantenhauses bejubelt.
Der US-Präsident hat seine erste offizielle Rede vor dem Kongress gehalten. Trump eröffnete seinen Vortrag mit der Aussage: "Amerika ist zurück" (engl.: "America is back"). Er pries seine eigene Arbeit in den ersten Wochen im Amt als beispiellos erfolgreich an. Seit seiner Vereidigung vor sechs Wochen habe er schnell und unnachgiebig gehandelt, "um die großartigste und erfolgreichste Ära in der Geschichte unseres Landes einzuläuten", erklärte der 78-Jährige.
"Wir haben in 43 Tagen mehr erreicht als die meisten Regierungen in vier oder acht Jahren – und wir fangen gerade erst an." Der amerikanische Traum komme zurück – "größer und besser als je zuvor". Und der amerikanische Traum sei nicht aufzuhalten. "Unser Land steht vor einem Comeback, wie es die Welt noch nie gesehen hat und vielleicht auch nie wieder sehen wird", sagte er.
Abgeordneter wird von der Sitzung ausgeschlossen
Unter den demokratischen Abgeordneten und Senatoren regte sich schnell Protest. Kurz nach Beginn der Rede wurde der demokratische Abgeordnete Al Green aus dem Bundesstaat Texas von der Sitzung ausgeschlossen, nachdem er mehrfach Buhrufe gegen Trump gerufen hatte. Trump musste die Rede während des Vorfalls kurz unterbrechen.
Dann sprach Trump von konkreten Errungenschaften seiner Regierung in den ersten Tagen seiner Amtszeit. Dazu zählt er den Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN), die formelle Umbenennung des Golfs von Mexiko in "Golf von Amerika" und die Festlegung auf zwei Geschlechter. Auch die Zensur werde zurückgedrängt und die Meinungsfreiheit zurückgebracht. Trump sprach von einer "Revolution des gesunden Menschenverstands", die die ganze Welt erfasse.
Als eines der ersten großen politischen Themen sprach Trump die Inflation in den USA an, die in der Bevölkerung als eines der wichtigsten Probleme gilt. Er machte seinen demokratischen Vorgänger Joe Biden für die Lage verantwortlich und gab die Losung "Make America Affordable Again" (dt. etwa: Macht Amerika wieder bezahlbar") aus, eine Anspielung auf seinen Wahlslogan "Make America Great Again" ("Macht Amerika wieder groß"). Trump griff dabei auch die Preise für Eier auf, die im öffentlichen Diskurs in den USA zu einem Symbol für die Teuerung geworden sind.
Trump lobt Elon Musk
Trump lobte die Sparanstrengungen seines Beraters, des Tesla-Chefs Elon Musk. Dadurch seien dem amerikanischen Steuerzahler 105 Milliarden Dollar in den vergangenen sechs Wochen eingespart worden. Einer Analyse der Nachrichtenagentur Reuters zufolge kann diese Zahl nicht verifiziert werden: Die einzigen vorliegenden Daten kommen von Musks Abteilung für Regierungseffizienz (Doge) selbst. In den vergangenen beiden Wochen sind jedoch mehrere frühere Einträge zu Einsparungen von deren Webseite wieder gelöscht worden. Einige Demokraten hielten während der Rede Schilder mit Slogans wie "Musk steals" (dt.: "Musk klaut") hoch.
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Dann ging der US-Präsident auf die neuen Zölle gegen Mexiko und Kanada sowie die für den 2. April angekündigten "reziproken" Importaufschläge ein, die auch die EU treffen dürften. "Jetzt sind wir dran", sagte er und warf wie in der Vergangenheit anderen Staaten vor, die USA wirtschaftlich ausgenutzt zu haben. Die neuen Zölle würden der US-Autoindustrie einen "Boom" bescheren.
Dagegen warnten die Autohersteller am Dienstag, die Aufschläge für die beiden Nachbarländer würden zu höheren Preisen führen und die seit 25 Jahren bestehenden Lieferketten durcheinanderbringen. Der Applaus der Republikaner zu Trumps Ausführungen über Zölle war gedämpft: An dieser Stelle klatschten nur etwa die Hälfte seiner Parteikollegen, etliche bleiben sitzen, während andere aufstanden.
"Gigantische" Gas-Pipeline geplant
Trump kündigte den Bau einer "gigantischen" Gaspipeline in Alaska an. Die Pipeline solle eine der größten weltweit werden, so der Republikaner. Japan, Südkorea und weitere Nationen planten demnach Investitionen in Billionenhöhe.
Trump forderte die Abgeordneten auf, das Subventionsprogramm für Chiphersteller mit einem Volumen von 52,7 Milliarden Dollar zu streichen. Die Gelder sollten stattdessen zur Schuldentilgung verwendet werden, sagte er. Das unter dem Namen "Chips" bekannte Gesetz sei "eine schreckliche, schreckliche Sache", denn die USA zahlten sinnlos Hunderte Milliarden Dollar: "Sie nehmen unser Geld und geben es nicht aus." Das Paket war 2022 mit den Stimmen von Demokraten und Republikanern verabschiedet worden.
Trump: Selenskyj will Rohstoffabkommen unterzeichnen
Erst nach über einer Stunde kam das außenpolitische Thema Ukraine zur Sprache. Trump teilte mit, dass sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj bereit sei, ein Rohstoffabkommen zu unterzeichnen. Er berief sich dabei auf einen Brief von Selenskyj. "Was das Abkommen über Rohstoffe und Sicherheit betrifft, so ist die Ukraine bereit, es jederzeit zu unterzeichnen", zitierte Trump aus dem Brief. Von Russland habe man gleichzeitig "starke Signale" erhalten, dass die Regierung dort zum Frieden bereit sei. Stellungnahmen von Russland und der Ukraine lagen zunächst nicht vor.
In seiner Rede bekräftigte Trump auch, die Kontrolle über Grönland übernehmen zu wollen. "Wir brauchen Grönland für die nationale Sicherheit und sogar für die internationale Sicherheit, und wir arbeiten mit allen Beteiligten zusammen, um zu versuchen, es zu bekommen", sagte der Republikaner über die zum Königreich Dänemark gehörende Insel. "Ich denke, wir werden es ohnehin bekommen, wir werden es bekommen." Zwar lebten dort nur sehr wenige Menschen, aber Grönland sei ein "sehr großes Stück Land und sehr, sehr wichtig für die militärische Sicherheit".
Der US-Präsident prangerte die angebliche Verschwendung bei den bisherigen Auslandshilfen an. Als Beispiel nannte er acht Millionen Dollar (umgerechnet 7,6 Millionen Euro), die gezahlt worden seien zur Unterstützung von LGBTQ+-Programmen in dem afrikanischen Staat Lesotho, "von dem niemand je gehört hat". Das Kürzel LGBTQ+ steht für lesbische, schwule, bisexuelle, trans und queere Menschen sowie weitere Identitäten und Orientierungen. Lesotho ist ein Staat im Süden des afrikanischen Kontinents mit rund 2,3 Millionen Einwohnern und einer Fläche, die etwa der von Brandenburg entspricht. Das Königreich wird vom großen Nachbarn Südafrika umschlossen und ist wirtschaftlich stark von diesem abhängig.
Zu seinen Plänen für den Gazastreifen äußerte sich Trump in der Rede nicht. Stattdessen bat er den Kongress darum, einen Abwehrschild für die USA mit dem Namen "Golden Dome" (dt. "Goldene Kuppel") zu finanzieren. Dieser soll Raketen abwehren.
"State of the Union" hat lange Tradition
Trumps Rede war nach den Daten des American Presidency Project der University of California die längste, die je ein US-Präsident vor dem Kongress gehalten hat. Mit der Rede zur Lage der Nation (engl. "State of the Union Address") erfüllen US-Präsidenten ihre in der Verfassung festgelegte Pflicht, den Kongress "von Zeit zu Zeit" über den Stand der Dinge zu informieren. Entsprechend hielt Präsident George Washington den ersten dieser Rechenschaftsberichte am 8. Januar 1790 ab.
Zeitweise wurden sie schriftlich übergeben, im Fernsehzeitalter dann wieder persönlich in der Kammer des Repräsentantenhauses im Kapitol gehalten. Allerdings weisen Experten wie etwa die des American Presidency Project darauf hin, dass die erste Rede direkt nach der Amtsübernahme streng genommen keine "State of the Union Address" ist, weil der neue Präsident noch kein Amtsjahr hinter sich gebracht hat. Trump wurde am 20. Januar vereidigt, vor weniger als zwei Monaten.
- Eigene Beobachtungen
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, afp und Reuters