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Trumps KI-Video zu Gaza löst scharfe Kritik aus – auch bei Anhängern


Gaza als Party-Oase
KI-Video löst Empörung aus – auch bei Trumps Anhängern


Aktualisiert am 27.02.2025 - 08:15 UhrLesedauer: 5 Min.
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Trump Gaza: Der US-Präsident hat auf seinen Social-Media-Kanälen ein KI-Video geteilt, das den Gazastreifen als florierende Party-Region zeigt. (Quelle: t-online)
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Wolkenkratzer, Jachten, eine goldene Statue von Donald Trump: Ein KI-generiertes Video auf Trumps Kanälen stößt auf Kritik – auch bei seinen eigenen Anhängern. Was steckt dahinter?

Der vom Krieg verwüstete Gazastreifen als moderner Badeort, überragt von einer goldenen Trump-Statue: Auf den offiziellen Social-Media-Accounts des US-Präsidenten Donald Trump ist ein offensichtlich mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstelltes Video veröffentlicht worden, das sich am Mittwoch schnell verbreitet und für scharfe Kritik gesorgt hat. Im Onlinedienst Instagram wurde der 33 Sekunden lange Videoclip bis Mittwochmorgen (Ortszeit) mehr als 10,5 Millionen Mal angeschaut.

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In dem KI-Video "Gaza 2025 What's Next?" gibt es zahlreiche provokante Szenen. Es zeigt zu Beginn Kinder auf einer mit Trümmern übersäten Straße, die aus einem Tunnel heraus auf einen Strand mit Palmen, Wolkenkratzern, Segeljachten und einer überdimensionalen goldenen Trump-Statue führt. Später tanzen Kinder unter einem Geldscheinregen und halten einen goldenen Trump-Ballon in der Hand. Auch Trump-Berater und Milliardär Elon Musk und seine Tesla-Autos tauchen mehrfach in dem Clip auf.

In einer anderen, besonders bizarren Szene, tanzen bärtige Männer in Bikini-Oberteil und langem Rock am Strand. Sie tragen grüne Stirnbänder, ähnlich jenen, die Hamas-Kämpfer tragen. Andere Szenen zeigen Trump, der mit einer Frau in einem Nachtclub tanzt; und Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, die mit nacktem Oberkörper an einem Pool sitzen und Cocktails trinken. Hinterlegt ist das KI-Video mit einem Lied, in dem es unter anderem heißt: "Donald kommt, um euch zu befreien (…). Keine Tunnel mehr, keine Angst mehr: Trump Gaza ist endlich da." Das Video sehen Sie hier.

"Das ist eine Fantasie"

"Das ist eine Fantasie", sagte Ahmed al-Soufi, der Bürgermeister von Rafah zur "New York Times". Rafah ist eine Stadt im Süden des Gazastreifens, wo eine große Zahl von Vertriebenen in Zelten inmitten von Trümmern lebt. "Wenn Herr Trump den Palästinensern einen Ort zum Leben in Würde und eine Zukunft geben will, muss er ihnen einen Staat neben Israel geben", so der Bürgermeister.

"Das in den sozialen Medien von Präsident Trump veröffentlichte Video, das zur ethnischen Säuberung des Gazastreifens aufruft, ist nicht nur arrogant und respektlos, sondern verstößt auch gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte", sagte Mustafa Barghouti, ein palästinensischer Oppositionspolitiker im Westjordanland, in einer Erklärung, aus der die "Washington Post" zitierte.

Die Terrororganisation Hamas, die den Gazastreifen aktuell kontrolliert, verurteilte das Video als "schändlich". "Wir verurteilen aufs Schärfste das schändliche Video, das US-Präsident Donald Trump veröffentlicht hat. Es enthält unethische Szenen, die gegen die Sitten, Moralvorstellungen und Traditionen unseres palästinensischen Volkes verstoßen", sagte Ismail al-Thawabta, Direktor des von der Hamas betriebenen staatlichen Medienbüros.

Truth-Social-Nutzer kritisieren den Clip

Auch bei zahlreichen Menschen in den sozialen Medien stieß das Video auf scharfe Kritik – selbst in Trumps hauseigenem Netzwerk "Truth Social". Ein Truth-Social-Nutzer schrieb: "Ich könnte kein größerer Unterstützer von Präsident Trump sein, aber dieses spezielle Video ist sehr geschmacklos. Wirklich sehr geschmacklos!" Ein anderer schrieb: "Ich hasse das. Ich liebe unseren Präsidenten, aber das ist schrecklich."

Besonders bei seinen christlichen Unterstützern dürfte der Clip schlecht angekommen sein. In mehreren Kommentaren wurde auf die Verehrung der goldenen Statue hingewiesen, Nutzer bezeichneten sie als "erschreckend" und "100 Prozent falsch". Andere beklagten die Szene, in der Trump allein mit einer Bauchtänzerin in einem Nachtclub vor den Augen einer Menschenmenge zu sehen ist. Zahlreiche Nutzer fragten sich, ob Trump das Video selbst veröffentlicht habe oder sein Account gehackt wurde.

Das Video bleibt ungeachtet der Fragen und Kritik von Trumps Anhängern bislang weiterhin auf seinen Accounts veröffentlicht. Das Weiße Haus hat sich bislang auch auf die Anfragen mehrerer US-Medien nicht zu dem Video geäußert.

"Überwältigende Reizüberflutung"

Die Frage, die sich stellt: Was soll das? Trump überschwemmt die Welt geradezu mit Nachrichten, viele davon zumindest auf den ersten Blick mit erheblicher Tragweite.

US-Experten analysieren das Video als Teil von Donald Trumps bekannter Strategie, die in den USA als "flooding the zone with shit" (zu Deutsch etwa: "Die Öffentlichkeit mit Mist zumüllen") bekannt ist. Dieser Terminus geht auf seinen ehemaligen Berater Steve Bannon zurück und bezeichnet einen unaufhörlichen Strom an radikalen oder kuriosen Ankündigungen, Anordnungen und Äußerungen, der die Medien und demokratischen Kontrahenten in Atem halten soll.

"Es gibt eine überwältigende Reizüberflutung", sagte der demokratische Kongressabgeordnete Jamie Raskin der "New York Times" dazu. Zuständig im Weißen Haus ist inzwischen Stephen Miller, stellvertretender Stabschef, konservativer Hardliner und ebenfalls ein Weggefährte aus Trumps erster Amtszeit. Miller ist einer der wenigen, die die gesamten vier Jahre von Trumps erster Amtszeit mit ihm im Weißen Haus verbrachten und nun erneut an Bord ist. Als einer der Hauptautoren des umstrittenen "Project 2025" gilt er im Trump-Umfeld als besonders mächtig und absolut loyal. Laut CNN hat er Jahre damit verbracht, genau diese Strategie für Trump zu ersinnen.

Jede Provokation ernst zu nehmen, bedeutet demnach für die Opposition und Medien eine ständige Ablenkung durch absurde Behauptungen. Doch ignorieren können sie Trumps Worte und Aktionen nicht; es ist notwendig, diese einzuordnen, um über mögliche Konsequenzen zu informieren. Vieles von dem, was von Trump und aus dem Weißen Haus derzeit kommt, ist juristisch zweifelhaft und erscheint politisch geradezu töricht. "Die Annexion Gazas durch Amerika wird nicht stattfinden", schreibt etwa die renommierte Denkfabrik Brookings Institution.

In einer Erklärung gegenüber der "Washington Post" bekräftigte Anna Kelly, eine Sprecherin der US-Regierung, dennoch, dass es Trumps erklärtes Ziel sei, den Gazastreifen einzunehmen und Palästinenser umsiedeln zu wollen. "Wie Präsident Trump gesagt hat, ist Gaza in seinem gegenwärtigen Zustand für jeden Menschen unbewohnbar", sagte Kelly. "Präsident Trump ist ein Visionär, und sein Plan, die Vereinigten Staaten am Wiederaufbau Gazas zu beteiligen, wird es den Palästinensern ermöglichen, in neuen, schönen Gemeinden anzusiedeln und gleichzeitig die Bedingungen in der Region für kommende Generationen zu verbessern."

Pläne sorgten international für Empörung

Trump hatte bereits vor einigen Wochen vorgeschlagen, die rund zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen in andere arabische Staaten "umzusiedeln" und das zerstörte Küstengebiet unter Kontrolle der USA in eine wirtschaftlich florierende "Riviera des Nahen Ostens" zu verwandeln. Israels Premierminister Netanjahu begrüßte Trumps Pläne, international stießen sie auf heftige Kritik. Eine Zwangsumsiedlung würde Experten zufolge gegen das Völkerrecht verstoßen.

Nach mehr als 15 Monaten Krieg gilt die humanitäre Situation im Norden des Gazastreifens als katastrophal. Seit Beginn des Kriegs nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 wurden im Gazastreifen laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 48.300 Menschen getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. Mehr als fünf Wochen nach Beginn der Waffenruhe zwischen Israels Armee und der Terrororganisation Hamas werden immer noch Tote unter den Trümmern eingestürzter Häuser gefunden.

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