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USA: Absetzung des Republikaners Kevin McCarthy führt zu politischer Krise


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Erfolgreiche Meuterei im US-Kongress
Er zerfetzt die Republikaner


Aktualisiert am 04.10.2023Lesedauer: 5 Min.
Anführer der Aufrührer: Floridas rechtsextremer Abgeordneter Matt Gaetz hat Kevin McCarthy gestürzt.Vergrößern des Bildes
Anführer der Aufrührer: Floridas rechtsextremer Abgeordneter Matt Gaetz hat Kevin McCarthy gestürzt. (Quelle: IMAGO/Branden Camp)

Die historische Absetzung von Kevin McCarthy als Sprecher des Repräsentantenhauses stürzt die USA in eine politische Krise. Die Auswirkungen könnten bald weit über Amerikas Grenzen hinaus zu spüren sein.

Bastian Brauns berichtet aus Washington.

"Ich werde überleben", sagte Kevin McCarthy noch. Wenige Stunden später aber haben acht rechtsradikale Republikaner unter ihrem Anführer Matt Gaetz gemeinsam mit den Demokraten seine Karriere als Sprecher des Repräsentantenhauses durch eine Abwahl beendet. Für eine Wiederwahl stehe er nicht zur Verfügung, teilte McCarthy noch am selben Abend mit. Noch nie in der mehr als zweihundert Jahre alten Geschichte der Vereinigten Staaten ist so etwas geschehen. Und die Folgen sind derzeit kaum abzusehen.

Wie groß die Wut über die Meuterer im eigenen Lager ist, machte am Ende der historischen Abwahl von Kevin McCarthy eine Geste deutlich. Der republikanische Abgeordnete Patrick McHenry, der als Speaker pro tempore, also als Interimssprecher, die Sitzung beenden musste, schlug mit seinem "Gavel" so hart auf das Pult, dass der Holzhammer auch gut hätte zerbersten können.

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Ein kaputter Hammer wäre noch das passendste Sinnbild gewesen zum derzeitigen Zustand der "Grand Old Party" (GOP). Die republikanische Partei steht nach Jahren der Trump-Dominanz vor dem Zerbrechen. Diese Entwicklung geschieht in den USA, einem Land, das auf zwei funktionierende Großparteien konsequent zugeschnitten und angewiesen ist. Die Dysfunktionalität der Republikaner wird damit zur Gefahr für das gesamte politische System.

Video | Hier setzt das US-Repräsentantenhaus seinen Vorsitzenden ab
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Quelle: t-online

Die USA stecken in einer Misere

Amerika, das nach wie vor einflussreichste Land der Erde, rutscht mit Kevin McCarthys Abwahl immer weiter in eine demokratische Krise. Zum notorisch gespaltenen Senat und Repräsentantenhaus kommt nun noch ein offener Bruch der Republikaner. Die US-Demokratie, die davon lebt, andauernd überparteiliche Kompromisse finden zu müssen, wirkt in dieser Situation wie gelähmt und handlungsunfähig. Das ist umso dramatischer, als in dieser Woche eine wichtige Abstimmung für weitere Ukraine-Hilfen anstehen würde, für die der Sprecher des Repräsentantenhauses als Verhandlungsführer eigentlich unverzichtbar ist.

Aber wie lange kann dieser Zustand anhalten? Gibt es in dieser Situation, ein Jahr vor der kommenden Präsidentschaftswahl, überhaupt noch Szenarien, die einen Ausweg bieten?

  • Szenario 1: Die Republikaner einigen sich auf einen neuen Sprecher

Eben weil die Republikaner selbst tief gespalten sind und weil sie nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügen, erscheint dieses Szenario zunächst unwahrscheinlich. Im Weg stehen nicht nur persönliche Abneigungen, sondern auch extreme inhaltliche Differenzen. Während ein erheblicher Teil der Republikaner im Zweifel noch immer zu Kompromissen mit den Demokraten bereit ist, setzen die Radikalen um Matt Gaetz fast ausschließlich auf Blockade. Zuletzt, als es darum ging, den neuen Haushalt der USA und eine damit einhergehende Verschuldung zu verabschieden. Weil Regieren ohne Haushalt nicht möglich ist, lenkte die Mehrheit der Republikaner aus Staatsräson am Ende ein. Einen anderen Ausweg gab es auch nicht, denn die Demokraten haben in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, die Mehrheit.

Schon die Wahl des konservativen Kevin McCarthy am Anfang dieses Jahres war eine dramatische Hängepartie. Denn der schon damals umtriebige sogenannte Freedom Caucus und das freie Radikal Matt Gaetz verweigerten ihm über 14 Wahlgänge hinweg die notwendigen Stimmen für das Amt des Sprechers. Dieser Flügel aus Rechtsradikalen, Trumpisten und Verschwörungstheoretikern innerhalb der Republikaner-Fraktion lenkte schließlich erst ein, als Donald Trump persönlich bei ihnen angerufen hatte und nachdem sie Kevin McCarthy wichtige Ämter und gravierende Änderungen der Parlamentsregeln abgepresst hatten. Die wichtigste Neuerung kostete McCarthy jetzt sein Amt: Schon ein Abgeordneter reichte fortan aus, um die Absetzung des Repräsentantenhaus-Sprechers zu beantragen. Dieser Abgeordnete war McCarthys Widersacher Matt Gaetz.

Ein Name, der in Washington derzeit als aussichtsreicher Kompromisskandidat gehandelt wird, ist der moderate Abgeordnete Steve Scalise aus dem Bundesstaat Louisiana. Er bekleidet schon jetzt das Amt des Mehrheitsführers. Der Anführer der Republikaner-Revolte hat bereits signalisiert, dass er mit Scalise im Zweifel leben könnte. Wie bald es zu seiner Wahl kommen könnte, hängt davon ab, wie schnell sich die Republikaner untereinander verlässlich einigen können.

Ein Gerücht, dass Donald Trump als Nicht-Mitglied des Kongresses Sprecher werden könnte, hält sich in der Hauptstadt zwar hartnäckig. Er hatte dies aber immer wieder ausgeschlossen. Ob er während seiner Gerichtsverfahren und seines Wahlkampfes dafür wirklich Zeit und Lust hätte, ist fraglich. Der radikale Abgeordnete Troy Nehls hat trotzdem angekündigt, Trump aufstellen zu wollen.

Fazit: Eine Einigung unter den Republikanern wäre eine Überraschung, für die sich die Radikalen extrem weit bewegen müssten. Das wiederum würde die Abwahl von Kevin McCarthy noch absurder und vor allem auf persönlichen Differenzen beruhend erscheinen lassen.

  • Szenario 2: Demokraten und Republikaner einigen sich auf einen neuen Sprecher

Das vielleicht vernünftigste Szenario wäre zugleich das bitterste für die Republikaner: Gemeinsam mit den Demokraten könnte der moderatere Teil der GOP-Abgeordneten einen überparteilichen Kandidaten finden. Die Demokraten würden sich diese außergewöhnliche Wahl allerdings teuer bezahlen lassen:

Sie würden die erreichte Dominanz der Radikalen wieder abbauen wollen, also all die von ihnen erpressten Regeländerungen rückgängig machen und womöglich auch wichtige Plätze in den wichtigen Ausschüssen beanspruchen. Ein Ende der eben erst von McCarthy angesetzten Untersuchung für ein Amtsenthebungsverfahren von US-Präsident Joe Biden würde mit Sicherheit ebenfalls zu den Forderungen der Demokraten gehören.

Fazit: Die Republikaner würden sich in der Folge mitten im Präsidentschaftswahlkampf von den Demokraten politisch durch die Manege ziehen lassen. Darum ist dieses Szenario aus Machtgründen eigentlich unwahrscheinlich. Nur wenn der politische Druck zu groß wird und der Streit innerhalb der Republikaner nicht beizulegen ist, erscheint dies realistisch. Es wäre ein Notausgang, der sie am Ende zum zweiten Mal in Folge das Weiße Haus kosten könnte.

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  • Szenario 3: Totalblockade

Es ist eben das erste Mal in der Geschichte der USA, dass ein Sprecher des Repräsentantenhauses abgewählt wurde. Alles, was jetzt passiert, ist deshalb bislang unbetretenes Terrain. Klar ist: Die Abgeordneten sind seit Januar im Amt. Sie können also auch weiterhin ihre Arbeit als Gesetzgeber ausführen, aber unter erschwerten Bedingungen.

Sollte das Parlament sich nicht auf einen neuen Sprecher einigen können, bleibt Patrick McHenry auf unbestimmte Zeit der amtierende Interimssprecher. Er verfügt jedoch nicht über die gleichen Kompetenzen wie ein regulärer Sprecher. Die Gesetzgebungsarbeit würde extrem erschwert. Die USA würden die wohl chaotischsten politischen Verhältnisse ihrer Parlamentsgeschichte erleben.

Fazit: Dieses dritte Szenario hätte unabsehbare Folgen, nicht nur für die USA, sondern auch weit über die Grenzen der Weltmacht hinaus. Das Engagement Amerikas im Abwehrkampf der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg ist derzeit unverzichtbar. Ein Ausfall der USA würde die Verbündeten vor große Schwierigkeiten stellen. Womöglich ist sich die überparteiliche Mehrheit der Abgeordneten dieser Verantwortung bewusst.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Eigene Recherchen
  • Abwahl von Kevin McCarthy im US-Kongress
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