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Geheimdokumente bei Joe Biden: Ein ungeheuerlicher Vorwurf


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US-Präsident überrascht von Geheimunterlagen
Biden in Erklärungnot

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 11.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Joe Biden: In den USA tobt eine Debatte um einen unangenehmen Dokumentenfund. (Quelle: IMAGO)
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Für Donald Trump ist klar: Joe Biden hat Regierungsdokumente entwendet, um sie an China zu verkaufen. Dafür gibt es keinen Beleg. Trotzdem wird es ungemütlich für den Präsidenten.

Joe Biden wird es gelegen kommen, dass er sich derzeit nicht in Washington aufhält. Denn in der US-Hauptstadt gibt es derzeit nur ein – für den US-Präsidenten unangenehmes – Thema: Was hat es mit den Geheimdokumenten aus seiner Zeit als Vizepräsident auf sich, die in seinem privaten Büro gefunden wurden?

In Mexiko-Stadt, wo Biden am Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Nordamerika-Staaten teilnimmt, sind vorerst noch andere Dinge wichtiger. Dennoch kam Biden nicht darum herum, sich zu äußern. Er zeigte sich überrascht und versprach "volle Kooperation" für die Ermittlungen. Er wisse nicht, was der Inhalt der Dokumente sei, sagte er gestern am Rande des Gipfels.

Zurück in der Hauptstadt dürfte Biden dann von Opposition und Reportern gegrillt werden. Denn kaum verbreitete sich die Nachricht von den Dokumenten, schon schossen seine politischen Gegner aus allen Rohren. Ganz vorne dabei ist natürlich Ex-Präsident Donald Trump.

Trump und die Republikaner wittern einen Fall von Doppelmoral

Für ihn und die Republikaner steht schon jetzt fest: In dieser Angelegenheit handelt es sich mindestens um einen krassen Fall von Doppelmoral. Während die Demokraten den Dokumentenfund bei Trump in Mar-a-Lago aufgebauscht hätten, so der Vorwurf, würden sie bei ihrem eigenen Mann nun schweigen. In Trumps Fall habe man das FBI geschickt und eine Hausdurchsuchung veranlasst, Biden hingegen bliebe unbehelligt.

Trump behauptet sogar, ohne einen Beleg vorzulegen, Biden habe die geheimen Dokumente den Chinesen als Gegenleistung für Geldspenden zur Verfügung gestellt. Und er verbreitet einen weiteren Vorwurf: Die Demokraten hätten den Fund gezielt verschwiegen, um bei den Zwischenwahlen im November keinen Skandal an der Hacke zu haben. "Warum hat das Justizministerium den Fund der geheim eingestuften Dokumente im Biden-Büro nicht vor den Wahlen bekannt gegeben?", schrieb er in seinem sozialen Netzwerk "Truth Social".

Ein verschwiegener Zufallsfund

Bidens Anwälten zufolge sind die betreffenden Regierungsunterlagen am 2. November 2022 gefunden worden, also sechs Tage vor den Zwischenwahlen. Warum mit der Bekanntgabe gewartet wurde, dafür gibt es keine offizielle Erklärung. Man habe die Unterlagen aber umgehend an das Nationalarchiv gegeben.

Offenbar war das Ganze ein Zufallstreffer. Das Material kam den Angaben zufolge nur zum Vorschein, weil ein altes Büro in Washington geräumt wurde. Biden hatte es genutzt, als er in den Jahren 2017 bis 2019 eine Honorarprofessur an der University of Pennsylvania wahrgenommen hatte. Bidens Denkfabrik "Biden Penn Center" ist dort untergebracht. Was konkret in den als geheim eingestuften Dokumenten steht, war zunächst unbekannt.

"Ich weiß nicht, was in den Dokumenten steht", bekräftigte Biden nun, und erklärte, dass er eingestufte Unterlagen "ernsthaft" behandle. Nach Informationen des US-Senders CNN, der sich auf eine Quelle beruft, wurde später bekannt, dass die Dokumente in Bidens Privatbüro Geheimdienstmaterialien mit Bezug zur Ukraine, dem Iran und Großbritannien enthalten haben.

Die Unterschiede zum Trump-Fall

Der Vergleich mit den bei Trump gefundenen Dokumenten ist auf den ersten Blick naheliegend. In der Sache aber gibt es einige bedeutende Unterschiede. Bei Trump hatte das Nationalarchiv mehrfach angefragt, die Unterlagen wurden aber nicht herausgegeben. Die Durchsuchung war der Schlusspunkt, nachdem mehr als ein Jahr lang nichts geschehen war. Das FBI wurde jedenfalls nicht mal eben so nach Mar-a-Lago geschickt. In den gefundenen Unterlagen waren unter anderem Inhalte, welche die nukleare Sicherheit der USA betreffen. Im Fall Bidens soll es keine Anfrage des Archives gegeben haben.

Der von Trump und den Republikanern immer wieder als politisch befangen kritisierte Generalstaatsanwalt Merrick Garland hat die Untersuchung des Biden-Falls nun an den US-Staatsanwalt in Chicago, John Lausch, übergeben. Der Mann wurde einst von Donald Trump ernannt. Womöglich setzt Garland ihn gezielt ein, um die Untersuchung möglichst unparteiisch erscheinen lassen. Das Kalkül: Wenn ein von Trump ernannter Staatsanwalt gegen den ehemaligen Vize-Präsidenten und heutigen US-Präsidenten ermittelt, sind Zweifel am Ergebnis der Untersuchungen zumindest schwerer vorzubringen.

Ein weiterer Vorwurf von Trump und anderen Republikanern ist: Trump hätte als Präsident die Befugnis gehabt, geheime Dokumente freizugeben. Dem damaligen Vizepräsidenten Biden hätte diese Macht nicht zugestanden. Diese Argumentation soll Trump entlasten, da dieser sich immer wieder darauf berufen hatte, er habe Dokumente freigegeben. Tatsächlich wurden solche von Trump angeblich freigegebenen Unterlagen bis heute nicht gefunden.

Startschuss für weitere Attacken?

Nach aktuellem Kenntnisstand gibt es keine Belege dafür, dass Joe Biden nach seiner Zeit als Vizepräsident in krimineller Absicht gehandelt hat. Ob es ausreicht, zu beteuern, er habe von den geheim eingestuften Dokumenten in seinem Büro keine Kenntnis gehabt, müssen die Ermittlungen zeigen. Klar ist: Nach ihrer Regierungszeit müssen Präsidenten und Vizepräsidenten alle Unterlagen an das Nationalarchiv geben. Das hat Joe Biden offensichtlich nicht getan.

Der Vorfall dürfte der Startschuss für regelmäßigen Attacken der Republikaner auf Joe Biden sein. Mit ihrer zwar knappen Mehrheit im Repräsentantenhaus können sie unter der Führung ihres neu gewählten Sprechers Kevin McCarthy zahlreiche parlamentarische Untersuchungen einleiten. Erwartet werden unter anderem Ausschüsse zum Afghanistan-Abzug und zu Vorwürfen gegen den Präsidenten-Sohn Hunter Biden. Nun dürfte ein weiterer Grund für ein Nachspiel im Kongress vorliegen.

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