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Ukraine-Krieg | G7-Gipfel: Und plötzlich ist Putin gar nicht mehr so isoliert


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G7-Gipfel
Und plötzlich ist Putin nicht mehr isoliert

Von Fabian Reinbold, Schloss Elmau

Aktualisiert am 28.06.2022Lesedauer: 4 Min.
Indiens Premier Modi und Frankreichs Präsident Macron beim G7-Gipfel: Andere Sicht auf Russlands Krieg.Vergrößern des Bildes
Indiens Premier Modi und Frankreichs Präsident Macron beim G7-Gipfel: Andere Sicht auf Russlands Krieg. (Quelle: Ludovic Marin/reuters)
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Harte Hand gegen Putin: Die G7 verschärfen ihren Russland-Kurs, doch dann bringen Olaf Scholz' Gäste das Bild durcheinander.

Die ersten anderthalb Tage galt beim G7-Gipfel in Elmau ein Motto: klare Kante. Der Westen steht zusammen gegen Russland, das war die dominante Botschaft. Es begann schon beim allerersten Wortwechsel des Gipfels zwischen Olaf Scholz und Joe Biden. Der US-Präsident nutzte die ersten Sekunden, um klarzumachen, gegen wen man zusammenstehen müsse. Und der Bundeskanzler freute sich, Putin mit der Einigkeit des Westens ein Schnippchen geschlagen zu haben.

Am Montagvormittag konferierten die Staats- und Regierungschefs dann mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die einen saßen im umfunktionierten Yoga-Pavillon von Schloss Elmau, der andere im Bunker in Kiew, das erneut beschossen wurde.

Sie versprachen Selenskyj, die Ukraine langfristig mit Milliarden zu unterstützen, so lange wie eben nötig. Und pünktlich zum Gipfelstart kamen aus den USA viele neue Ideen für Sanktionen, vom Boykott russischen Goldes bis zum Preisdeckel für Öl.

Es ist eine neue Verschärfung der Russlandpolitik des Westens.

Doch am Montagmittag änderte sich in Elmau die Dynamik, wenn es um Russland ging. Grund war die Ankunft von Olaf Scholz' ausgesuchten Gästen: die Vertreter der fünf Partnerländer beim Gipfel der Sieben. Plötzlich waren im abgelegenen Schloss auch andere Töne zu hören. Und dann meldete sich aus der Ferne auch noch Putin selbst zu Wort.

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Ein falsches Bild des Westens

Der Montag verdeutlichte damit, dass man im Westen dazu neigt, ein falsches Bild zu verbreiten. Denn oft heißt es beim Krieg gegen die Ukraine, der Westen stehe zusammen und Russland sei international isoliert. So überwiegend richtig der erste Satzteil ist, so überwiegend falsch ist der zweite.

Auch wenn der Westen Wladimir Putins Russland mit großer Konsequenz schneidet, gewinnt dieser in der globalen Perspektive zugleich andere Hebel, um seinen Einfluss auszuweiten – und neue Partner. Einige von ihnen mischten am Montag den Gipfel auf.

Russlands Öl und Kohle zu Dumpingpreisen

Da ist in allererster Linie Narendra Modi, der Regierungschef Indiens. Neu-Delhi hält traditionell einen engen Draht nach Moskau. Das russische Öl, das Europa boykottiert, fließt jetzt in großen Teilen nach Indien. Das Land kann es mit großen Preisabschlägen kaufen. Auch auf Kohle bietet Russland dem Land satte Rabatte.

Die USA schlagen einen Preisdeckel für russisches Öl vor. In Elmau diskutieren die Staatenlenker und ihre Unterhändler über die Vorteile und Risiken einer solchen Maßnahme. Doch ohne Indien, Putins neuen Großabnehmer, wird eine solche Maßnahme ihre Wirkung verfehlen. Dementsprechend herzlich wurde Modi von den G7-Vertretern empfangen.

Indien ist wichtiges Mitglied im BRICS-Verbund, gewissermaßen der Konkurrenzveranstaltung zu den westlichen G7. Chinas Präsident Xi Jinping lud erst vor wenigen Tagen zum virtuellen Gipfel. Dort wurden westlichen Sanktionen gegen Russland rundum verurteilt.

Auch ein zweiter Gast, Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, nahm an dem Treffen teil. In seiner Heimat durchzieht eine traditionelle Verbundenheit mit Moskau die politische Kultur – schließlich unterstützte die Sowjetunion einst die Kämpfer des ANC gegen das System der Apartheid. Die Invasion der Ukraine bezeichnet Ramaphosa nicht als solche, er spricht lieber neutral von einem "Konflikt".

Auch Senegals Staatschef Macky Sall sitzt nun in Elmau am Tisch, er ist zugleich Präsident der Afrikanischen Union. Erst vor fünf Wochen besuchte Scholz ihn in Dakar. Im Kanzleramt war man zuversichtlich, dass das Werben von Scholz Früchte tragen würde. Doch Sall flog kurz darauf nach Russland zu Putin und gab der EU eine Schuld an der Weizenkrise. Ein richtiger PR-Erfolg für Putin: sein Narrativ verfängt.

Putin bleibt im Club

Diese drei Länder hatten es schon im März in der UN-Vollversammlung abgelehnt, den russischen Einmarsch in der Ukraine zu verurteilen. Bei der Abstimmung damals enthielten sie sich der Stimme. Nun fürchten sie, von der drohenden Hungerkrise durch die Blockade ukrainischen Weizens besonders schwer getroffen zu werden.

Neben Argentinien ist schließlich noch Indonesien zu Gast. Präsident Joko Widodo richtet in diesem Jahr das G20-Treffen aus und lud trotz westlichen Drucks auch Putin dazu ein. Während der russische Präsident seit der Krim-Annexion 2014 von den Treffen der damaligen G8 und jetzigen G7 ausgeschlossen ist, will Widodo Putin offensichtlich im Club halten. Pünktlich zu Widodos Besuch bei den G7 meldet sich dann auch aus Moskau Putin selbst zu Wort: Ja, man habe bestätigt, dass seine Teilnahme am G20-Gipfel im späten Herbst vorgesehen sei, lässt der Kreml verlautbaren.

Scholz räumte am Montagmorgen dann auch ein, er selbst würde wohl oder übel zu einem G20-Treffen inklusive Putin reisen. Immerhin sei nun auch Präsident Selenskyj eingeladen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte sich in Elmau auch schon dafür ausgesprochen. Wie ein international Isolierter wirkt Putin nicht.

Scholz glaubt ohnehin nicht, dass er seine Gäste in der Alpenidylle von Elmau einfach umstimmen kann. Sein Horizont in dieser Frage reicht weiter: Er will den "Demokratien der Zukunft", wie er sie nennt, signalisieren, dass sie dem Westen wichtig sind. Scholz will Vertrauen aufbauen – und darauf hoffen, dass sie in einer künftigen Konfrontation mit Russland fester im Lager der Demokratien stehen.

Zunächst ging es, wie auf Gipfeln üblich, um eine gemeinsame Erklärung. Die Sitzung mit Scholz' fünf Gästen und den anderen Industriestaaten dazu zog sich in die Länge.

Erst am Abend stand das Dokument. Darin heißt es: Als Demokratien sei man "bestrebt, eine regelbasierte internationale Ordnung zu fördern, die territoriale Unversehrtheit und Souveränität anderer Staaten zu achten". Putin und Russland werden nicht ausdrücklich erwähnt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen vor Ort
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Erklärung von 2022 über resiliente Demokratien (PDF-Dokument)
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