Schusswechsel in Jenin Reporterin durch Schüsse getötet
Der Nahostkonflikt spitzt sich weiter zu: In Jenin gab es nun einen Schusswechsel zwischen der israelischen Armee und bewaffneten Palästinensern. Dabei wurde eine bekannte Journalistin getötet.
Eine Reporterin des TV-Senders Al-Dschasira ist am Mittwoch während eines israelischen Militäreinsatzes im Westjordanland durch Schüsse getötet worden. Wie genau die in der arabischen Welt bekannte Journalistin Schirin Abu Akle ums Leben kam, blieb zunächst unklar.
Die israelische Armee berichtete, es habe ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer Razzia in Jenin gegeben. Soldaten seien im Einsatz gewesen, um Terrorverdächtige festzunehmen. Verdächtige hätten massiv auf die Truppen geschossen und Sprengsätze geworfen. Die Soldaten hätten zurückgeschossen, es seien Treffer identifiziert worden. "Es wird die Möglichkeit untersucht, dass Journalisten getroffen wurden, möglicherweise durch bewaffnete Palästinenser", hieß es weiter. Generalstabschef Aviv Kochavi sagte allerdings, gegenwärtig könne man nicht festlegen, welche Seite für die tödlichen Schüsse verantwortlich sei. Der Vorfall werde untersucht.
UN-Nahost-Beauftragte fordert "vollständige Untersuchung"
Al-Dschasira warf Israel dagegen einen gezielten, kaltblütigen Mord vor. Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem "Verbrechen der Hinrichtung". Das palästinensische Gesundheitsministerium hatte mitgeteilt, die Journalistin, die auch US-Bürgerin war, sei durch Schüsse tödlich am Kopf verletzt worden. Ein anderer Journalist, der auch für Al-Dschasira arbeitet, sei bei dem Vorfall angeschossen worden.
Israels Ministerpräsident Naftali Bennett wies die Vorwürfe von Abbas zurück; sie hätten keine "solide Basis". Israels Außenminister Jair Lapid bot den Palästinensern eine gemeinsame Untersuchung und Obduktion an.
Der UN-Nahost-Beauftragte Tor Wennesland verurteilte die Bluttat und forderte "eine umgehende und vollständige Untersuchung". Die arabische Liga machte "israelische Kugeln" für den Tod der Journalistin verantwortlich und forderte ebenfalls eine Untersuchung.
Auch die EU forderte eine umfassende und unabhängige Ermittlung, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Es sei nicht hinnehmbar, dass Journalisten bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen würden, hieß es in einer Mitteilung des außenpolitischen Sprechers. Ähnlich äußerte sich die US-Regierung. "Die Untersuchung von Angriffen auf unabhängige Medien und die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen sind von größter Bedeutung", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Der Tod der Reporterin sei ein "Angriff auf die Medienfreiheit überall".
Journalistin trug laut Sender Presseweste
Al-Dschasira schrieb, die Reporterin habe über die Razzia berichtet und dabei eine Weste mit der gut lesbaren Aufschrift "Presse" getragen. Die Palästinenserin aus Ost-Jerusalem war schon seit mehr als 20 Jahren für den katarischen Sender im Einsatz. Besonders in der arabischen Welt war sie für ihre Berichterstattung über den Nahost-Konflikt sehr bekannt. Al-Dschasira verurteilte die tödlichen Schüsse als "abscheuliches Verbrechen, dessen Ziel es war, die Medien an der Berichterstattung zu hindern".
Der verletzte Journalist, Ali al-Samudi, sagte laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa, er und weitere Journalisten seien von israelischen Soldaten gezielt beschossen worden. Diese hätten ihn und Abu Akle getroffen. Die Soldaten hätten gewusst, dass an dem Ort, wo sie sich befanden, nur Journalisten gewesen seien und keine bewaffneten Männer. Alle Journalisten hätten Presse-Westen getragen. Es habe dort auch keine Konfrontationen gegeben.
Anschlagswelle in Israel – Tote bei Militäreinsätzen
Bei einer Terrorwelle sind seit Ende März in Israel 17 Menschen getötet worden, ein israelischer Wachmann im Westjordanland wurde außerdem von Palästinensern erschossen. Israels Armee verstärkte seit Beginn der Anschlagswelle ihre Einsätze im besetzten Westjordanland. Vor allem im Bereich der Stadt Jenin, die als Hochburg militanter Palästinenser gilt, kommt es bei solchen Militäreinsätzen immer wieder zu schweren Konfrontationen mit Einwohnern.
Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums sind seit Ende März mehr als 20 Palästinenser getötet worden. Mehrere Palästinenser wurden bei Militäreinsätzen getötet, aber auch bei ihren eigenen Anschlägen und Zusammenstößen mit der Armee.
- Nachrichtenagenturen dpa und rtr