Voraussetzung für EU-Unterstützung Jahrelanger Bürgerkrieg – Libyen beschließt Waffenstillstand
Seit Jahren versinkt Libyen im Chaos zwischen rivalisierenden Lagern. Jetzt haben Militärvertreter in Genf einen entscheidenden Schritt Richtung Frieden gemacht. Die EU begrüßt die Einigung.
Die Konfliktparteien im libyschen Bürgerkrieg haben sich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Das sagte die amtierende UN-Beauftragte für Libyen, Stephanie Williams, am Mittwoch unmittelbar nach der Unterzeichnung einer Vereinbarung in Genf. Der Moment werde in die Geschichte eingehen, sagte Williams.
Voraussetzung für eine stärkere europäische Unterstützung
Die EU begrüßte die Einigung und bezeichnete die Umsetzung als wichtige Voraussetzung für eine stärkere europäische Unterstützung des Landes. Die Vereinbarung sei ein Schlüsselelement für die Wiederaufnahme des politischen Friedensprozesses und diese wiederum sei Vorbedingung für zugesagte EU-Unterstützung, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Freitag in Brüssel.
Man sei sich bewusst darüber, dass die Umsetzung des Waffenstillstandes schwieriger sein werde als die Verhandlungen darüber. Die Einigung sei aber eine "sehr, sehr gute Nachricht".
Militärvertreter des Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch und des Generals Chalifa Haftar waren seit Montag in Genf, um politische Gespräche über die Zukunft Libyens vorzubereiten. Diese Gespräche sollen im November in Tunesien beginnen. An den Genfer Gesprächen waren je fünf Militärvertreter beider Seiten beteiligt. Deshalb hießen die Gespräche 5+5. Das Format war bei der Berliner Libyen-Konferenz im Januar vereinbart worden.
Chaotische Zustände begünstigen Schlepperbanden
Die Unterhändler hatten sich in den vergangenen Tagen bereits auf Modalitäten für die Ölförderung geeinigt, um die Produktion wieder ausweiten zu können. Zudem gab es eine Einigung auf die Öffnung von Straßen und Flugverbindungen zwischen den Regionen. Sie wollen zudem gegen Leute vorgehen, die auf sozialen Medien Hassreden verbreiten und Konflikte anheizen.
Für die EU ist eine gesamtheitliche Lösung des Konfliktes auch wichtig, weil die chaotischen Zustände in dem Land das Geschäft von Schlepperbanden begünstigen, die Migranten illegal über das Mittelmeer nach Europa bringen. Für den Fall, dass es in Libyen zu einem Friedensprozess kommt, will die EU den Staat intensiv unterstützen – zum Beispiel bei der Verbesserung des Gesundheits- und Bildungssystems oder der Wirtschaftsförderung.
Länder müssen ihre Finger von Libyen lassen
Williams hatte die Präsenz ausländischer Milizionäre verurteilt. "Der Umfang der ausländischen Intervention ist inakzeptabel", sagte sie. "Diese Länder müssen ihre Finger von Libyen lassen." Sie hatte Anfang der Woche betont, dass ausländische Kämpfer innerhalb von 90 Tagen unter UN-Aufsicht das Land verlassen müssten, sobald ein Waffenstillstand erreicht sei.
In dem nordafrikanischen Land tobt seit dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg. Die international anerkannte Sarradsch-Regierung mit Sitz in der Hauptstadt Tripolis ringt dabei mit Haftar und einem Gegenparlament in Tobruk im Osten Libyens um die Macht.
Auch innerhalb der jeweiligen Lager gibt es Konflikte. Befeuert wird der Konflikt von ausländischen Staaten, die Waffen, Söldner und andere Ausrüstung ins Land schicken. Alle internationalen Bemühungen, den Konflikt beizulegen, blieben bisher erfolglos.
- Nachrichtenagentur dpa