Protest gegen neue Regierung Hunderte Verletzte bei Ausschreitungen im Libanon
Das Parlament im Libanon soll in dieser Woche eine neue Regierung wählen. Demonstranten misstrauen dem designierten Ministerpräsidenten Diab – und versuchen, das Parlament lahmzulegen.
Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sind in der libanesischen Hauptstadt Beirut mindestens 280 Menschen verletzt worden. Regierungsgegner versuchten am Dienstag, Abgeordnete auf dem Weg ins Parlament zu stoppen, um so eine Sitzung des Hauses zu verhindern.
Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, Demonstranten warfen Steine und stürzten einen Betonblock um, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Von den 280 Verletzten seien 39 ins Krankenhaus gebracht worden, erklärte das libanesische Rote Kreuz.
Wirtschaftskrise hat Proteste ausgelöst
Im Libanon kommt es seit Oktober zu Protesten gegen die Führungselite. Die Demonstranten prangern die weit verbreitete Korruption und die schlechte Infrastruktur an. Regierungschef Saad Hariri trat auf Druck der Straße zurück.
Bei den Demonstrationen kam es bereits mehrfach zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Die Proteste haben im Libanon die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Ende des Bürgerkriegs 1990 ausgelöst.
Das Parlament soll in dieser Woche dem neuen Ministerpräsidenten Hassan Diab und seinem Kabinett das Vertrauen aussprechen. Bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms versprach Diab am Dienstag einen Notfallplan und Reformen, um die Korruption zu bekämpfen. An der Sitzung nahmen 67 von insgesamt 128 Abgeordneten teil, wie die staatliche Agentur NNA meldete.
"Wir lehnen solch ein Kabinett ab"
Die Demonstranten forderten die Abgeordneten auf, der neuen Regierung das Vertrauen zu verweigern. "Wir lehnen solch ein Kabinett ab", sagte einer von ihnen einem lokalen TV-Sender. "Es heißt, es bestehe aus Experten, aber in Wirklichkeit gehören sie alle derselben korrupten regierenden Klasse an." Die neue Regierung wird vor allem von der Iran-treuen schiitischen Hisbollah-Bewegung und dem mit ihr verbündeten Präsidenten Michel Aoun unterstützt.
In dem kleinen Land am Mittelmeer ist die Macht nach einem jahrzehntealten Proporzsystem auf die unterschiedlichen Konfessionen verteilt. Der Präsident ist immer ein Christ, der Regierungschef ein Sunnit und der Parlamentschef immer ein Schiit. Die Hisbollah hat sich jedoch zur einflussreichsten politischen Kraft entwickelt.
- Nachrichtenagentur dpa