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Wahljahr in den USA: Wie Donald Trump den Krieg riskiert


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Wie Donald Trump den Krieg riskiert

dpa, Lena Klimkeit, Jürgen Bätz

05.01.2020Lesedauer: 5 Min.
Donald Trump bei einem Besuch auf einer Militärbasis: Der Präsident steht innen- und außenpolitisch unter Druck.Vergrößern des Bildes
Donald Trump bei einem Besuch auf einer Militärbasis: Der Präsident steht innen- und außenpolitisch unter Druck. (Quelle: Al Drago/imago-images-bilder)
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Der Drohnen-Angriff auf Irans populärsten General bringt die USA an den Rande eines Krieges. Kritiker werfen Trump vor, im Wahljahr seine Chancen verbessern zu wollen. Die Folgen könnten dramatisch sein.

Ich darf Dich angreifen, Du darfst aber nicht zurückschlagen, sonst wird die Hölle los sein – das ist die Botschaft von US-Präsident Donald Trump an den Iran. Sollte sich Teheran für den US-Luftangriff auf Irans Top-General rächen, würden die USA Dutzende iranische Ziele angreifen, drohte Trump – darunter auch kulturelle. Am Wochenende trauerten bei Prozessionen im Irak und im Iran Zehntausende um General Ghassem Soleimani, viele forderten Vergeltung. Iraks Parlament will die US-Truppen des Landes verweisen und Teheran kündigt "schwere Rache" an. Die USA und der Iran erklären beide, dass sie keinen Krieg wollen – doch der Luftangriff hat eine Spirale von Ereignissen in Gang gesetzt, deren Ende nicht abzusehen ist.

Einige Experten bezeichnen den von Trump angeordneten Luftangriff auf General Soleimani in Bagdad als das riskanteste Manöver amerikanischer Nahost-Politik seit dem Einmarsch im Irak 2003 – und das zehn Monate vor der US-Wahl. Trump zufolge wurden damit unmittelbar bevorstehende Angriffe der Iraner verhindert. Konkrete Details gab die Regierung allerdings nicht preis. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen, dass die dahingehenden Erkenntnisse der Geheimdienste recht dünn gewesen seien.

Ablenkungsmanöver vom Impeachment-Verfahren?

Auch führende Demokraten stellen Trumps Begründung inzwischen in Frage. Sie mutmaßen, Trump könnte mit dem Luftangriff womöglich vom innenpolitischen Druck auf ihn ablenken wollen. Das Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen den Präsidenten soll vermutlich schon im Januar im Senat fortgesetzt werden. Im Falle eines Konfliktes mit dem Iran könnte sich Trump aber als entschlossener Oberkommandierender darstellen, so die Logik.

"Ich glaube, die Menschen fragen sich: wieso jetzt?" sagte die demokratische Senatorin Elizabeth Warren am Sonntag. Es stehe die Frage im Raum, ob es in Wirklichkeit nicht darum gegangen sei, damit Trumps persönliche politische Ziele zu erfüllen, erklärte Warren, die sich auch um die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei bewirbt. Auch die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, meldete Zweifel an: Die offizielle Begründung des Luftangriffs für den Kongress werfe "ernsthafte und drängende Fragen über das Timing, die Ausführung und die Begründung der Entscheidung der Regierung auf".

Als Wahlkämpfer vertritt Trump eigentlich schon seit 2016 eine klare Botschaft: Er will die "endlosen" Kriege im Nahen Osten beenden und die US-Soldaten endlich nach Hause bringen. Doch als Präsident hat er immer mehr Truppen in die Region geschickt, um den Iran im Zaum zu halten. Allein diese Woche ordnete er die Verlegung von rund 4.000 zusätzlichen Soldaten an. Einen Krieg mit Nachrichten über gefallene Soldaten und steigende Ölpreise kann Trump im Wahljahr eigentlich nicht brauchen. Doch nach der Tötung Soleimanis droht eine Spirale der Gewalt: Teheran könnte als Vergeltung US-Soldaten im Nahen Osten angreifen, Trump wäre dann unter Zugzwang, härter zurückzuschlagen.

Genauso ist es in den vergangenen Tagen gewesen: Vom Iran unterstützte schiitische Milizen im Irak griffen einen Militärstützpunkt an, ein Amerikaner kam dabei ums Leben. Es folgten fünf US-Luftangriffe, bei denen mindestens 25 Kämpfer der Miliz starben. Dann versuchten deren Anhänger, mit Gewalt die US-Botschaft in Bagdad zu erstürmen. Die Supermacht USA wirkte plötzlich verwundbar, per Hubschrauber wurden eilig Soldaten als Verstärkung eingeflogen. Dann kam die Retourkutsche: Der US-Luftangriff auf General Soleimani, der einer der wichtigsten Vertreter des iranischen Regimes war.

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Über Twitter schickt der Präsident den Iranern am Wochenende martialische Warnungen: Falls Teheran sich für die Tötung Soleimanis an US-Bürgern oder amerikanischen Einrichtungen rächen sollte, hätte das US-Militär bereits 52 iranische Ziele identifiziert. Sollte es tatsächlich zu einer solchen Eskalation kommen, wäre ein Krieg nach Ansicht vieler Beobachter wohl kaum mehr vermeidbar. Am Freitag hatte Trump noch Deeskalation gefordert. "Wir haben nicht gehandelt, um einen Krieg zu beginnen." Die USA wollten keinen Krieg, sagte er.

Auch aus den eignen Reihen Druck auf den Präsidenten

Hinter der Tötung Soleimanis, vor der Trumps Vorgänger George W. Bush und Barack Obama zurückgeschreckt sein sollen, dürfte noch mehr gesteckt haben. Trump sah sich im Iran-Konflikt von manchen Republikanern mit der Kritik konfrontiert, zu nachsichtig zu sein. Irans Provokationen in der Straße von Hormus blieben unbeantwortet, nach dem Abschuss einer US-Drohne sagte Trump im vergangenen Jahr einen Gegenschlag nach eigener Darstellung in letzter Minute ab. Selbst ein großangelegter Angriff auf Ölanlagen in Saudi-Arabien im September blieb in militärischer Hinsicht ungesühnt – Trumps Regierung verlegte aber nochmals mehr Soldaten in den Nahen Osten.

Die fortlaufende Verschärfung von US-Sanktionen gegen Teheran nach der einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens hat bislang vor allem dazu geführt, dass die Spannungen immer weiter zunahmen. Manche Experten sehen Teherans aggressivere Haltung sogar als Ergebnis von Trumps Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran. Die Sanktionen hätten eine Wirtschaftskrise ausgelöst, der Iran habe deshalb begonnen, um sich zu schlagen – so die Logik.

Demokraten: Trump bringt USA "an der Schwelle eines Kriegs"

Die Regierung müsse "noch beweisen, dass die Kampagne des maximalen Drucks irgendetwas erreicht hat, außer gefährlichere und tödlichere Reaktionen des Irans auszulösen und die Wahrscheinlichkeit eines Kriegs zu erhöhen", erklärte der Chef des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Adam Schiff, nachdem er von der Regierung über den Einsatz gegen Soleimani unterrichtet worden war. Die Frage, wieso Soleimani ausgerechnet jetzt getötet worden sei, müsse noch beantwortet werden, forderte Schiff.

Andere führende Demokraten kritisieren, Trumps Handeln lasse das Land ohne Zustimmung des Parlaments in einen Krieg schlittern. Senatorin Warren warnte, die von Trump betriebene Eskalation habe die USA "an die Schwelle eines Kriegs" manövriert.

Trumps harter Kurs gegen den Iran kommt bei der Parteibasis des Republikaners gut an. Der jüngste Luftangriff kam nur wenige Monate nach der Tötung des Anführers der Terrormiliz Islamischer Staat, Abu Bakr al-Bagdadi. "Unter meiner Führung ist Amerikas Politik gegenüber Terroristen eindeutig", brüstete sich Trump am Freitag. "Wir werden Euch ausfindig machen, wir werden Euch auslöschen", droht er. "Die Welt wird ein sichererer Ort ohne diese Monster sein." Ob Trumps Wähler seinen Kurs auch noch gutheißen werden, wenn Särge von US-Soldaten in die USA gebracht werden sollten, wird sich zeigen.

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Die Eskalation könnte auch Irans Innenpolitik dramatisch verändern: Die Hardliner könnten die Oberhand gewinnen. Infolge der einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens durch Trump hatte Teheran zuletzt langsam damit begonnen, sein Nuklearprogramm wieder hochzufahren. Nun gab Irans Regierung bekannt, das Atomabkommen von 2015 sei nicht mehr bindend. Das Land würde sein Atomprogramm nun unbegrenzt fortsetzen und unlimitiert Uran anreichern. Eigentlich sollte das Abkommen ein Wettrüsten und eine Eskalation der Situation in der Region verhindern.

US-Soldaten im Irak in Gefahr

Unmittelbar in der Schusslinie könnten nun die rund 5.000 US-Soldaten im Irak stehen, die ein internationales Bündnis gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anführen. Der Iran könnte die Truppen dort mit Hilfe verbündeter Milizen angreifen – wie neue Raketenangriffe am Samstagabend bereits zeigten, deren Urheber aber zunächst unklar waren. Die von den USA geführte Anti-Terror-Truppe will sich daher zunächst auf den Schutz der eigenen Stützpunkte konzentrieren.

Doch der Luftangriff auf Soleimani könnte den Nahen Osten nachhaltig verändern: Rund 16 Jahre nach dem US-Einmarsch im Irak stimmte das Parlament im Bagdad am Sonntag überraschend für einen kompletten Abzug der US-Soldaten. Das könnte es dem IS ermöglichen, wieder Schlagkraft zu sammeln – also das Gegenteil dessen, was Trump eigentlich zu seinem obersten Ziel im Nahen Osten erklärt hat.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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