Streit um Gaspipeline in der Ostsee USA verhängen Sanktionen wegen Nord Stream 2
Im Streit um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 hat die Bundesregierung bis zuletzt gegen Strafmaßnahmen der USA gekämpft. Präsident Trump setzte die Sanktionen nun dennoch in Kraft.
US-Präsident Donald Trump hat die Sanktionen gegen den Bau der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 in Kraft gesetzt. Er unterzeichnete am Freitagabend (Ortszeit) bei einer Zeremonie in der Luftwaffenbasis Andrews bei Washington den neuen Verteidigungshaushalt, in dem die Strafmaßnahmen enthalten sind.
Am Freitagabend hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) noch mit seinem amerikanischen Amtskollegen Mike Pompeo telefoniert. Pompeo hatte dabei erneut den großen Widerstand der USA gegen den Bau der Gaspipeline zum Ausdruck gebracht. Washington argumentiert, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Moskau begeben würde.
Unterdessen setzte der schweizerisch-niederländische Konzern Allseas seine Arbeit an der Pipeline angesichts der Strafmaßnahmen vorerst aus. Die US-Strafmaßnahmen des "Gesetzes zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Leitungsrohre durch die Ostsee verlegt werden.
Auf der Website von Allseas hieß es, man werde die Arbeiten im Einklang mit der Gesetzgebung wieder aufnehmen und erwarte Orientierungshilfe der zuständigen US-Behörde – bestehend aus nötigen regulatorischen, technischen und ökologischen Klarstellungen. Vor Unterzeichnung des Gesetzes hatte der Kreml allerdings deutlich gemacht, dass er nicht davon ausgeht, dass die Fertigstellung der Gastrasse von Russland nach Deutschland noch zu verhindern ist. Die Pipeline soll ab dem kommenden Jahr Gas von Russland nach Europa leiten.
US-Senatoren drohen Betreiberkonzern
"Wir verstehen, dass die russische Regierung Allseas eine sehr bedeutende Geldmenge dafür bezahlt, die Nord-Stream-2-Pipeline fertigzustellen", hieß es in einem Brief der republikanischen Senatoren Ted Cruz – der das Sanktionsgesetz eingebracht hat – und Ron Johnson an Allseas-Chef Edward Heerema. Sollte die Firma die Arbeiten aber "auch nur für einen einzigen Tag" nach Unterzeichnung des US-Sanktionsgesetzes fortführen, drohten ihr "potenziell vernichtende rechtliche und wirtschaftliche Sanktionen".
Die beiden US-Senatoren verweisen in ihrem Schreiben unter Berufung auf das Nord-Stream-2-Konsortium darauf, dass Allseas mit der "Pioneering Spirit" mindestens ein Schiff im Einsatz habe, das Rohre für die Pipeline verlege. In dem von Cruz' Büro veröffentlichten Schreiben heißt es, dass die US-Regierung dem Kongress zwar erst 60 Tage nach Unterzeichnung des Gesetzes berichten werde, gegen welche Firmen Sanktionen verhängt würden. Allerdings würden bei Verstößen rückwirkend Strafmaßnahmen auch für diesen Zeitraum verhängt.
Eine 30-tägige Übergangsfrist nach Inkrafttreten gelte nur, wenn Unternehmen überzeugend darstellten, dass sie ihre Arbeiten an dem Projekt abwickelten, warnten die Senatoren. "Sollten Sie versuchen, die Pipeline in den nächsten 30 Tagen fertigzustellen, würden Sie ihren Aktionärswert vernichten und die künftige finanzielle Existenzfähigkeit ihres Unternehmens zerstören." Ziel der Sanktionen sei es, sicherzustellen, dass die Pipeline nicht fertig werde.
Die Senatoren verwiesen auf die Konsequenzen, sollte Allseas gegen die Sanktionen verstoßen: Wer Schiffe für die Verlegung der Rohre zur Verfügung stelle, werde bestraft, hieß es in dem Brief. Gegen betroffene Personen würden Einreiseverbote in die USA verhängt. Etwaiger Besitz von Allseas in den Vereinigten Staaten würde eingefroren. Das würde auch das Vermögen von Allseas USA mit Sitz in Houston (Texas) sowie Schiffe des Unternehmens betreffen, die US-Hoheitsgewässer befahren sollten.
Die Bundesregierung wird nach Angaben ihres Transatlantik-Koordinators Peter Beyer auf Gegenmaßnahmen auf die US-Sanktionen verzichten. Die vom US-Präsidenten in Kraft gesetzten Strafmaßnahmen richteten sich nicht gegen Deutschland, sondern gegen privatwirtschaftliche Unternehmen, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur zur Begründung. "Deshalb wird Deutschland keine Gegenmaßnahmen einleiten. Wenn, müsste dies sowieso auf europäischer Ebene geschehen, aber auch das wird nicht passieren."
Gaspipeline ist fast fertig
Die USA wollen die Fertigstellung von Nord Stream 2 kurz vor Abschluss der Arbeiten noch verhindern. Ziel der Sanktionen sind die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe, mit denen die Leitungsrohre durch die Ostsee verlegt werden. Als Strafmaßnahmen vorgesehen sind Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen in den USA.
Nord Stream 2 und die Sanktionspläne der USA sorgen schon seit geraumer Zeit für Zwist zwischen Washington und Berlin. Trump ist ein vehementer Kritiker der Pipeline, die das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen soll. Der US-Präsident wirft Deutschland vor, sich dadurch in Abhängigkeit von russischem Gas zu begeben.
Auf Kritik stößt das vom russischen Gazprom-Konzern angeführte Projekt Nord Stream 2 aber auch in Teilen Europas. Befürchtet wird vor allem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, etwa der Ukraine.
Befürworter betonen Energiesicherheit in Europa
Befürworter der Pipeline argumentieren hingegen, diese erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise, auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA.
Der Bau von Nord Stream 2 ist bereits weit vorangeschritten. Zur Vollendung der doppelstrangigen Pipeline fehlen aktuell nur noch rund 300 Kilometer, bei einer Gesamtlänge von knapp 1.300 Kilometern. Die Route verläuft in weiten Teilen parallel zur bereits bestehenden Pipeline Nord Stream. Startpunkt ist die russische Ostseeküste westlich von St. Petersburg, Ziel ist Lubmin unweit von Greifswald.
Der neue US-Verteidigungshaushalt hat ein Volumen von 738 Milliarden Dollar. Der Senat hatte dem Budget und den darin enthaltenen Sanktionen am Dienstag zugestimmt. Knapp eine Woche zuvor hatte bereits das Repräsentantenhaus den Entwurf verabschiedet.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters