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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Protesten Bericht: So geht der Iran gegen Oppositionelle vor
Im Iran solidarisierten sich zahlreiche Prominente mit den Protesten für Frauenrechte. Jetzt zeigt ein Bericht, wie das Regime wohl gegen sie vorging.
Im Iran ging das Regime in den vergangenen Monaten gegen zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens vor, die die Proteste für Frauenrechte und Freiheit unterstützt hatten. Gegen sie wurden wirtschaftliche Sanktionen oder Reiseverbote verhängt – teils wurden sie verhaftet. Wie der britische Nachrichtensender BBC jetzt berichtet, ging das Regime dabei durchaus systematisch gegen seine Kritiker vor.
Laut dem Bericht hat die Regierung ein geheimes Komitee gegründet, dessen Aufgabe es ist, regimekritischen Personen des öffentlichen Lebens nachzugehen. Der Sender beruft sich dabei auf durchgesickerte Dokumente, die der Redaktion vorliegen.
Regime-Taskforce ging iranischen Prominenten auf den Grund
Am 22. September 2022 – wenige Tage nach dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September, der die heftigen Proteste im Land auslöste – habe die sogenannte "Celebrity Taskforce" demnach eine Liste mit 141 Personen an das iranische Wirtschaftsministerium geschickt.
In diesem Zusammenhang habe das Komitee das Ministerium aufgefordert, deren Steuererklärungen zu prüfen und Maßnahmen "gemäß den gesetzlichen Bestimmungen" gegen sie zu ergreifen. Um welche Maßnahmen es sich genau handelt, gehe aus dem Dokument nicht hervor.
Prominente Beispiele stützen BBC-Bericht
Auf der Liste stand laut BBC beispielsweise die iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti, die Mitte Dezember verhaftet worden war. Sie hatte sich zuvor mit der Frauenbewegung solidarisiert und auf Instagram ein inzwischen gelöschtes Bild ohne das im Iran obligatorische Kopftuch veröffentlicht. Hier lesen Sie mehr dazu.
Der Schauspielerin wurden nach ihrer Verhaftung "Verbreitung von Falschinformationen und Unterstützung von konterrevolutionären Kreisen" vorgeworfen. Rund zwei Wochen später wurde sie auf Kaution freigelassen. Auch der iranische Fußballtrainer und ehemalige Bundesligaprofi Ali Daei steht laut BBC auf der Liste des Komitees. Wie die Behörden im Dezember gegen ihn vorgingen, lesen Sie hier.
Bekannter oppositioneller Journalist erneut festgenommen
Indes ist ein prominenter oppositioneller Journalist im Iran erneut festgenommen worden – nur knapp drei Monate nach seiner Freilassung, zu der Sie hier mehr erfahren. Keiwan Samimi wurde bereits am Donnerstag festgenommen, teilte seine Familie am Dienstag mit. "Wir haben immer noch keine Informationen darüber, wer für die Festnahme verantwortlich ist, oder über seinen Aufenthaltsort", sagte ein Familienmitglied der Nachrichtenagentur AFP.
Im Januar hatte der 74-jährige Samimi das Semnan-Gefängnis verlassen, nachdem er dort eine dreijährige Haftstrafe wegen "Verschwörungen gegen die nationale Sicherheit" verbüßt hatte. Seit seiner Freilassung hatte der Journalist auch Aktivisten und Politiker getroffen, darunter den ehemaligen iranischen Staatspräsidenten Mohammed Chatami. Im Dezember hatte Samimi aus seiner Zelle heraus eine Nachricht veröffentlicht, in der er die seit September andauernden Proteste im Iran unterstützte.
Die iranische Kurdin Jina Mahsa Amini starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Nach Schätzungen von Menschenrechtlern wurden im Zuge der anschließenden Proteste mehr als 500 Menschen getötet.
- bbc.com: "Iran protests: Secret committee 'punished celebrities over dissent'" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP