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Konflikt mit den USA: Chinas Armee rüstet sich für den Kampf


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Konflikt mit den USA
Chinas Armee rüstet sich für den Kampf


Aktualisiert am 05.09.2022Lesedauer: 7 Min.
Ein chinesischer Soldat bei einer Parade: Die Volksrepublik hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten militärisch massiv aufgerüstet.Vergrößern des Bildes
Ein chinesischer Soldat bei einer Parade: Die Volksrepublik hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten militärisch massiv aufgerüstet. (Quelle: via www.imago-images.de/imago-images-bilder)

China lässt die militärischen Muskeln spielen und möchte die USA als führende Supermacht herausfordern. Doch wie stark ist die chinesische Armee wirklich?

Sie sind noch immer sichtbar, die tiefen Narben. China wurde im 19. Jahrhundert zum Opfer des westlichen Kolonialismus. Westliche Mächte schwächten und demütigten jahrzehntelang das bevölkerungsreichste Land der Welt. In den Köpfen vieler Chinesinnen und Chinesen hat sich diese Geschichte bis heute eingebrannt. Viele blicken heute deshalb mit Stolz auf ihre Nation, die international immer mächtiger wird. Von der "Wiedergeburt Chinas" spricht Präsident Xi Jinping.

Klar ist: Die chinesische Führung möchte die USA als die global dominierende Supermacht ablösen. Dafür rüstete die Volksrepublik in den vergangenen zwei Jahrzehnten militärisch massiv auf. Konflikte mit Washington und seinen Verbündeten im Indopazifik erscheinen unausweichlich, aber wäre die chinesische Volksbereitschaft überhaupt schon ein ernstzunehmender Gegner für die amerikanische Militärmacht?

Der Grundpfeiler für den globalen Einfluss der Volksrepublik ist und bleibt die chinesische Wirtschaftsmacht, die aber wiederum durch ein starkes Militär abgesichert werden soll. Zwar ist China schon ein militärischer Riese, muss allerdings noch das Laufen lernen. Zwar hat Xi den Konflikt mit den USA fest im Blick, seine strategischen Ziele möchte er aber mit Vorsicht und Geduld erreichen.

Strategie der dominierenden Wirtschaftsmacht

Die teilweise aggressive chinesische Expansionspolitik im Pazifikraum begann nicht erst mit Präsident Xi. Es war sein Vorgänger Hu Jintoa, unter dessen Führung schnell militärisch aufgerüstet wurde und auch die Inselstreitigkeiten mit den Nachbarstaaten im Südchinesischen Meer begannen. Bereits im Jahr 2009 machte die Volksrepublik ihre Ansprüche in der Region deutlich, kurz vor der Machtübernahme Xis 2013 schickte China bereits Fischermilizen zur Besetzung des Scarborough-Riffs in den Hoheitsgewässern der Philippinen.

Das markierte eine Zeitenwende in der chinesischen Außenpolitik, die vom Westen kaum bemerkt wurde. Zuvor setzten die Machthaber in Peking viele Jahre stets auf eine eher zurückhaltende Strategie, um mit möglichst vielen Staaten weltweit starke wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen. So machte auch der Westen China zur Fabrik der Welt.

Schon unter Hu Jintoa wurde die Volksrepublik selbstbewusster. Noch heute wird gerne vergessen, dass der frühere Präsident eher als zurückhaltender Technokrat wahrgenommen wurde. Aber Xi erbte bei seiner Machtübernahme schon die machtpolitische Strategie, die er noch aggressiver und verbunden mit einem größeren Personenkult forcierte.

Xi formuliert seine Ziele genau: China soll die USA als Weltmacht überholen. Bis zum Jahr 2035 soll die Modernisierung der chinesischen Armee abgeschlossen sein, bis 2049 will die Volksrepublik militärisch auf Augenhöhe mit den USA sein. "Ein Militär ist dafür da, um zu kämpfen", sagte der Präsident zum 90. Jahrestag der Gründung der Chinesischen Volksbefreiungsarmee im Jahr 2017. "Kampfbereitschaft ist der Maßstab für unser Militär und die Fähigkeit zu gewinnen."

Das chinesische Regime möchte seine Supermachtrolle allerdings nicht wie die USA interpretieren, die ihren Einfluss militärisch in jedem Teil der Welt verteidigen könnten. China möchte hingegen Asien als wirtschaftliches Zentrum der Welt sowie die wichtigsten Seewege kontrollieren – auch um die Versorgung des Reichs der Mitte mit Rohstoffen zu sichern. Deshalb setzt die chinesische Kommunistische Partei (KP) nicht wie die Amerikaner auf zahlreiche Militärstützpunkte weltweit, sondern auf die Präsenz entlang der wichtigen Handelsrouten im Pazifik, im Südchinesischen Meer, im Indischen Ozean und sogar entlang der Ostpassage am Nordpol.

Stärken der chinesischen Armee: Masse und Qualität

Die Volksrepublik suchte und fand in den vergangenen neun Jahren nach passenden Gelegenheiten, um langsam ihre Kontrolle über die Handelsrouten auszubauen. Das Regime setzt darauf, dass die USA nicht in einen Krieg ziehen würden, um einen unbewohnten Felsen oder eine mit Sand aufgeschüttete Insel zu erobern.

Lediglich im Taiwan-Konflikt handelt die chinesische Führung aggressiver und Xi hat angekündigt, die abtrünnige Provinz in Zukunft notfalls auch mit Gewalt einnehmen zu wollen. Trotzdem möchte die chinesische Führung wahrscheinlich eine bewaffnete Auseinandersetzung mit einer anderen Großmacht vermeiden – schließlich ist die Machtbasis der KP im Reich der Mitte vor allem das Wirtschaftswachstum. Und ein militärischer Konflikt mit dem Westen würde eine Weltwirtschaftskrise auslösen.

Chinas Militär rüstet also militärisch vor allem deswegen auf, um das Kräftegleichgewicht in der Region zu verschieben. Letzteres ist bereits gelungen. Die chinesische Übermacht schüchtert schon jetzt die meisten Nachbarstaaten ein.

Die chinesische Führung hält sich mit genauen Angaben der eigenen militärischen Möglichkeiten zurück. Zwar gibt die Volksrepublik jährlich 230 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus und unterhält mittlerweile die zweitgrößte Armee der Welt. Die Ausgaben der USA sind mit 770 Milliarden US-Dollar allerdings mehr als dreimal so hoch. In einigen Bereichen ist das chinesische Militär dennoch auf Augenhöhe mit den Amerikanern. Ein Überblick.

1. Die Marine

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Vorherrschaft in der eigenen Nachbarschaft ist, die militärische US-Präsenz im Indopazifik zurückzudrängen. Aus Sicht Pekings sollten die lebenswichtigen Versorgungswege auf den Weltmeeren nicht jederzeit von den USA und ihren Verbündeten blockiert werden können.

China baute sich im Eiltempo die größte Marine weltweit auf: Sie verfügt mittlerweile über zwei Flugzeugträger, ein dritter soll im Jahr 2023 vom Stapel gehen. Die USA haben zwar elf Flugzeugträger, diese müssen aber global operieren. Und es ist zu erwarten, dass die Volksrepublik im kommenden Jahrzehnt weiter aufholen wird. Die US-Marine geht davon aus, dass die Gesamtzahl der chinesischen Marineschiffe zwischen 2020 und 2040 um fast 40 Prozent zunehmen wird. Militäranalysten in den USA warnen bereits seit einigen Jahren vor dieser Bedrohung.

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Der frühere Oberst der Volksbefreiungsarmee, Zhou Bo, sagte dem britischen TV-Sender BBC: "Chinas Flottenerweiterung wird von entscheidender Bedeutung sein, um den Bedrohungen auf See durch die USA entgegenzuwirken". Auch technologisch entwickelt das chinesische Militär seine Kriegsschiffe in hohem Tempo weiter. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie in diesem Punkt ihren amerikanischen Gegnern noch unterlegen sind.

2. Konventionelle Streitkräfte

Vor der Modernisierung lag die militärische Stärke Chinas vor allem in der Masse der verfügbaren Soldaten. Noch immer unterhält China die größte Armee der Welt und hat im Vergleich mit den USA deutlich mehr Reservisten und Milizen, die die Führung im Notfall aktivieren kann.

Die Volksbefreiungsarmee hat weniger Panzer und gepanzerte Fahrzeuge als die Amerikaner, aber auch hier holt China auf. Ausrüstung, Waffen und militärisches Gerät werden mittlerweile fast ausschließlich in Eigenproduktion hergestellt, was das Regime unabhängig vom Ausland macht. Dadurch ist die Produktion von konventionellen Waffen und Gerät für China teilweise deutlich billiger für die Volksrepublik. Die chinesische Propaganda versucht diese Eigenentwicklungen spektakulär in Szene zu setzen, über die tatsächliche technische Qualität gibt es aber kaum Erkenntnisse.

3. Die Luftwaffe

Westliche Militärexperten rätseln außerdem über die Schlagkraft der chinesischen Kampfflugzeuge. China verfügt über Jets der 5. und 6. Generation, die über eine fortgeschrittene Tarnkappentechnologie verfügen sollen. Bisher gibt es im Ausland aber noch wenig Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit.

Zweifel gibt es außerdem daran, ob die Volksrepublik ihre Kampfjets wirklich selbst entwickelt hat. Die USA werfen dem chinesischen Regime vor, Pläne für US-Kampfflugzeuge – darunter auch den der F-35 – gestohlen zu haben. Während sich chinesische Kampfjets in der Vergangenheit oft an russischen Vorbildern wie der MiG-21 orientierten, ist das modernste Kampfflugzeug – die Chengdu J-20 "Mighty Dragon" – zumindest äußerlich eher modernen US-Jets nachempfunden. Lediglich bei der Antriebstechnologie sollen die chinesischen Kampfflugzeuge noch deutlich hinter der Konkurrenz liegen, meinen US-Experten. Das soll sich allerdings im Jahr 2023 durch die Entwicklung eines neuen Triebwerkes ändern.

Als im Frühjahr 2022 amerikanische F-35 im Südchinesischen Meer auf chinesische J-20 trafen, äußerten sich US-Militärs dennoch beeindruckt von dem chinesischen Jet. "Sie fliegen ziemlich gut", sagte Kenneth Wilsbach, Offizier der Air Force, bei einer Pressekonferenz im Mai. Um dieser Gefahr zu begegnen, werden US-Kampfpiloten seither gezielter im Kampf gegen moderne Tarnkappenjäger ausgebildet.

4. Nuklearwaffen und Waffentechnologien der Zukunft

China ist eine Atommacht. Das chinesische Militär verfügt zwar "nur" über bis zu 300 Sprengköpfe. Diese wurden aber modernisiert, chinesische Interkontinentalraketen können zudem jeden Ort auf der Welt erreichen.

Die Volksrepublik verfügt über viel Kapital und investiert dementsprechend in die Erforschung von neuen Waffentechnologien. So untersucht China nach eigenen Angaben Ionen- und Laserwaffen und entwickelt seine Radartechnologie stetig weiter. Bei der Entwicklung von Hyperschallraketen soll das Reich der Mitte weltweit führend sein. Mehr dazu lesen Sie hier.

Schwächen der chinesischen Armee: fehlende Kampferfahrung und Innovation

Im Vergleich mit den USA und anderen führenden Militärmächten hat China jedoch eine zentrale Schwäche: Die Volksbefreiungsarmee hat kaum Kampferfahrung. "Sie haben jahrzehntelang keinen Krieg geführt – der letzte war gegen Vietnam 1979 – und das war noch vor der Modernisierung der Streitkräfte", sagte Militärexperte Zeno Leoni tagesschau.de. "Außerdem hinkt China bei einigen Technologien noch hinterher – etwa bei Flugzeugen. Da braucht China Hilfe aus Russland."

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In einem Krieg könnten diese Unterschiede entscheidend sein. Dabei geht es nicht nur um die unerfahrenen Soldaten und Befehlshaber. Auch die chinesischen Waffen wurden bisher kaum im Kampf erprobt. Das chinesische Regime hofft nun offenbar auf Testläufe im Ausland. Staatliche Rüstungskonzerne werben auf Waffenmessen derzeit sehr offensiv für die eigene Technologie.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Teilstreitkräfte der Armee, die Etablierung wichtiger Befehls- und Kommandostrukturen – all das konnte China bisher nicht in einem Konflikt testen. Besonders gegenüber den USA und Russland, die in den vergangenen 50 Jahren oft Krieg geführt haben, ist das ein deutlicher Nachteil.

Außerdem erscheint die Volksbefreiungsarmee noch immer darauf angewiesen zu sein, militärische Entwicklungen im Ausland zu kopieren. Die modernsten chinesischen Panzer und Flugzeuge orientieren sich an russischen und westlichen Vorbildern. Dadurch fehlt natürlich auch das Fachwissen für weitere Entwicklungen, selbst wenn sich das chinesische Militär einige Pläne hat aneignen können.

Letztlich verfügt China aktuell über das zweitmächtigste Militär der Welt. Der Abstand zu den USA ist zwar noch groß, die hohe Konzentration der chinesischen Truppen im Indopazifik macht die Lage für Washington allerdings schon jetzt besorgniserregend.

Mit seiner militärischen Stärke aber geht das autoritäre Regime in Peking deutlich vorsichtiger um als etwa der russische Präsident Wladimir Putin. Dennoch ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Konflikt der Supermächte im Südchinesischen Meer erneut zuspitzt. Die Nato und die USA werden die Kontrolle der Handelsrouten im Indopazifik nicht an China abtreten und für die chinesische Führung ist eben diese Kontrolle existenziell für die eigene Sicherheit. Das ist letztlich der Grund für das gefährliche Wettrüsten und die militärischen Muskelspiele in der Region.

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