Ende des Anti-Terror-Einsatzes Frankreich und europäische Partner kündigen Truppenabzug aus Mali an
Zuletzt häuften sich Zweifel am Militäreinsatz in Mali. Nun beenden einige europäische Staaten und Kanada ihren Anti-Terror-Einsatz in dem Krisenstaat. Was bedeutet das für die Mission der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land?
Frankreich, seine europäischen Partner und Kanada beenden den militärischen Anti-Terror-Einsatz im westafrikanischen Mali. Hintergrund seien die Verschiebung der Wahlen und "zahlreiche Behinderungen" durch die malische Militärjunta, teilte der Élysée am Donnerstag mit. Die gemeinsamen Missionen sollen bis zum Juni dieses Jahres beendet werden.
Der Einsatz der Bundeswehr in einer UN- und einer EU-Ausbildungsmission ist davon nicht direkt betroffen. Die Entscheidung Frankreichs könnte jedoch auch mögliche Folgen für eine Fortsetzung der beiden deutschen Militäreinsätze haben.
Neben dem französischen Kampfeinsatz "Barkhane" geht es um die Militäroperation "Takuba", an der unter französischer Führung mehrere europäische Länder beteiligt sind. Man wolle in der Sahelzone trotz des Rückzugs aus Mali weiterhin aktiv bleiben, hieß es. Zuvor hatte es wachsende Zweifel gegeben, das Engagement in Mali aufrechtzuerhalten, hieß es vor dem Treffen in Paris aus Élysée-Kreisen.
"Sehr skeptisch": Auch Lambrecht zweifelt an Fortführung der Mission
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) stellt die Fortführung der EU-Ausbildungsmission EUTM in Mali infrage. "Ich muss sagen, dass ich sehr skeptisch bin, ob es bei EUTM zu einer Verlängerung des Mandates kommt", sagte Lambrecht am Donnerstag in Brüssel. Es sei die Frage, wen man bei dieser Mission eigentlich ausbilde, fügte sie mit Blick auf die Militärregierung in dem Land hinzu. Die Verschiebung der Wahlen um Jahre entspreche nicht den Erwartungen, die malische Führung habe ihr Zusagen nicht eingehalten.
Nach dem angekündigten Abzug der Franzosen aus den Anti-Terror-Einsätzen müsse zudem die Zusammenarbeit in der UN-Friedenstruppe Minusma überprüft werden. Denn dabei habe man sich auf französische Fähigkeiten wie ein Lazarett und Kampfhubschrauber gestützt. Man müsse darüber sprechen, wer dies übernehmen können, sagte Lambrecht. Das Lazarett könne Deutschland "relativ einfach und unkompliziert kompensieren". Aber der Einsatz von Kampfhubschraubern zum Schutz der Truppe würde ein völlig verändertes Mandat bedeuten, dem der Bundestag zustimmen müsse.
Ähnlich äußerte sich die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Der Schritt Frankreichs reiße eine Lücke auf, weil die Franzosen bislang den Schutz der internationalen Soldaten gewährleistet haben: "Für uns stellt sich nun die Frage, wer die Fähigkeiten, unsere Soldaten und Soldatinnen aus der Luft zu schützen, nun kompensiert", sagte Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP.
Eine Voraussetzung für einen möglichen Verbleib der Bundeswehr in dem afrikanischen Krisenland sei, "dass unsere Soldaten und Soldatinnen bestens geschützt werden müssen", sagte Strack-Zimmermann. Zudem dürfe es "keine Einschränkungen seitens der malischen Regierung" geben, und der Übergang von der Militärherrschaft zur Demokratie müsse "schnellstmöglich umgesetzt" werden.
Die Bundeswehr ist in dem Land mit mehr als 1.300 Männern und Frauen an der EU-Ausbildungsmission EUTM sowie der größeren UN-Stabilisierungsmission Minusma beteiligt. Die Bundesregierung selbst hat sich noch nicht auf eine Fortsetzung des militärischen Engagements festgelegt. Die aktuellen Mandate für die Beteiligungen an EUTM und Minusma gelten noch bis zum 31. Mai 2022.
Spannungen zwischen Mali und Frankreich
Frankreichs Partner seien eher der Ansicht, dass die Bedingungen für einen Erfolg der Missionen in Mali nicht mehr erfüllt seien, verlautete in Paris, wo die Regierung eine abgestimmte Entscheidung und keinen Alleingang angekündigt hatte. Gleichzeitig sei man gewillt, sich weiterhin in der Sahelzone im Anti-Terror-Kampf zu engagieren. Zuletzt hatten Spannungen zwischen der mit einem Militärputsch an die Macht gekommenen Regierung Malis und Frankreich zugenommen. Mali schickte den französischen Botschafter nach Hause.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält den vor neun Jahren begonnenen französischen Militäreinsatz in Mali nicht für gescheitert. "Das weise ich entschieden zurück", sagte er am Donnerstag in Paris. "Was wäre denn passiert, wenn wir nicht eingegriffen hätten?", fügte er hinzu. Damals seien dschihadistische Gruppen in Mali kurz davor gewesen, regionale Kalifate zur errichten und bis in die Hauptstadt Bamako vorzudringen.
"Es ist nicht unsere Aufgabe, die Rolle des Staates zu übernehmen"
"Wir haben das Schlimmste verhindert", erklärte Macron, räumte aber ein, dass sich seitdem die Bedingungen für den Einsatz massiv geändert hätten. Frankreich habe 2013 auf Bitten der malischen Regierung gehandelt. Für die Militärjunta, die sich seitdem an die Macht geputscht hat, habe der Kampf gegen terroristische Gruppen keine Priorität. "Es ist nicht unsere Aufgabe, die Rolle des Staates zu übernehmen", sagte Macron.
Macron warf der Militärjunta vor, russische Söldner zu engagieren, die in erster Linie wirtschaftliche Interessen verfolgten, sagte Macron. "Sie kommen mit der Absicht, das Land auszubeuten", sagte er. Er sagte, dass es sich nicht ausschließlich um russische Söldner handle, und dass sie nicht von der russischen Regierung entsandt seien.
Inzwischen sind die Russen in dem Land sowohl zu Ausbildungszwecken mit Soldaten präsent als auch im Anti-Terror-Kampf im Gelände aktiv. Bei den Spannungen geht es auch um ein Ringen der Interessen Moskaus und der EU.
Abzug wird vier bis sechs Monate dauern
"Wir können nicht militärisch an der Seite von Machthabern engagiert bleiben, deren Strategie und deren versteckte Ziele wir nicht gutheißen", sagte Macron. Der Abzug der französischen Soldaten und ihrer Partner aus Mali werde etwa vier bis sechs Monate dauern. Es deutet sich an, dass ein Teil der Soldaten ins benachbarte Niger verlegt wird, um von dort den Kampf gegen dschihadistische Gruppen fortzusetzen.
In der Sahelzone, die sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt, sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv. Einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder al-Qaida die Treue geschworen. Die frühere Kolonialmacht Frankreich engagiert sich dort mit derzeit 4.300 Soldaten im Anti-Terror-Kampf. Ein Schwerpunkt ihres Kampfeinsatzes "Barkhane" ist Mali, wo bis zu 2.500 französische Soldaten stationiert sind. Frankreich führt zudem die Militäroperation "Takuba" an, an der mehrere europäische Länder beteiligt sind und die ebenfalls dem Kampf gegen Terroristen dient.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters