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Belarus: Ryanair-Flug abgefangen – Belarus will Hamas-Drohung erhalten haben


Zwangslandung in Minsk
Ryanair-Flug abgefangen – Belarus will Hamas-Drohung erhalten haben

Von dpa, afp, lw, pdi

Aktualisiert am 24.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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Minsk: Die Behörden in Belarus hatten am Pfingstsonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen zur Landung gedrängt. (Quelle: reuters)

Belarus hat die erzwungene Landung der Ryanair-Maschine am Freitag mit einem angeblichen Drohschreiben der Hamas begründet. Nach der Landung wurde ein Regimekritiker im Flugzeug festgenommen.

Gegen das zur Landung in Minsk gezwungene Ryanair-Flugzeug lag nach Angaben der belarussischen Regierung ein Drohschreiben der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas vor. In der E-Mail habe es unter anderem geheißen, dass an Bord der Maschine "eine Bombe deponiert" sei, sagte am Montag der Chef der Luftfahrt-Abteilung im belarussischen Transportministerium, Artem Sikorski, vor Journalisten. Zum Beleg las er nach eigenen Angaben eine russische Übersetzung der angeblich auf englisch abgefassten E-Mail vor.

In der E-Mail hieß es laut Sikorski: "Wir, Soldaten der Hamas, fordern, dass Israel die Angriffe auf den Gazastreifen einstellt. Wir verlangen, dass die Europäische Union ihre Unterstützung für Israel einstellt." Sollten diese Forderungen nicht erfüllt werden, "wird eine Bombe (an Bord des Ryanair-Flugzeuges) über Vilnius explodieren", las der Ministeriumsvertreter weiter aus der seinen Angaben zufolge russischen Übersetzung der E-Mail vor.

"Kein Zwang von außen"

Die belarussische Luftwaffe versicherte derweil, die Besatzung der Ryanair-Maschine habe selbst beschlossen, in Minsk zu landen, nachdem sie über die Bombendrohung informiert worden sei. Es habe keinen Zwang von außen gegeben, sagte Luftwaffen-Chef Igor Golub.

Ryanair-Chef Michael O'Leary hatte zuvor eine eindeutig andere Version geliefert: "Es war eine staatlich geförderte Entführung," sagte er. Er gehe auch davon aus, dass an Bord der Ryanair-Maschine Agenten des belarussischen Geheimdienstes KGB gewesen seien.

EU erwägt Sanktionen

Nach der erzwungenen Landung und der erwägt die Europäische Union verschiedene Strafmaßnahmen gegen Belarus. Darunter sind Sanktionen gegen die Verantwortlichen des Vorfalls sowie ein Landeverbot für die belarussische Fluggesellschaft Belavia an allen EU-Flughäfen, wie es am Montag aus EU-Kreisen hieß. Zudem könnten demnach alle Überflüge von EU-Airlines über Belarus ausgesetzt werden. Bereits am Vortag hatte EU-Ratschef Charles Michel eine Untersuchung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation gefordert.

"Der Vorfall wird nicht ohne Konsequenzen bleiben", teilte der Belgier am Sonntagabend mit. Zugleich verurteilte er die erzwungene Landung der Ryanair-Maschine sowie die berichtete Festnahme eines belarussischen Journalisten durch die Behörden der autoritär regierten Republik.

Am Montagabend wollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem ohnehin geplanten EU-Sondergipfel in Brüssel über mögliche Maßnahmen infolge der erzwungenen Flugzeuglandung beraten. Sie könnten die politische Entscheidung darüber treffen. Beschlossen werden müssten Sanktionen dann vom EU-Ministerrat. Die EU hatte wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits im vergangenen Jahr mehrere Sanktionspakete gegen Unterstützer des Präsidenten Alexander Lukaschenko verabschiedet. Unter den Betroffenen ist auch Lukaschenko selbst.

Auch die Nato will über den Vorfall in Minsk debattieren, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. "Die Verbündeten beraten sich über die erzwungene Landung des Ryanair-Flugzeugs durch Belarus, und die Botschafter werden morgen darüber diskutieren", hieß es am Montag aus der Nato-Zentrale.

Zwei Fluggesellschaften wollen Luftraum meiden

Frankreich forderte ein "Verbot des belarussischen Luftraums". Dieser Schritt sei eine Sicherheits- und Sanktionsmaßnahme, sagte Europa-Staatssekretär Clément Beaune am Montag im Sender BFM/RMC. Darüber solle auf europäischer und internationaler Ebene debattiert werden. "Das ist eine Handlung staatlicher Piraterie, die nicht unbestraft bleiben kann", sagte der Vertraute von Staatschef Emmanuel Macron zu der Flugzeugumleitung. Auch Litauen und Lettland sprachen sich dafür aus, dass internationale Flüge nicht mehr den belarussischen Luftraum durchqueren sollten.

Auch Großbritannien erwägt weitere Sanktionen gegen das Land sowie dessen Führung. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko müsse für seine "haarsträubenden" Handlungen zur Verantwortung gezogen werden, sagte Außenminister Dominic Raab einer Mitteilung vom Montag zufolge. "Das Vereinigte Königreich arbeitet mit seinen Verbündeten an einer koordinierten Reaktion, einschließlich weiterer Sanktionen."

Lukaschenko, sein ältester Sohn Viktor sowie führende Politiker und Militärs von Belarus stehen bereits auf einer britischen Sanktionsliste. Ihnen ist die Einreise nach Großbritannien verboten, ihre Vermögenswerte im Land sind eingefroren. Zudem forderte Raab ein Sondertreffen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), "um zu prüfen, ob das Regime gegen die internationalen Vorschriften zum Schutz der Zivilluftfahrt verstößt".

Zwei Fluggesellschaften meiden Luftraum

Am Montag meldeten zwei Fluggesellschaften, den belarussischen Luftraum zunächst zu meiden. Ein Sprecher der Airline Wizz Air teilte mit, dass ein Flug von der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Tallinn (Estland) umgeleitet wurde, sodass er nicht durch den belarussischen Luftraum musste. "Wir überwachen und bewerten kontinuierlich die Situation", sagte er der Agentur BNS. Zuvor hatte bereits die lettische Fluggesellschaft Air Baltic angekündigt, den belarussischen Luftraum bis auf weiteres zu umfliegen. Bereits umgeleitet worden seien Flüge von Riga nach Odessa (Ukraine) und Tiflis (Georgien), teilte eine Sprecherin mit.

Die polnische Fluglinie Lot bereitet nach eigenen Angaben ebenfalls alternative Routen für Flüge vor, deren Route bislang durch den belarussischen Luftraum führen. Die Entscheidung solle zeitnah bekanntgegeben werden, sagte ein Sprecher. Am Montag standen Verbindungen nach Minsk und Moskau auf dem Flugplan.

Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht. An Bord war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der von Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch, der in Minsk festgenommen wurde. Mehr dazu lesen Sie hier. Die EU verurteilte das Vorgehen geschlossen und forderte Protassewitschs Freilassung.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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