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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Streit um stationierte Truppen Wie die USA Südkorea in die Hände Chinas treiben
Es geht ums liebe Geld – und doch um viel mehr: Die USA erhöhen den Druck auf Südkorea im Streit um die Kosten für die US-Truppen im Land. Davon verärgert sucht Seoul die Nähe zu Peking.
Im Streit um die Kosten für die in Südkorea stationierten US-Soldaten verschärft Washington einem Medienbericht zufolge erneut den Ton. Demnach erwägen die USA einen Abzug eines Teils ihrer Truppen, schreibt die südkoreanische Zeitung "Chosun Ilbo". Zwar dementiert das Pentagon, doch Fakt ist, dass die Beziehungen zwischen Seoul und Washington belastet sind, seit die Regierung von US-Präsident Donald Trump eine um ein Vielfaches höhere Beteiligung an den Stationierungskosten verlangt als bisher.
Der zunehmende Disput könnte die Machtverteilung in Ostasien weiter verschieben. Längst hat Südkorea begonnen, die Nähe zur Supermacht China zu suchen, das nach wachsendem Einfluss in der Region trachtet. Worüber Südkorea und die USA konkret streiten, was die Regierung von Donald Trump verlangt, und was China damit zu tun hat, wird hier erklärt:
Warum sind die USA in Südkorea?
Zwischen 1950 und 1953 führten Nord- und Südkorea einen Krieg um die Vorherrschaft auf der koreanischen Halbinsel. Der kommunistische Norden erhielt Unterstützung von China, der prowestliche Süden von den Vereinten Nationen unter Führung der USA. Nach dem Ende des Konfliktes, der mit einem Waffenstillstand, nicht aber mit einem Friedensvertrag endete, blieben Truppen der Großmächte auf der Halbinsel: die chinesischen im Norden nur für einige Jahre, die US-amerikanischen im Rahmen ihrer Beistandsverpflichtungen für den Süden bis heute.
Was verlangt die Regierung Trump von Seoul?
Washington möchte, dass sich Südkorea mehr als bisher an den laufenden Kosten für die rund 28.500 US-Soldaten im Land beteiligt. In diesem Jahr gibt die Regierung in Seoul dafür etwa 900 Millionen Dollar aus – ein Plus von mehr als acht Prozent gegenüber 2018. Tatsächlich greift Südkorea für die Anwesenheit der US-Truppen sogar noch deutlich tiefer in die Tasche. Im vergangenen Jahr wurde südlich der Hauptstadt die größte US-Basis außerhalb der USA eröffnet. Die Errichtung von Camp Humphreys kostete etwa 11 Milliarden Dollar – wovon Südkorea 90 Prozent bezahlte.
Der Regierung Trump aber reicht das nicht. Sie verlangt, dass Seoul künftig etwa fünf Milliarden Dollar jährlich nach Washington überweist. Anfang der Woche eskalierte der Disput, als die USA die Gespräche über die Finanzierung einseitig abbrachen. Der Zeitung "Chosun Ilbo" zufolge drohte das Weiße Haus zuletzt sogar mit einem Abzug von bis zu 4.000 Soldaten. Das Pentagon wies den Bericht zurück.
Wie reagiert Südkorea auf die US-Forderungen?
In Südkorea treffen die Forderungen aus Washington auf breite Ablehnung. Die Regierung in Seoul, die sich sonst mit öffentlicher Kritik an den USA aus Rücksicht auf die engen Beziehungen beider Länder zurückhält, nannte die Erhöhung des Beitrags inakzeptabel. Abgeordnete des südkoreanischen Parlaments, das in dieser Frage das letzte Wort hat, wiesen die US-Rechnung entschieden zurück. Einer Umfrage vom Anfang des Monats zufolge lehnen 96 Prozent der Südkoreaner die amerikanischen Forderungen ab, wenngleich drei Viertel die Anwesenheit von US-Truppen weiter befürworten.
Was läuft da zwischen China und Südkorea?
Vor dem Hintergrund der Differenzen zwischen Seoul und Washington ließ zuletzt eine Nachricht aufhorchen: Am Rande einer regionalen Sicherheitskonferenz in Bangkok einigten sich die Verteidigungsminister Chinas und Südkoreas in der vergangenen Woche auf eine engere Zusammenarbeit. Das beinhalte häufigere Kontakte und Absprachen, um den "Austausch und die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung" zu fördern, erklärte das Verteidigungsministerium in Seoul.
Südkorea scheint offenbar gewillt, für seine Sicherheit enger an China zu rücken. Dazu passt, dass vor einem Monat hochrangige Beamte aus den Verteidigungsministerien beider Länder ihren seit fünf Jahren ausgesetzten Dialog wieder aufnahmen. Die Gespräche waren abgebrochen worden, nachdem die USA und Südkorea sich auf die Stationierung eines Raketenabwehrsystems geeinigt hatten. Offiziell begründet wurde die Stationierung mit den Raketentests Nordkoreas. Doch es war vor allem China, das sich durch die Präsenz der US-Raketen bedroht sah.
Welche Rolle spielt Südkoreas Präsident Moon Jae-in?
Der südkoreanische Staatschef bemüht sich seit seinem Amtsantritt im Mai 2017 um bessere Beziehungen zu China. Die Entscheidung zur Stationierung des Raketenabwehrsystems hatte nicht zuletzt den Handel beider Länder schwer belastet. Moon Jae-in traf sich mehrmals mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping. Seither haben die Spannungen abgenommen.
Doch dem südkoreanischen Staatschef geht es um mehr. Die Aussöhnung zwischen Nord- und Südkorea ist ein Kernanliegen seiner Präsidentschaft. Dreimal traf sich Moon Jae-in bereits mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Er vermittelte auch das historische erste Gipfeltreffen zwischen Kim und US-Präsident Trump.
China kommt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle zu, weil es als einziges Land engere Beziehungen zu Nordkorea pflegt. Eine zurückgenommene Rolle der USA auf der koreanischen Halbinsel könnte zudem Pekings Ambitionen entgegenkommen, die Vormachtstellung in Ostasien zu festigen.
Wie steht es um die Verhandlungen zu Nordkoreas Atomwaffenprogramm?
Die Atomverhandlungen sind seit dem gescheiterten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Trump und Nordkoreas Machthaber im Februar in Vietnam ins Stocken geraten. Zuletzt waren Anfang Oktober Gespräche zwischen Unterhändlern beider Seiten gescheitert. Am Donnerstag lehnte Machthaber Kim Jong-un eine Einladung zu einem Sondergipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean in Busan ab. Zur Begründung hieß es aus Pjöngjang, Südkorea verstoße gegen gemeinsame Vereinbarungen und schade durch seine Anlehnung an die USA den beiderseitigen Beziehungen.
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Die USA hatten zuletzt einen Schritt auf Nordkorea zu gemacht. Ende vergangener Woche gab Verteidigungsminister Esper die Verschiebung eines gemeinsamen Luftmanövers mit Südkorea bekannt. Diese Entscheidung sei "ein Zeichen des guten Willens", erklärte Esper. Damit solle "eine förderliche Atmosphäre für die Diplomatie" geschaffen und "der Frieden befördert" werden.
- Berichte des US-Senders "Voice of America"
- Bericht der "Deutschen Welle"
- Meldung der Nachrichtenagentur Yonhap
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters
- Eigene Recherchen