Gespräche zwischen Russland und den USA Pompeo und Putin einigen sich auf gemeinsame Syrien-Linie
Die USA und Russland stehen sich in vielen internationalen Konflikten feindlich gegenüber. Das Misstrauen sitzt tief. Kremlchef Putin ist jedoch optimistisch. Wird es eine Annäherung geben?
Die USA haben sich nach eigenen Angaben mit Russland auf einen Weg geeinigt, um die festgefahrene Suche nach einer politischen Lösung in Syrien wieder voranzubringen. Das erklärte US-Außenminister Mike Pompeo am Dienstag nach einem Treffen mit dem dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi. Im Mittelpunkt steht dabei offenbar das Komitee zur Entwicklung einer Nachkriegsverfassung.
Pompeo sprach nach dem Treffen von einem "produktiven Gespräch" über "Dinge, die wir gemeinsam tun können", um den politischen Prozess in Syrien voranzubringen. Beide Seiten unterstützen demnach die Einrichtung eines Komitees, das einen Entwurf für eine syrische Nachkriegsverfassung vorlegen soll. Hier hatte es bisher stets Konflikte um die Zusammensetzung des Gremiums gegeben. Nun sagte der Außenminister, er hoffe zumindest den ersten Schritt der Bildung eines Komitees zu erreichen.
Pompeo verwies in diesem Zusammenhang auf die UN-Resolution 2254 aus dem Jahr 2015. In ihr ist festgeschrieben, dass die Suche nach einer politischen Lösung in dem Land von Syrien angeführt und von den Vereinten Nationen unterstützt werden soll. Russland und die USA könnten nun gemeinsam an der Umsetzung der Resolution arbeiten, sagte der Minister.
Auch bei den Atomverhandlungen mit Nordkorea verfolgen Russland und die USA offenbar dieselben Ziele. "Ich denke, wir haben dieselben Ziele und ich hoffe, dass wir Wege zur Zusammenarbeit finden können", sagte Pompeo. Gleichzeitig betonte er die Führungsrolle Washingtons bei den Verhandlungen.
Putin kann sich ein Treffen mit Trump vorstellen
Moskau und Washington hoffen nach Gesprächen des US-Chefdiplomaten Russland auf eine Entspannung der angeschlagenen Beziehungen. Auch Wladimir Putin bezeichnete die begonnene Wiederannäherung als glaubwürdig. "Erst unlängst hatte ich das Vergnügen, mit dem US-Präsidenten zu telefonieren", sagte Putin am Dienstag. "Ich hatte dabei den Eindruck, dass es im gegenseitigen Interesse ist, die russisch-amerikanischen Beziehungen wieder vollständig herzustellen." Er hoffe, dass die notwendigen Bedingungen dafür gegeben seien.
Moskau könnte sich Ende Juni ein Treffen von Putin mit US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel in Japan vorstellen. Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich offen für ein bilaterales Gespräch. "Wenn ein solcher Vorschlag eingeht, werden wir natürlich positiv darauf reagieren", sagte er.
Die Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind seit Jahren wegen einer Vielzahl internationaler Konflikte angespannt. Mit Blick auf die US-Wahl im kommenden Jahr warnte Pompeo die Russen vor einer Einmischung. Das könne die Beziehungen wieder verschlechtern
Washington und Moskau müssen zusammenfinden
Vor dem Treffen mit Putin hatten sich Außenminister Sergej Lawrow und Pompeo zu einem dreistündigen Gespräch über internationale Konflikte getroffen. Pompeo betonte, dass beide Länder trotz Uneinigkeiten weiter miteinander sprechen werden. Lawrow sagte, dass er auf konstruktive Gespräche hoffe. "Dieses Misstrauen, das wir haben, behindert sowohl Ihre als auch unsere Sicherheit", sagte er zu seinem US-Kollegen. "Wir müssen auf allen Ebenen unseres Dialogs wieder Vertrauen aufbauen."
Der frühere KGB-Offizier und der Ex-CIA-Chef hatten unter anderem die Krisen im Iran, in Venezuela und in Syrien als Themen auf dem Zettel. Aber ihre Geheimdienstvergangenheit war nicht der einzige gemeinsame Anknüpfungspunkt. Beide dienten im Kalten Krieg auch in Deutschland – Pompeo im Westen, Putin in der DDR. Die Gegner von einst wollten, das sollte Pompeos Besuch zeigen, angesichts der immer schärferen Dauerkonfrontation ihrer Länder wieder intensiver miteinander reden.
Venezuela und Iran sind wichtige Themen
Lawrow und Pompeo sprachen sich für eine nicht-militärische Lösung im Machtkampf in Venezuela und im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran aus. Pompeo sagte bei seinem ersten Russland-Besuch, dass sein Land keinen Krieg gegen den Iran wolle. Zugleich forderte er Russland auf, die Unterstützung für Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro aufzugeben.
Über den Machtkampf in Venezuela sagte Pompeo: "Wir hoffen, dass die russische Unterstützung für Maduro endet". Es sei an der Zeit, dass Maduro seinen Posten räume, denn er habe den Menschen in dem südamerikanischen Land nichts als Leid gebracht. Es müsse freie und faire Wahlen ohne Einmischung von außen geben, sagte der Minister.
Lawrow betonte hingegen, der Ausweg aus der Krise könne nur ein innenpolitischer Dialog sein. Eine Intervention durch die USA habe nichts mit demokratischem Recht zu tun, sagte der russische Chefdiplomat. Ein Wechsel könne nicht mit Gewalt erreicht werden.
Seit Wochen tobt in dem südamerikanischen Land ein Machtkampf zwischen Maduro und dem Oppositionellen Juan Guaidó, der sich selbst zum Interimspräsidenten des Landes ernannt hatte. Moskau hält Präsident Maduro die Treue und hat auch Militärberater in das ölreiche Land geschickt. Washington dagegen hat Guaidó als Staatsoberhaupt anerkannt und verlangt einen Machtwechsel.
Das auf der Kippe stehende Atomabkommen des Westens mit dem Iran war ebenfalls Thema des Treffens. Die USA hätten kein Interesse an einem Krieg mit dem Iran, sagte Pompeo. "Wir wollen, dass sich der Iran wie ein normales Land verhält", sagte er. Wenn aber amerikanische Interessen angegriffen würden, dann würden sich die USA wehren. Russland kritisiert, dass die USA das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt haben und will das Abkommen, wie Lawrow sagte, mit Unterstützung der EU und Chinas erhalten. Dabei gehe es auch darum, Sanktionsdruck auf den Iran zu vermeiden.
Immer wieder neue Sanktionen gegen Russland
Russland nannte Pompeos Besuch wichtig. Es sei der Versuch, die "Trümmer im Verhältnis" beider Seiten wegzuräumen. Die Beziehungen sind vor allem deshalb auf einem Tiefpunkt, weil die USA seit Beginn des Ukraine-Konflikts vor gut fünf Jahren immer wieder neue Sanktionen verhängt haben gegen Russland. Moskau hält die wegen der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim und wegen des Kriegs in der Ostukraine erlassenen Strafmaßnahmen für illegal. Zugleich ließ Trump Waffen an die Ukraine liefern.
Moskau solle auch der neuen Führung in der Ukraine entgegenkommen, sagte Pompeo. "Ich habe Russland aufgefordert, sich an die neue ukrainische Regierung zu wenden, um einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation zu finden." Wolodymyr Selenskyj war vor kurzem zum neuen Staatschef der Ukraine gewählt worden. Wegen der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim und des Krieges im Osten der Ukraine zwischen Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten sind die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew extrem gespannt.
Neue Dynamik in der Beziehung
Nach Meinung von Militärexperten rennt beiden Seiten die Zeit davon, weil in den USA im kommenden Jahr ein neuer Präsident gewählt wird und das Land dann eher mit innenpolitischen Fragen beschäftigt sein dürfte. Es gebe ein plötzliches Interesse an der strategischen Sicherheit, schrieb Andrej Baklanow, Vizechef der Vereinigung russischer Diplomaten, in der Moskauer Zeitung "Kommersant" vom Dienstag.
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Denkbar sei es durchaus, das damals von US-Präsident Barack Obama und Präsident Dmitri Medwedew unterschriebene Abkommen um fünf Jahre bis 2026 zu verlängern. Nach Meinung von Baklanow wäre das auch ein Signal an die Welt, dass es in den russisch-amerikanischen Beziehungen eine neue Dynamik gibt.
- Nachrichtenagentur dpa