Rettung des Atom-Deals Europa verspricht dem Iran, was er will
Der Atomdeal mit dem Iran wackelt, Europa will ihn retten – obwohl es Anhaltspunkte gibt, dass das Mullah-Regime weiter massiv an Massenvernichtungswaffen arbeitet.
Die verbliebenen Länder im Atomabkommen mit dem Iran haben erste Weichen gestellt, um auch nach dem Ausstieg der USA an dem Deal festhalten zu können. Bei einem Treffen in Wien verständigten sich Außenminister und Diplomaten aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Iran auf zahlreiche wirtschaftliche Maßnahmen, um Teheran weiterhin von dem Abkommen zu überzeugen. Dazu gehören unter anderem ein funktionierender Zahlungsverkehr sowie der Export von Öl und Gas, wie aus einer Abschlusserklärung hervorgeht.
Diplomatische Verstimmungen
Das Treffen wurde allerdings von massiven diplomatischen Verstimmungen überschattet. Wenige Tage zuvor wurde ein iranischer Diplomat in Deutschland festgenommen. Er soll in Zusammenhang mit einem vereitelten Bombenanschlag auf ein Treffen von Exil-Iranern stehen, an dem auch deutsche Politiker teilnahmen, wie t-online.de berichtete. Bereits im Juni hatten die Niederlande zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Zudem haben deutsche Geheimdienste laut Recherchen von t-online.de Anhaltspunkte dafür, dass das Mullah-Regime weiter an Massenvernichtungswaffen arbeitet.
Ungeachtet dessen kamen die europäischen Länder der iranischen Seite in Wien erheblich entgegen. Vertreter des Iran äußerten sich nach der Gesprächsrunde optimistisch und bezeichneten das Treffen als einen "Schritt vorwärts". Nun müsste auch eine schnelle Umsetzung bis zum 6. August folgen – denn dann treten die ersten US-Sanktionen gegen den Iran in Kraft.
- Alarm in Frankreich: Unionspolitiker entgehen Bombenanschlag
- "Made in Germany": Deutschland ist der Raketen-Supermarkt des Iran
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China hatten 2015 gemeinsam mit den USA und dem Iran das Atomabkommen ausgehandelt. Die Vereinbarung sieht vor, dass der Iran sein Atomprogramm massiv zurückfährt und streng überwachen lässt. So soll die Islamische Republik am Bau einer Atomwaffe gehindert werden. Im Gegenzug wurde Teheran der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen versprochen. Seit US-Präsident Donald Trump Anfang Mai aus der Vereinbarung ausgestiegen ist und neue Sanktionen gegen den Iran angekündigt hat, steht der Atomdeal aber auf der Kippe.
Iran fordert erhebliche Zugeständnisse
Der Iran hatte zuletzt betont, dass er nur dann an dem Abkommen festhalten will, wenn er wirtschaftlich davon profitiert. "Die Bedenken, die wir gestern noch hatten und die auch von Präsident Ruhani artikuliert wurden, wurden in dem Treffen angesprochen und mehr Details bekanntgegeben, die uns optimistischer stimmen als gestern noch", sagte der iranische Außenminister Mohammad Jawad Zarif.
Irans Präsident Hassan Ruhani hatte am Donnerstag die bereits vor dem Treffen in Wien bekanntgewordenen Vorschläge der drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien als "enttäuschend" kritisiert. In iranischen Delegationskreisen hieß es nach der Zusammenkunft, dass eigene Experten bis Montag in Wien die Details des Angebots der drei europäischen Länder überprüfen wollen. Eine Entscheidung solle dann aber erst in Teheran getroffen werden.
Maas: Iran hat "wirtschaftliche Vorteile" von dem Abkommen
"Wir wollen dem Iran heute deutlich machen, dass er nach wie vor wirtschaftliche Vorteile durch dieses Abkommen hat", sagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas. Eine Zukunft des Abkommens sei wichtig für die europäische Sicherheit, erklärte Maas. "Nach dem Rückzug der Vereinigten Staaten, den wir nicht verstehen können, sind wir in eine schwierige Situation geraten." Der SPD-Politiker machte aber auch deutlich, dass nicht alle Folgen von neuen US-Sanktionen kompensiert werden könnten.
Maas erklärte, dass mit der Anti-Blocking-Verordnung zum Schutz europäischer Unternehmen, die im Iran tätig sind, und der Ausweitung des Mandats für die europäische Investitionsbank bereits erste Schritte umgesetzt wurden. Mit den beiden Maßnahmen soll verhindert werden, dass sich europäische Unternehmen aus dem Iran zurückziehen. "Wir suchen jetzt nach Möglichkeiten, den Zahlungsverkehr für den Iran offenzuhalten, so dass auch der Iran keine Veranlassung sieht, sich aus diesem Abkommen zurückzuziehen." In der Abschlusserklärung von Freitag finden sich zudem Zusagen zu Transportwesen und Förderung von Investitionen im Iran.
Für Ruhani und seine Regierung ist ein gutes Verhandlungsergebnis zwingend notwendig, um die Lage im eigenen Land zu beruhigen. Das Atomabkommen war ein großer Erfolg für die Ruhani-Regierung – ein Ende der Vereinbarung dürfte nach Ansicht von Beobachtern in der Teheran das Ende seiner Präsidentschaft bedeuten. Vor allem wirtschaftlich steckt der Iran gerade in einer tiefen Krise. Täglich gingen zuletzt Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung zu protestieren.
- dpa