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USA-Nordkorea-Gipfel: "Donald Trump ist kein Stratege, er ist ein Spieler"


Nordkorea-Gipfel
"Trump ist kein Stratege, er ist ein Spieler"

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 12.06.2018Lesedauer: 5 Min.
US-Präsident Donald Trump kommt zu dem Gipfel mit Nordkorea Kim Jong Un in Singapur an: Kim und Trump verfolgen beim historischen Gipfel auch innenpolitische Ziele.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump kommt zu dem Gipfel mit Nordkorea Kim Jong Un in Singapur an: Kim und Trump verfolgen beim historischen Gipfel auch innenpolitische Ziele. (Quelle: ap)
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Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un sieht sein Land als Atommacht. Mit dieser Haltung geht Kim in den historischen Gipfel mit Trump in Singapur. Trump hofft auf den "Big Deal". Der Teufel steckt im Detail.

Es ist ein ungleiches Zusammentreffen. Hier die Supermacht USA mit Präsident Donald Trump, dort das kleine, international isolierte Nordkorea mit Machthaber Kim Jong Un. Doch Washington sieht sich durch Nordkoreas Atomwaffen bedroht. Das historische Gipfeltreffen zwischen Kim und Trump am Dienstag in Singapur soll die Grundlage dafür legen, den langjährigen Konflikt zu beenden. Letztlich geht es um gegenseitiges Vertrauen und eine bis ins Detail taugliche Überprüfbarkeit der Abrüstungsschritte, die Nordkorea unternehmen soll.

t-online.de hat mit Dr. Lars-André Richter, dem Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit in Korea, über die Chancen des Gipfels zwischen Trump und Kim gesprochen und über die unterschiedlichen Interessen, die beide Länder dabei verfolgen. Hier die wichtigsten Fragen zum historischen Gipfel im Singapur:

Um was geht es bei dem Gipfeltreffen?

Im Mittelpunkt steht eine friedliche Lösung des Streits um das nordkoreanische Atomprogramm. Die bisherigen Lösungsansätze sind gescheitert. Dazu zählt auch das sogenannte Rahmenabkommen von 1994. Damals verpflichtete sich Nordkorea in Verhandlungen mit den USA lediglich, seine Nuklearprogramm einzufrieren. Keine Lösung brachten auch die Abrüstungsvereinbarungen bei multilateralen Gesprächen.

Es steht bei dem Gipfel in Singapur viel auf dem Spiel, nicht zuletzt auch die Vertrauenswürdigkeit der beiden Gesprächspartner. "Nordkorea wird durch den Gipfel mit einem US-Präsidenten natürlich enorm aufgewertet", sagt Richter zu t-online.de. "Das Treffen ist für das Land eine historische Chance." Es geht nicht nur um Atomwaffen, sondern auch um die Grundlage für einen dauerhaften Frieden auf der koreanischen Halbinsel.

Was meint Nordkorea, wenn es von atomarer Abrüstung redet?

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Nordkoreaner ihr nukleares Arsenal zeitnah zur Diskussion stellen. Es ist ihre Lebensversicherung", meint Richter. Nordkorea versteht sich erstmal als stolzer Atomwaffenstaat. Als Kim im April überraschend die Aussetzung der Atom- und Raketentests verkündete, sagte er, das Ziel, eine Atomstreitmacht aufzubauen, sei nun abgeschlossen. Die "atomare Abrüstung" solle im Rahmen der Bemühungen erfolgen, weltweit Atomwaffen abzuschaffen. Von einer Aufgabe seines Atomwaffenarsenals war zunächst nicht die Rede. Ob Kim von Trump fordern wird, dass die USA ihren nuklearen Schutzschild für ihre Verbündeten Südkorea und Japan abzieht, ist unklar.

Nordkorea sagt immer, die USA müssten ihre "feindselige Politik" einstellen. Was ist damit gemeint?

Nordkorea will ein Ende der politischen, sicherheitstechnischen und wirtschaftlichen Konfrontation. Politisch will Nordkorea diplomatische Beziehungen zu den USA. Da der Kriegszustand seit dem Ende des Koreakrieges 1953 völkerrechtlich nie beendet wurde, wäre ein Friedensvertrag nötig, um die Sicherheitsbedürfnisse zu befriedigen. Wirtschaftlich geht es vor allem um ein Ende der Sanktionen gegen Pjöngjang. Nordkorea schlägt ein "synchrones" und "phasenweises" Vorgehen vor.

Wie sehen die Nordkoreaner Trump?

Für Nordkorea ist es schwer, die USA unter Trump einzuschätzen. "Trump stellt einen Unsicherheitsfaktor dar, für viele Länder, natürlich auch für Nordkorea", so Korea-Experte Richter. Damit unterscheide er sich maßgeblich von seinem Vorgänger Barrack Obama. "Obama hat man in Pjöngjang nicht wirklich ernst genommen. Man konnte sich darauf verlassen, dass er das Überschreiten roter Linien nicht abstraft. Trump wiederum ist kein Stratege, er ist ein Spieler, mehr noch: ein Vabanque-Spieler. Das macht das Ganze gefährlich." Die USA sind über den Aufenthalt der Atomanlagen in Nordkorea gut informiert. In Pjöngjang möchte man einen möglichen US-Angriff nicht riskieren.

Welche innenpolitische Interessen verfolgen Trump und Kim?

Kim und Trump zielen auch innenpolitisch auf die historischen Bilder vom Gipfel in Singapur. "Bald beginnt auch der US-Wahlkampf wieder. Trump will seinen Wählern etwas verkaufen können", meint Richter. Der US-Präsident hofft auch außenpolitisch auf den "Big Deal" und schielt wohl auch insgeheim auf den Friedensnobelpreis. Ein möglicher Deal mit den USA und damit verbundene Sicherheitsversprechen der Amerikaner würden Kims Macht dagegen weiter festigen. Innenpolitisch zielt Nordkoreas Machthaber auf eine Lockerung der Sanktionen, damit sich die Wirtschaft Nordkoreas erholen kann. Außerdem möchte Kim ein Zeichen setzen: "Die Nordkoreaner wollen signalisieren, auch innenpolitisch, dass sie auf Augenhöhe verhandeln", sagt der Korea-Experte der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Welche Interessen verfolgt China?

Das mittelfristige Ziel der Chinesen war eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel. Peking geht es um Stabilität, nicht um Frieden. Mit diesem Ziel ist man gescheitert. Deshalb würde ein Deal auch den Chinesen in die Karten spielen, besonders wenn die USA die in Südkorea stationierten 25.000 Soldaten abziehen würden. China versteht sich als Weltmacht und möchte die Vorherrschaft in der Region zementieren.

Auf der anderen Seite möchte Peking nicht seinen Einfluss auf Nordkorea verlieren. "Eine engere Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und den USA wollen die Chinesen ja auf keinen Fall", so Richter. Nachdem Trump seine Korea-Politik forcierte, traf der chinesische Staatspräsident Xi Jinping Kim gleich zwei mal. Zuvor hatte Kim seit 2011 sein Land nicht verlassen.

Wovon sprechen die USA, wenn sie von "Denuklearisierung" sprechen?

Die USA wollen einen "kompletten, überprüfbaren und unumkehrbaren" Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms - und alles möglichst bald. Die USA wollen, dass Pjöngjang nicht nur seine Atomwaffen zerstört. Auch die Interkontinentalraketen sowie jene Raketen mit kürzerer Reichweite, die zwar nicht die USA, aber Südkorea oder Nachbarn wie Japan treffen können, sollen beseitigt werden. Im Kern geht es den USA und ihren Alliierten auch darum, Nordkorea die Basis dafür zu entziehen, in Zukunft atomwaffentaugliches Material und damit Atomwaffen überhaupt produzieren zu können. Also: Die Positionen beider Seiten sind weit voneinander entfernt.

Wäre die atomare Abrüstung Nordkoreas schwerer als der Iran-Deal?

Es wäre nach Expertenansicht das komplizierteste Abrüstungsabkommen, das je verhandelt worden ist. Dagegen sei das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ein "Kinderspiel" gewesen. Es gibt keine historischen Beispiele - weder für die atomare Abrüstung noch für das Entgegenkommen der USA, was Sicherheitsgarantien oder andere Anreize angeht. Bilaterale Verhandlungen könnten aber rascher den Weg für einen "Big Deal" ebnen, von dem Trump sprach.

Der renommierte Nordkorea- und Atomwaffenexperte Siegfried Hecker warnte aber vor unrealistischen Zielen. Eine atomare Abrüstung werde sich über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren erstrecken, schrieb Hecker mit einem Team der Universität Stanford in einem Gutachten. "Wir sprechen über Dutzende Anlagen, Hunderte von Gebäuden und Tausende von Menschen."

Warum sind die Beispiele Libyen, Irak oder auch Iran so abschreckend für Nordkorea?

Libyen hatte zwar keine Atomwaffen, aber ein Atomwaffenprogramm, das es 2003 und 2004 den USA aushändigte. Trotz des Entgegenkommens halfen die USA und ihre Verbündeten den Rebellen mit Luftangriffen, Muammar al-Gaddafi loszuwerden. Er wurde 2011 getötet. Der Irak gab vor, sich von Massenvernichtungswaffen getrennt zu haben, erlaubte sogar Inspektionen, doch folgte 2003 die US-Invasion. Auch der Iran-Deal ist ein schlechtes Beispiel, weil sich Trump nicht mehr daran hält.

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Kann es eine Vereinbarung auf dem Gipfel zwischen Trump und Kim geben?

Der US-Präsident hat die Erwartungen schon niedrig gehängt, indem er vom Anfang eines Prozesses spricht. Nordkoreas Machthaber wird sich kompromissbereit zeigen müssen, wenn er die strengen Sanktionen loswerden will. Im besten Fall wird ein Prozess angestoßen, im schlimmsten Fall endet er auf dem Gipfel. Dann würde auch ein militärischer Konflikt wieder näherrücken.

Wie könnte eine Lösung aussehen, die realistisch ins Auge gefasst werden könnte?

Idealerweise wird irgendwie ein Anfang gemacht. Es könnte eine vorübergehende Vereinbarung angestrebt werden, bei der Nordkorea einen kleineren Teil seiner atomaren Sprengköpfe oder anderweitig nukleare Fähigkeiten abgibt. Im Gegenzug müssten die USA und die Vereinten Nationen die Sanktionen lockern. "Ich glaube nicht, dass die Halbinsel bald atomwaffenfrei sein wird", sagt Richter. "Und selbst, wenn man morgen in Singapur zu einer Einigung kommt, stehen wir erst am Anfang eines etappenreichen Prozesses.“ Auch könnten die USA, die keine Botschaft in Nordkorea unterhalten, zumindest eine ständige Vertretung in Pjöngjang einrichten. "Ich erwarte weder Krieg noch eine zeitnahe Abgabe der Waffen oder einen Friedensvertrag", so der Korea-Experte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • dpa
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