Russlands großes Übel Bei seinem Dauerthema versagt Putin
Jahr um Jahr geißelt Russlands Präsident Putin auf seiner Jahrespressekonferenz die Korruption im Land. Doch es ändert sich wenig.
Russland ist stolz auf seine Geschichte und seine Traditionen. Ein junges und trotzdem schon traditionelles Phänomen ist die Jahrespressekonferenz des russischen Präsidenten. Mehrere Stunden dauern diese öffentlichen Befragungen in der Regel. Hunderte Journalisten aus Russland und der ganzen Welt lauschen den Ausführungen Wladimir Putins.
Gelegentlicher Applaus für den Staatschef legt nahe, dass nicht alle Anwesenden als kritische und unabhängige Beobachter gekommen sind.
Die Themenbreite der präsidialen Ausführungen ist ausgesprochen groß. Putin spricht etwa über russische Soldaten im Ukrainekrieg (2015), fallende Ölpreise und Wirtschaftskrisen (2014), die Freilassung politischer Gefangener (2013). Oder sogar über seine Töchter (2015), was ungewöhnlich ist, weil er sonst fast nie über Privates redet. In diesem Jahr sagte er auf die Frage, warum es keine starke Opposition gebe: "Es ist nicht an mir, sie auszubilden".
So gut wie jedes Jahr geht der Präsident aber auf ein Thema ein: die grassierende Korruption in Russland. Seit seinem Amtsantritt verspricht Putin in seiner Fragestunde, die Vetternwirtschaft zu bekämpfen. Das Problem: Es ändert sich trotzdem nichts.
Auch Premierminister Medwedjew soll sich bereichert haben
Korruption und Vetternwirtschaft sind im Land fest verwurzelt. Die meisten Bürger haben sich daran gewöhnt und zahlen Schmiergelder an Beamte, Schulleiter oder sogar Totengräber. Schon zur Zarenzeit galt das Prinzip der "kormlenie", zu Deutsch "Fütterung". Staatsdiener bekamen kein ausreichendes Gehalt und ließen sich deshalb von ihren Untergebenen mit Lebensmitteln, Arbeitsdiensten oder Zahlungen unterstützen.
Einer der größten Korruptionskritiker in Russland ist Alexej Nawalny. Der bekannte Oppositionelle kritisiert die Eliten des Landes seit langem für Vetternwirtschaft und Korruption.
Mit seiner Stiftung gegen Korruption veröffentlicht Nawalny regelmäßig Dokumente, die prominente Russen in Zusammenhang mit Vetternwirtschaft bringen. Zuletzt sorgte eine Enthüllung der Stiftung für Aufsehen, die Premierminister Dimitri Medwedjew vorwarfen, Besitzer eines Euro-Milliarden-Vermögens zu sein – mit Weinbergen in der Toskana, Jachten und weitläufigen Landgütern.
Nawalny hat eine treue Anhängerschaft, die ihn als Anti-Korruptions-Kämpfer bewundert. Und auf die Straße geht, wenn er das will. Das macht ihn zu einem der gefährlichsten Widersacher für Putin – der Nawalnys Anliegen nicht unterstützt, obwohl er sich selbst den Kampf gegen Korruption auf die Fahne schreibt.
Wegen einer Verurteilung zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe wegen Veruntreuung darf er vermutlich nicht an der Präsidentschaftswahl im kommenden März teilnehmen.
Anti-Korruptions-Demonstranten werden festgenommen
Doch obwohl Korruption von Präsident Putin selbst regelmäßig thematisiert und angeprangert wird, geschieht wenig. Korruption, so scheint es, gehört in Russland dazu. Zwar wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Politiker in der Provinz wegen Korruptionsvorwürfen entmachtet. Es seien aber vor allem Gouverneure und niedere Beamte, die von den Behörden belangt würden, urteilt die Organisation Transparency International in Moskau.
Auf dem Index der Korruptionswahrnehmung von Transparency International lag Russland 2016 auf den 131. Platz. Von den europäischen Ländern war nur die Ukraine schlechter, das Land belegte Rang 132.
In den vergangenen Jahren kritisierten auch immer mehr Bürger die grassierende Korruption im Land. Unterstützung vom Präsidenten bekommen sie nicht. Solche Proteste enden verlässlich mit Gewalt durch Sicherheitskräfte, Festnahmen und Gerichtsverfahren.