Spaltungsversuche Russlands Spiegel: Geheimdienste warnen vor Moskaus Absichten
Russland versucht offenbar einen Keil zwischen Europa und die USA zu treiben. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf einen gemeinsamen Bericht von Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz.
Demnach haben deutsche Geheimdienste systematische Versuche Russlands zur Destabilisierung des europäisch-amerikanischen Verhältnises ausgemacht. Russland versuche bereits seit Jahren in den Ländern der Europäischen Union, die transatlantischen Beziehungen zu torpedieren, berichtete das Magazin.
Gezielte Zuspitzung von Konflikten
Die Regierung in Moskau versuche gezielt, im Westen vorhandene gesellschaftliche Konflikte zuzuspitzen, um die Akzeptanz des Bündnisses mit den USA infrage zu stellen.
Die US-Geheimdienste sehen Russland hinter einer Welle von Hackerangriffen gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im zurückliegenden Wahlkampf. Zudem sorgen Berichte über eine große Nähe zu Russland und eine mögliche Erpressbarkeit des künftigen Präsidenten Donald Trump durch die russische Regierung für erhebliche Unruhe im Vorfeld der Machtübergabe in der kommenden Woche.
Auch die Nato ist alarmiert und sucht nach Gegenstrategien: "Jeder Versuch, in nationale Wahlen von außen einzugreifen oder diese zu beeinflussen, ist nicht hinnehmbar", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Nato sei besorgt über Angriffe auf Datennetze vieler ihrer Mitgliedstaaten. Die Verteidigungsallianz konzentriere sich deshalb darauf, die Bündnisstaaten bei der Stärkung ihrer Cyber-Abwehr zu unterstützen: "Cyber-Abwehr steht ganz oben auf der Tagesordnung."
Des Weiteren hatte der künftige US-Präsident Donald Trump Russland für die Hacker-Angriffe im Präsidentschaftswahlkampf verantwortlich gemacht. Ziel Moskaus war es laut US-Geheimdiensten, Trumps Chancen zu erhöhen. Der Republikaner spricht sich für eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland aus, die seit Jahren von Sanktionen wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine-Krise geprägt sind.
Angriffe können Bündnisfall auslösen
Der für Sicherheit zuständige EU-Kommissar Julian King warnte schon im November vor Cyber-Angriffen, die darauf zielten, "die öffentliche Meinung vor allem während Wahlkämpfen zu manipulieren". Es könne davon ausgegangen werden, "dass solche Angriffe fortgesetzt werden, um 2017 die Wahlen in Europa zu beeinflussen."
Die Nato hatte den Cyberspace im vergangenen Jahr zu einem eigenständigen Einsatzgebiet gemacht. Angriffe über Datennetze können fortan wie solche durch Land-, See- oder Luftstreitkräfte behandelt werden. Dies könnte auch bedeuten, dass Cyber-Angriffe den Bündnisfall nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages auslösen.
Auftrag aus dem Bundeskanzleramt
Nach einer Reihe von Propagandakampagnen und Cyberangriffen hatte das Bundeskanzleramt den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz damit beauftragt, russische Aktivitäten zu untersuchen.
Die Bundesregierung überlegt noch, ob und in welcher Form sie den Bericht der Geheimdienste dem Bundestag oder der Öffentlichkeit zugänglich machen wird.