Atomkrieg verhindert Berühmter Doppelagent Oleg Gordievsky ist tot

Als Agent war er nicht nur für die Sowjetunion, sondern auch für Großbritannien im Einsatz. So verhinderte Oleg Gordievsky womöglich einen Atomkrieg. Nun ist er gestorben.
Erst im Nachhinein wurde bekannt, wie heikel die Lage war: Im Jahr 1983 plante die Sowjetunion, mit einem Atomschlag dem Westen zuvorzukommen, denn in Moskau herrschte die Überzeugung, dass es Pläne für einen Nuklearkrieg gebe. Dass es letztlich nicht zum Dritten Weltkrieg kam, war dabei vor allem einem zu verdanken: Doppelagent Oleg Gordievsky.
Der Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB war nämlich seit einigen Jahren als Doppelagent auch für den britischen Geheimdienst MI6 tätig. Er war verantwortlich dafür, dass US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher von der Gefahr erfuhren. Die reagierten und vereitelten somit eine Eskalation. Historiker halten Gordievsky deshalb für einen der bedeutendsten Spione der damaligen Zeit.
Nun ist Gordievsky am 4. März im Alter von 86 Jahren in Großbritannien verstorben. Das berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Associated Press. Die Polizei erklärte am Samstag, dass sie seinen Tod nicht als verdächtig betrachtet.
Von Moskau über Kopenhagen nach London
Gordievsky wurde 1938 in Moskau geboren und trat in den 1960er-Jahren in die Dienste des KGB ein. Er wurde in Moskau, Kopenhagen und London eingesetzt und wurde später KGB-Stationschef.
Nach der Niederschlagung der Freiheitsbewegung des Prager Frühlings 1968 wurde er desillusioniert und ließ sich in den 1970er Jahren vom MI6 anwerben. Er war mehr als ein Jahrzehnt für die Briten tätig. Er war damit der ranghöchste sowjetische Spion, der während des Kalten Krieges überlief.
Seine Intervention im Jahr 1983 startete das politische Abrüsten der anschließenden Jahre. US-Präsident Reagan unternahm erste Schritte, um nukleare Spannungen abzubauen, es kam zu einem erfolgreichen Treffen zwischen Thatcher und dem zukünftigen sowjetischen Führer Michail Gorbatschow, das Gordievsky vorbereitet hatte.
1985 wurde er nach Moskau zurückgerufen. Wie von ihm selbst bereits befürchtet, war seine Doppelagentenrolle aufgeflogen. Vor Ort wurde er unter Drogen gesetzt und verhört, aber nicht angeklagt, sodass er danach mit einer verdeckten britischen Aktion das Land im Kofferraum eines Autos verlassen konnte.
Zum Tode verurteilt, vergiftet, ausgezeichnet
Aus Dokumenten, die 2014 freigegeben wurden, geht hervor, dass Großbritannien unter Thatcher sich sogar um einen Deal für ihn bemühte: Wenn Gordievskys Frau und Töchter zu ihm nach London ziehen dürften, würde Großbritannien nicht alle KGB-Agenten ausweisen, die er enttarnt hatte. Doch Moskau lehnte ab und in der Folge wiesen beide Seiten mehrere mutmaßliche Spione aus.
Gordievskys Familie wurde sechs Jahre lang rund um die Uhr vom KGB überwacht, bevor sie 1991 zu ihm nach England nachreisen durfte. Er lebte den Rest seines Lebens unter britischem Schutz in der ruhigen Stadt Godalming, gut 60 Kilometer südwestlich von London.
Wobei es in seinem Leben auch dort nicht immer ruhig zuging: Zwischenzeitlich wurde er in Russland wegen Hochverrat zum Tode verurteilt. König Elizabeth II. ernannte ihn 2007 zum "Companion of the Order of St. Michael and St. George" für "Verdienste um die Sicherheit des Vereinigten Königreichs". Dies ist die gleiche Auszeichnung, die auch der fiktive britische Spion James Bond trägt.
Im Jahr 2008 behauptete Gordievsky dann, er sei vergiftet worden und habe 34 Stunden im Koma gelegen, nachdem er verdorbene Schlaftabletten eingenommen hatte, die ihm ein russischer Geschäftspartner gegeben hatte.
Zu seinem Tod hingegen gaben Ermittler Entwarnung. "Der Tod wird derzeit nicht als verdächtig eingestuft" und "es gibt keinen Hinweis auf eine erhöhte Gefahr für die Öffentlichkeit", heißt es von den Beamten von der Terrorismusbekämpfung.
- apnews.com: "Oleg Gordievsky, Britain’s most valuable Cold War spy inside the KGB, dies at 86" (Englisch)
- spiegel.de: "Legendärer Doppelagent Oleg Gordievsky ist tot"