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Neuer Top-Job bei den Vereinten Nationen: Das fällt Baerbock auf die Füße


Spitzenjob bei den Vereinten Nationen
Die Emotionen beim Verzicht hätte es nicht gebraucht

MeinungVon Patrick Diekmann

19.03.2025 - 11:12 UhrLesedauer: 3 Min.
Annalena Baerbock: Die Außenministerin führt in New York Gespräche mit China zum Ukrainekrieg.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock: Die Außenministerin strebt einen führenden Posten bei den Vereinten Nationen an. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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Annalena Baerbock soll Präsidentin der UN-Generalversammlung werden – ein nächster logischer Karriereschritt für die Außenministerin. Doch die Kommunikation der Grünen-Politikerin war maximal unglücklich.

Lange wurde im politischen Berlin über ihre Zukunft spekuliert, aber nun ist es raus: Die scheidende Außenministerin Annalena Baerbock strebt eine führende Position bei den Vereinten Nationen in New York an. Die Grünen-Politikerin soll die deutsche Bewerberin für den Vorsitz der UN-Generalversammlung werden. Ihre Wahl soll nach internen Absprachen bei den UN nur noch Formsache sein.

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Es war in der Vergangenheit nicht immer einfach, Anschlussverwendungen für ehemalige deutsche Chefdiplomaten zu finden – wenn sie nicht gerade Bundespräsident wurden wie Frank-Walter Steinmeier. Für Baerbock erscheint dieser Karriereschritt auf die internationale Bühne daher nun logisch. Trotzdem haben Baerbocks Karrierepläne aus unterschiedlichen Gründen einen Beigeschmack.

Für diesen Schritt spricht, dass selbst Baerbocks Kritiker ihr eine Eigenschaft nicht absprechen: Die 44-Jährige hat das Amt der Außenministerin mit Leidenschaft ausgeübt, machte nie ein Geheimnis daraus, dass sie der internationalen Diplomatie gerne erhalten bleiben möchte. Der Posten als Vorsitzende der UN-Generalversammlung passt gut in dieses Bild. Er ist zwar eher etwas für außenpolitische Feinschmecker, verspricht Organisationsarbeit und wenig Scheinwerferlicht. In dieser Position würde Baerbock Sitzungen der UN-Generalversammlung ein Jahr lang leiten und organisieren. Sie könnte zwar thematische Schwerpunkte setzen, hätte aber wenig großen politischen Einfluss.

Trotzdem könnte es für Baerbock ein Sprungbrett in höhere Positionen innerhalb der UN sein. Für Deutschland wäre eine Besetzung mit einer prominenten Politikerin sicherlich eine gute Nachricht: Denn die Vereinten Nationen stehen als Institution unter massivem Druck – auch durch US-Präsident Donald Trump, der öffentlich mit dem UN-Austritt der Amerikaner kokettiert. Baerbock hat in ihrer Amtszeit oft demonstriert, dass sie das internationale Völkerrecht für eine zentrale Errungenschaft hält. Das ist mit Blick auf Russlands Krieg in der Ukraine und den Konflikt im Nahen Osten besonders wichtig.

Bekannte Diplomatin muss Platz machen

Eigentlich war für den Posten Helga Schmid vorgesehen. Sie gilt in Fachkreisen als sehr erfahrene und international geschätzte Diplomatin – viel erfahrener als die scheidende deutsche Außenministerin. Schmid war Büroleiterin des damaligen Außenministers Joschka Fischer, hat das Nuklearabkommen mit dem Iran mit verhandelt. Sie war danach Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), wo sie in den vergangenen Jahren Konflikte mit Russland austrug. In außenpolitischen Kreisen gilt sie als kompetent und beliebt.

Obwohl Schmid die deutsche Bewerbung für den Vorsitz der UN-Generalversammlung organisiert hatte, muss sie nun für Baerbock Platz machen – dem prominenteren Namen. Politik ist nicht immer fair. Trotzdem macht sich die Grünen-Politikerin in außenpolitischen Kreisen mit dieser Entscheidung nicht beliebt.

Darüber hinaus werden sich viele Menschen in Deutschland nach dieser Ankündigung ungläubig die Augen reiben. Immerhin hatte Baerbock noch Anfang März in einem Brief an die Grünen-Bundestagsfraktion und den Grünen-Landesverband Brandenburg erklärt, dass sie aus privaten Gründen auf eine führende Position in der Bundestagsfraktion der Grünen verzichtet. Der hohe Einsatz habe in den vergangenen Jahren "einen privaten Preis gehabt", schrieb sie. "Daher habe ich mich aus persönlichen Gründen entschieden, erst einmal einen Schritt aus dem grellen Scheinwerferlicht zu machen und mich für kein führendes Amt in der Bundestagsfraktion zu bewerben."

Warum der emotionale Verzicht?

Mit dem neuen UN-Job würde sie zwar tatsächlich aus dem Scheinwerferlicht heraustreten, aber es wäre kein Schritt zurück. Baerbock hat zwei Töchter im Alter von neun und dreizehn Jahren. Wie die "Zeit" aus ihrem persönlichen Umfeld erfahren haben will, würden die Kinder sie nach New York begleiten und dort zur Schule gehen. Das Familienleben sollte immer ein privater Schutzraum sein, auch für Politikerinnen und Politiker. Aber dass Baerbock diese emotionale Ebene als Grund für ihren Rückzug öffentlich thematisierte, könnte ihr nun auf die Füße fallen. Es war ein kommunikativer Fehler.

Denn schon vor Wochen soll Baerbock den wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz über ihre Absichten in Kenntnis gesetzt haben, erfuhr der "Tagesspiegel" aus Kreisen der CDU. Stimmt das wirklich, hätte ihr Verzicht etwas weniger emotional ausfallen können, ja müssen.

Das Auswärtige Amt ist sich dieser kritischen Punkte sicherlich bewusst. Die Bekanntgabe ihrer Bewerbung für den UN-Job fällt vielleicht auch deshalb genau auf den Zeitpunkt am Dienstag, an dem die Bundespolitik auf die Debatte um die Aussetzung der Schuldenbremse im Bundestag fokussiert ist. Ein Musterbeispiel für politische Kommunikation und sicherlich kein Zufall. Offenbar ist sich auch Baerbock des Beigeschmacks bewusst.

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