Experten warnen vor Insolvenzwelle Bricht Putins Wirtschaft zusammen?
Russlands Wirtschaftswachstum verlangsamt sich. Westliche Sanktionen belasten den Rohstoffsektor, es drohen Insolvenzen.
Russlands Wirtschaftswachstum hat sich nach Jahren der Kriegswirtschaft spürbar verlangsamt. Während offizielle Zahlen für 2024 noch ein solides Plus von 4,1 Prozent ausweisen, warnen unabhängige Experten vor Stagnation, Inflation und steigenden wirtschaftlichen Risiken. Das berichtet der "Business Insider".
Laut Premierminister Michail Mischustin habe vor allem die Industrie das Wachstum vorangetrieben, insbesondere der Rüstungssektor. Auch die Autobranche und die Düngemittelindustrie verzeichneten Zuwächse. Einige Sektoren profitierten zudem von der wirtschaftlichen Abschottung des Landes. Dennoch mehren sich Zweifel an der Glaubwürdigkeit der offiziellen Zahlen. Die Ökonomin Natalja Subarewitsch bezeichnete die angeblichen Wachstumswerte aus Russland als "verblüffend" und kritisierte die mangelnde Transparenz der staatlichen Statistikbehörden.
Erste Anzeichen einer Abkühlung von Russlands Wirtschaft
Sowohl die russische Regierung als auch unabhängige Analysten gehen von einer deutlichen Abkühlung des Wachstums aus. Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow sprach von ersten Anzeichen eines Abschwungs seit November. Die Regierung prognostiziert für 2025 ein BIP-Wachstum von nur noch 2 bis 2,5 Prozent. Kritische Stimmen wie Subarewitsch und der Ökonom Dmitri Belousow warnen vor einer möglichen Stagflation – einer Kombination aus hoher Inflation und stagnierender Wirtschaft.
Während der Staat ein Fünftel des Wachstums durch Investitionen trägt und der Rüstungssektor von hohen Staatsausgaben profitiert, geraten andere Branchen unter Druck. Besonders betroffen sind der Immobilienmarkt, die Stahl- und Baustoffindustrie sowie der Kohleabbau. In Moskau und St. Petersburg ist die Nachfrage nach Wohnraum um ein Drittel eingebrochen. Auch die Automobilbranche kämpft mit sinkenden Verkaufszahlen und finanziellen Schwierigkeiten.
Sanktionen belasten Russlands Wirtschaft
Die westlichen Sanktionen treffen vor allem die russische Rohstoffindustrie. Neue Maßnahmen gegen die Schattenflotte erschweren den Export von Öl, was die Einnahmen schmälert. Der einst lukrative Gassektor steckt ebenfalls in der Krise: Gazprom meldete 2024 erstmals seit 25 Jahren Milliardenverluste. Sinkende Gaspreise und der Wegfall europäischer Absatzmärkte verschärfen die Lage. Eine neue Pipeline nach China, auf die Moskau gehofft hatte, wird vorerst nicht gebaut. Gleichzeitig schrumpft der nationale Wohlstandsfonds, aus dem Russland lange Zeit Haushaltslöcher stopfte, seit Kriegsbeginn um rund 60 Prozent.
Die massiv gestiegenen Staatsausgaben für den Krieg haben die Inflation in die Höhe getrieben. Im Februar lag sie offiziell bei 9,9 Prozent, gefühlt sei sie noch deutlich höher, so Subarewitsch. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Inflation bei 2,3 Prozent.
Experten über Russlands Wirtschaft: Insolvenzwelle droht
Die russische Zentralbank versucht gegenzusteuern und hat den Leitzins auf 21 Prozent angehoben – das höchste Niveau seit über zwei Jahrzehnten. Doch die hohen Zinsen setzen viele Unternehmen unter Druck. Investitionen werden unerschwinglich, und hoch verschuldete Firmen geraten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Experten warnen vor einer bevorstehenden Insolvenzwelle.
Ob die wirtschaftlichen Probleme Wladimir Putins Haltung zum Ukraine-Krieg beeinflussen, ist ungewiss. Subarewitsch äußerte Zweifel, ob der Präsident über die reale Wirtschaftslage umfassend informiert sei. Sie betonte jedoch, dass Putin sich der wachsenden Kriegsmüdigkeit in der Bevölkerung bewusst sei. Wie sich dies auf seine Entscheidungen auswirkt, bleibt abzuwarten.
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- businessinsider.de: "Russlands Wirtschaft geht nach drei Jahren Krieg und Sanktionen die Puste aus"