Medienbericht über Absturz Aserbaidschan: Russische Luftabwehr schoss Flugzeug ab
Eine Passagiermaschine stürzt in Kasachstan ab. Einem Medienbericht zufolge reagiert nun Aserbaidschan – und gibt russischer Flugabwehr die Schuld.
Die Regierung Aserbaidschans geht wohl davon aus, dass die russische Flugabwehr das Passagierflugzeug, das am Mittwoch in Kasachstan abgestürzt war, abgeschossen hat. Das berichtet das Medium "Euronews" unter Berufung auf Regierungsquellen.
Demnach sei die russische Luftabwehr über Tschetschenien aktiv gewesen, als das Flugzeug den Luftraum durchquerte. Ein Geschoss sei direkt neben der Maschine explodiert und habe sie schwerbeschädigt. Bei dem folgenden Absturz starben 38 Menschen.
Insider bestätigen Abschuss
Die Ermittlungen vor Ort laufen aktuell noch. Vier Insider, die mit den Ermittlungen vertraut sind, bestätigten der Nachrichtenagentur Reuters den mutmaßlichen Beschuss durch russische Flugabwehr.
Das westliche Verteidigungsbündnis Nato forderte Aufklärung. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Familien und Opfern des Azerbaijan Airlines-Fluges J28243", schrieb Nato-Sprecherin Farah Dakhlallah auf X. "Wir wünschen den bei dem Absturz Verletzten eine schnelle Genesung und fordern eine umfassende Untersuchung.
Laut einem US-Regierungsvertreter deuten erste Hinweise darauf hin, dass ein russisches Flugabwehrsystem das in Kasachstan abgestürzte Passagierflugzeug von Aserbaidschan Airlines getroffen haben könnte. Dies berichteten unter anderem die Sender CNN und ABC News unter Berufung auf den Beamten. Das Weiße Haus verwies jedoch auch auf Personal in der Region, da die Ermittlungen noch andauerten.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber, geht davon aus, dass der Absturz eines Passagierflugzeugs in Kasachstan durch eine russische Flugabwehrrakete verursacht wurde. "Die russische Flugabwehr ist zunehmend überfordert", sagt der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "In diesem konkreten Fall wird es noch Untersuchungen geben müssen." Zugleich forderte er Konsequenzen. "Alle zivilen Fluglinien sollten dringend das gesamte Kriegsgebiet meiden - also Überflüge über der Ukraine und Russland ausschließen."
Russland warnt vor Spekulationen
Russland warnte derweil vor Spekulationen zu einem möglichen Abschuss. "Zurzeit läuft eine Untersuchung, jeder Vorfall in der Luftfahrt muss von spezialisierten Luftfahrtbehörden untersucht werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge. "Es wäre falsch, eine Hypothese aufzustellen, bevor die Schlussfolgerungen der Untersuchung vorliegen."
Offiziell ist die Ursache für den Absturz nicht eindeutig geklärt. Es hatten sich jedoch bereits zuvor die Hinweise darauf verdichtet, dass das Flugzeug beim Anflug auf Grosny von der russischen Flugabwehr beschossen worden sein könnte. Der russische unabhängige Sender Dozhd meldete am Donnerstagmorgen, dass die öffentlich gemachten Gespräche zwischen der Besatzung der Maschine und dem Fluglotsen in Grosny einen Abschuss nahelegen würden.
Flugzeug wurde Opfer von Störsendern
Demnach sei die Maschine beim Anflug auf den Flughafen der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien zunächst Opfer von Störsendern geworden – spezieller Technik zur Unterdrückung analoger und digitaler Funkkommunikationssignale. Diese seien am Morgen des 25. Dezember aufgrund von ukrainischen Drohnenangriffen aktiv gewesen.
Dies habe dazu geführt, dass die Passagiermaschine bei jedem Landeversuch das GPS-Signal verloren hat, so die Auswertung des veröffentlichten Funkverkehrs laut Dozhd. Der Flutlotse am Boden habe gleichzeitig den Radarkontakt verloren.
Nachdem die Landeversuche in Grosny immer wieder fehlgeschlagen waren, hätten die Piloten die Entscheidung getroffen, zurück nach Baku zu fliegen. Als das Flugzeug jedoch wendete, sei es in der Nähe der Maschine zu einer Explosion gekommen. "Alles deutet darauf hin, dass der Flug von einer Rakete der Flugabwehr getroffen wurde", heißt es in den Morgennachrichten von Dozhd. Videos sollen Löcher im Rumpf der Maschine zeigen.
Verschiedene Staatsangehörige unter Passagieren
Die kasachische Nachrichtenagentur Tengrinews veröffentlichte eine komplette Passagierliste, auf der auch die Staatsangehörigkeit fast aller Insassen aufgeführt wird. Bei einer Frau fehlten alle Angaben zur Person, ein elfjähriges Mädchen wurde mit deutscher Staatsangehörigkeit aufgelistet. Unter den Verletzten sind unter anderem russische, aserbaidschanische und kirgisische Staatsangehörige.
Zur Frage, ob auch deutsche Staatsangehörige an Bord waren, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin: "Wir gehen den Berichten mit Hochdruck nach."
Neun verletzte russische Passagiere, darunter ein Kind, wurden laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass von einem Sonderflugzeug abgeholt, um in Moskau behandelt zu werden. Ihr Zustand werde als ernst eingeschätzt.
Die israelische Fluggesellschaft El Al hat alle Flugverbindungen zwischen Tel Aviv und Moskau für diese Woche eingestellt. Grund seien die "Entwicklungen im russischen Luftraum", teilte die Airline am Abend mit. Sie werde kommende Woche neu beurteilen und entscheiden, ob die Flüge wieder aufgenommen würden.
- euronews.com: "Exclusive: Preliminary investigation confirms Russian missile over Grozny caused Aktau crash" (Englisch)
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa