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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Propaganda-Show in Moskau "Dieser Putin ist kaputt. Bringen Sie den nächsten"
Mehr als vier Stunden dauerte das Propaganda-Spektakel Wladimir Putins. Assad, Syrien, Deutschland, Oreschnik – kaum ein Thema ließ der Kremlchef aus. In Erinnerung bleibt den Zuschauern aber sein Stottern.
Vor ausgewähltem Publikum gab sich Wladimir Putin gewohnt siegessicher. Aus Kursk werde man ukrainische Soldaten "hinauswerfen", nichts könne seine "Oreschnik"-Raketen stoppen, die russische Wirtschaft wachse. Auf seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau hat der russische Diktator die Situation seines Landes ein weiteres Mal verklärt. In Syrien sei Russland siegreich gewesen, erklärte er. Und auch in der Ukraine sei ein Sieg nur eine Frage der Zeit.
Die Propaganda-Show zum Nachlesen.
14.40 Uhr: Nach rund viereinhalb Stunden beendet Putin sein Medienspektakel. In den letzten Minuten schwärmte er über die russische Kultur, die russischen Menschen und ihre Erfolge. Russland sei für ihn wie eine Familie. Damit wich er etwas von seinen traditionellen Schlussworten ab. In den vergangenen Jahren behauptete Putin, mit Russland "verheiratet zu sein".
14.21 Uhr: Die Propaganda-Show dauert nun schon länger als vier Stunden. Eine Belanglosigkeit folgt der anderen. Die politischen Kommentatoren russischer unabhängiger Medien sind sich einig: So langweilig war "Der direkte Draht" selten. Auch die Zuschauer verlieren die Geduld. In den sozialen Netzwerken spottet man über einzelne Fragen und Passagen. "In der fünften Stunde seines Stand-up-Auftritts kam Putin schließlich zu einem Thema, mit dem er sich bestens auskennt: Pornoseiten", kommentiert dieser Nutzer.
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"Dieser Putin ist kaputt. Bringen Sie den nächsten!"
13.44 Uhr: Im Netz verbreiten sich derweil Ausschnitte aus der mehrstündigen Show, die Putins Stottern und Hüsteln in den Vordergrund stellen. "Dieser Putin ist kaputt. Bringen Sie den nächsten!", heißt es im Kommentar zum folgenden Ausschnitt in Anspielung auf die Gerüchte um mögliche Doppelgänger Putins.
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Putin würde Kohl, Chirac und Berlusconi zum Tee einladen
13.30 Uhr: "Mit wem würden Sie gerne ein Tässchen Tee trinken", lautet eine der vielen Fragen. Nach kurzer Besinnungszeit nennt Putin den ehemaligen deutschen Kanzler Helmut Kohl. Dieser habe ihn mehrfach besucht.
Der ehemalige französische Präsident Jacques Chirac sei auch ein sehr interessanter Mensch gewesen. Putin schwärmt von seiner Intelligenz. Silvio Berlusconi hätte er auch gerne auf einen Tee eingeladen.
Die Frage nach einer Tasse Tee hat einen unbeabsichtigten Beigeschmack. Als Alexej Nawalny im Jahr 2020 mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet wurde, hatte man zunächst spekuliert, dass sein Tee vergiftet worden sein könnte. Später kam jedoch heraus, dass das Gift auf seiner Unterwäsche platziert worden war.
Über drei Stunden dauert die Putin-Show bereits
Peinliche Fragen rutschen durch
13.15 Uhr: Das KI-Programm, das die Zuschauerfragen aussucht, die auf den Bildschirmen im Studio eingeblendet werden, ist nicht fehlerfrei. Der russische Telegram-Kanal SOT Avision hat die besten Ausrutscher gesammelt. Jemand wollte wissen: "Wie sollen wir, einfache Bewohner von Nowosibirsk, einen Kredit aufnehmen, wenn der Zinssatz zwischen 26 und 28 Prozent liegt?" Ein anderer fragte: "Warum sind unsere Renten so miserabel? Wie sollen wir davon leben?"
Jemand nutzte die Gelegenheit für einen Heiratsantrag: "Katja, ich weiß, dass du das hier siehst. Heirate mich", hieß eine Botschaft. Einen anderen plagt etwas anderes: "Die Eintrittspreise in Museen und Theatern sind unerschwinglich teuer geworden. Bücher sind unverschämt teuer."
Blogger fragt Putin nach Anweisungen
12.50 Uhr: Es folgt eine wilde Mischung an Themen: Putin widmet sich der Telefonbetrüger-Plage. Dann spricht er über das angeblich "kriminelle Regime von Selenskyj". Schließlich fragt ein Blogger mit einem Millionen-Publikum unvermittelt danach, was er den Menschen, die ihm folgen, beibringen soll. Ganz offen wird hier nach einem Leitfaden von Putin gefragt.
Schüler müssen Putin-Show anschauen
12.29 Uhr: In russischen Schulen werden die Schüler derweil gezwungen, die Propaganda-Show anzusehen. Statt Mathematik oder Literatur steht heute das Programm des Staatsfernsehens auf dem Stundenplan.
Putin wagt einen Scherz auf Kosten von Boris Johnson
12.16 Uhr: Während Putin weiter über seine Maßnahmen zur Rettung der sinkenden Geburtenrate spricht, macht in den sozialen Medien ein Scherz des Kreml-Chefs die Runde: Als Putin kurz Boris Johnson erwähnt, bezeichnet er ihn als "Menschen mit einer hübschen Frisur". Im Publikum vor Ort bringt ihm das ein paar Lacher ein. Die TV-Kameras fangen ein, wie auch Ksenia Sobtschak, die Tochter von Putins politischem Ziehvater Anatoli Sobtschak, herzlich darüber lacht.
Ende November war Sobtschak nach eigenen Angaben noch in Berlin unterwegs – und teilte von dort ein Selfie mit Sahra Wagenknecht. Mehr dazu lesen Sie hier.
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Russischer Journalist liefert Putin Steilvorlage
11.59 Uhr: Ein russischer Journalist äußert sich zur sinkenden Geburtsrate und thematisiert die unkonventionellen Maßnahmen, die Putins Regierung ergriffen hat. Putin betont, dass Russland nicht als einziges Land mit diesem Problem kämpft. Er präsentiert Zahlen und zieht Vergleiche zu anderen Ländern. Auch hier scheint die Frage vorab ausgewählt worden zu sein, damit Putin seine Pläne darlegen kann.
In Russland läuft seit Monaten eine riesige Propaganda-Kampagne, die die Russen dazu bewegen soll, wieder mehr Kinder zu bekommen. Vor kurzem wurden die Menschen etwa dazu aufgerufen, in der Mittagspause Sex am Arbeitsplatz zu haben.
- Eigene Recherche