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Südkorea: Kriegsrecht ausgerufen und zurückgenommen – was nun?


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Die wichtigsten Fragen zur Staatskrise
Chaos um Kriegsrecht in Südkorea – und jetzt?


Aktualisiert am 03.12.2024 - 20:48 UhrLesedauer: 4 Min.
Südkoreas Präsident YoonVergrößern des Bildes
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol: Er hatte in seinem Heimatland das Kriegsrecht verhängt. (Quelle: KIM HONG-JI/Pool Reuters/AP/dpa/dpa-bilder)

Südkoreas Staatschef Yoon Suk Yeol hat das Kriegsrecht ausgerufen – und wieder zurückgenommen. Er beschuldigte die Opposition, mit Nordkorea zu sympathisieren. Die wichtigsten Fragen.

Südkorea befindet sich im Ausnahmezustand. Mitten in der Nacht verfolgt die gesamte Nation gebannt auf ihren Bildschirmen, wie sich ihr Staat tiefer in die Krise stürzt. Nachdem die Regierung unter Präsident Yoon Suk Yeol das Kriegsrecht verhängt hatte, wurden im Minutentakt neue Entwicklungen bekannt.

Yoons drastische Maßnahme hat zu erheblichen politischen Spannungen geführt. Erst ist der Zugang zum Parlament, der Nationalversammlung in Seoul, blockiert gewesen. Dann hat das südkoreanische Parlament einstimmig gegen das Kriegsrecht gestimmt. Yoon nahm das Kriegsrecht daraufhin wieder zurück.

Wer ist Präsident Yoon und warum geht er diesen Schritt?

Yoon Suk Yeol ist seit 2022 Präsident Südkoreas. Der konservative Politiker gilt als Hardliner gegenüber Nordkorea. Sein Wahlsieg basierte auf dem Versprechen, die nationale Sicherheit zu stärken. Kritiker sehen in seiner aktuellen Ankündigung einen Versuch, seine Macht zu festigen und von innenpolitischen Problemen abzulenken. Denn Yoon steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck.

Zuletzt hat ein mutmaßlicher Korruptionsskandal rund um seine Ehefrau seine Beliebtheitswerte weiter gedrückt. Sie sorgte immer wieder für Aufsehen, etwa nachdem sie eine Luxus-Handtasche als Geschenk angenommen hatte, was möglicherweise gegen Antikorruptionsgesetze verstoßen hat. Zudem streitet die amtierende Partei mit der Opposition um das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr.

Seit Monaten haben sich zudem die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel erhöht. Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. Zudem schickte Nordkorea tausende Soldaten nach Russland, wo diese bei der Rückeroberung der Region Kursk im Einsatz sind.

Was wirft er der Opposition vor?

Yoon beschuldigt die oppositionelle Demokratische Partei (DP), insgeheim mit Nordkorea zusammenzuarbeiten. Der ausgerufene Ausnahmezustand ziele darauf ab, "pro-nordkoreanische Kräfte auszulöschen und die verfassungsmäßige Ordnung der Freiheit zu schützen", sagte Yoon.

Genau warf er der Opposition vor, seine Regierung zu untergraben, indem sie wichtige Budgets kürze und versuche, hochrangige Regierungsbeamte des Amtes zu entheben. Sie habe "den Staatshaushalt als Waffe für politische Unruhen instrumentalisiert und drängt sogar auf ein Amtsenthebungsverfahren."

Was hat Nordkorea mit der Krise zu tun?

Die Bedrohung durch Nordkorea spielt in Südkoreas Politik eine zentrale Rolle. Offiziell befinden sich die beiden Länder noch immer im Kriegszustand. Der Vorwurf der Zusammenarbeit mit Pjöngjang ist demnach ein schwerer. Es sind jedoch zum jetzigen Stand keine handfesten Beweise für Yoons Äußerungen bekannt.

Die Regierung des vorherigen Präsidenten Präsident Moon Jae In stand mit ihrer sogenannten "Sonnenscheinpolitik" für eine versöhnliche Haltung gegenüber Nordkorea. Yoons Kurs markiert eine scharfe Abkehr davon: Er hat mehrfach betont, dass er Pjöngjang mit Härte begegnen will, und sieht in seiner strikten Sicherheitsstrategie den Schlüssel zur Stabilität der Region.

Was werfen ihm seine Gegner vor?

Die Opposition kritisierte Yoons Maßnahmen und Äußerungen scharf. Oppositionsführer Lee Jae Myung bezeichnete das ausgerufene Kriegsrecht laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap als "verfassungswidrig" und unbegründet. Panzer und Soldaten mit Gewehren würden bald das Land kontrollieren, sagte Lee laut Yonhap weiter.

"Von diesem Moment an ist er nicht mehr der Präsident der Republik Korea", sagte er in einem Video auf Youtube. Das Parlament, in dem die DP die Mehrheit hat, stimmte bereits gegen die Maßnahme und verlangt die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung.

Auch die kleinere Gerechtigkeitspartei gab eine Erklärung heraus, in der sie die Ausrufung des Kriegsrechts als verfassungswidrigen Akt kritisierte und Yoon aufforderte, diese unverzüglich zurückzunehmen: "Die Ausrufung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon ist ein verfassungswidriger und tyrannischer Akt, der direkt gegen Artikel 77 der Verfassung der Republik Korea verstößt."

Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei und einst ein enger Verbündeter Yoons, Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als "falsch". Man werde es "gemeinsam mit dem Volk stoppen", sagte Han.

Kann das Parlament das Kriegsrecht beenden?

"Die vom Parlament beschlossene Aufhebung des Kriegsrechts müsste nun vom Präsidenten akzeptiert werden", sagte Marcel Conrad, Krisenfrühwarn-Experte bei der Agentur A3M, auf Anfrage von t-online, kurz bevor der Präsident das Kriegsrecht wieder aufhob. "Sollte dieser das nicht tun, käme dies einem Putschversuch gleich."

Was umfasst das Kriegsrecht und was heißt es für die Bevölkerung?

Gemäß der Verfassung ist der Präsident befugt, in Kriegszeiten, bei einem nationalen Notstand oder wenn dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich erscheint, das Kriegsrecht zu verhängen.

In einem Dekret, das der zuständige Kriegsrechts-Kommandant Park An Su erlassen hat, wurden zuerst alle politischen Aktivitäten, einschließlich der von Abgeordneten, sowie nahezu alle Formen von Protesten und Kundgebungen verboten.

Das Kriegsrecht schränkt auch die Tätigkeit von Medien und Verlagen ein. Ein neues Büro soll für Medienkontrolle und Zensur sorgen, berichtet die Zeitung "Korea Times". Wer sich nicht an die Anordnung hält, muss mit einer Bestrafung nach dem Kriegsrecht rechnen.

Theoretisch könnten laut Kriegsrecht alle Schulen und Bildungseinrichtungen geschlossen werden. Doch sie sollen am Mittwoch trotzdem im ganzen Land normal öffnen. Alle Menschen, die als Offiziere arbeiten, auch die beurlaubten, sind angewiesen, sich auf ihren Posten einzufinden.

Wie reagieren die Bürger?

Viele Bürger Südkoreas sind wütend über die aktuellen Entwicklungen. Tausende versammelten sich in der Nacht vor der Nationalversammlung in Seoul. Lautstark drückten sie ihre Wut über die Ausrufung des Kriegsrechts aus. Als die Abgeordneten die Resolution zur Aufhebung der Maßnahme verabschiedeten, begannen sie zu jubeln. Auch anderswo organisierten Bürgergruppen Proteste, etwa in der Stadt Gwangju.

Mehrere Bürgerinitiativen haben in einer Erklärung die sofortige Aufhebung der Maßnahmen gefordert. Sie verurteilten die Ausrufung als "verfassungswidrig" und "direkten Angriff auf die südkoreanische Demokratie".

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Wie geht es nun weiter?

Auch nach der Aufhebung des Kriegsrechts dürfte die Entscheidung von Präsident Yoon Suk Yeol noch lange nachwirken. "Diese Entscheidung wird bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt gesellschaftliche Spannungen und Proteste zur Folge haben", sagt Experte Conrad.

Er erwartet weitere Massendemonstrationen vor zentralen Gebieten der Hauptstadt Seoul, auf dem Gwanghwamun-Platz, im Distrikt Yongsan und im Umfeld des Parlaments in Yeouido. Und, er glaubt, für Yoon könnte das Ganze ein unschönes Ende haben: "Die gescheiterte Ausrufung des Kriegsrechts könnte auch die Stimmen stärken, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten fordern", sagt er.

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