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Sebastian Kurz: Was macht Österreichs Ex-ÖVP-Kanzler jetzt?


Vom "Wunderwuzzi" zum Affären-Kanzler
Was macht eigentlich Sebastian Kurz?

Von t-online, mk

29.09.2024Lesedauer: 3 Min.
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)Vergrößern des Bildes
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Er stürzte 2021 über eine Korruptionsaffäre um gekaufte Meinungsumfragen. (Quelle: IMAGO/photonews.at/Georges Schneider)

Sebastian Kurz war der Star der österreichischen Politik. Inzwischen verdingt er sich bei einem Tech-Milliardär, der die Demokratie abschaffen will.

Für einen Politiker hat Sebastian Kurz eine ziemlich sportliche Karriere hingelegt. Mit nur 27 Jahren war Kurz schon Außenminister, vier Jahre später wurde er gar zum jüngsten Bundeskanzler in der Geschichte Österreichs. Doch so erstaunlich sein Aufstieg war, so krachend endete auch die politische Laufbahn des ÖVP-Politikers aus Wien. Die Parlamentswahlen am Sonntag wird der inzwischen 40-Jährige als einfacher Bürger verfolgen.

Am 9. Oktober 2021 gab Kurz zunächst seinen Rücktritt als Bundeskanzler bekannt, knapp zwei Monate später zog er sich von allen politischen Ämtern zurück. Zu erdrückend waren die Vorwürfe gegen ihn in der Korruptionsaffäre um manipulierte Meinungsumfragen. Juristisch aufgeklärt ist die Affäre bis heute nicht, aber laut Staatsanwaltschaft sollen Kurz und andere ÖVP-Politiker Steuergeld verwendet haben, um bei österreichischen Zeitungen Umfragen "zu bestellen", die für die ÖVP günstig wirkten. Es waren schließlich Kurz' Koalitionspartner von den Grünen, die ihn zum Rücktritt zwangen.

Sebastian Kurz findet Anschluss im Silicon Valley

Juristischen Ärger handelte sich Kurz aber auch wegen einer Affäre um die Österreichische Beteiligungs AG (Öbag) ein, die die Unternehmensbeteiligungen des Staates verwaltet. Kurz hatte auf die Besetzung des Chefpostens bei der Öbag größeren Einfluss, als er 2020 vor einem Untersuchungsausschuss zugab. Für diese Falschaussage unter Eid verurteilte ihn das Wiener Landgericht Anfang 2024 zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Kurz bestreitet die Vorwürfe bis heute, doch seiner weiteren Karriere stand die Affäre nicht im Weg.

Nach seinem Rückzug aus der Politik fand Kurz schon bald Anschluss im Silicon Valley. Noch Ende 2021 heuerte er als Berater bei Thiel Capital an, dem Investmentfonds des deutsch-amerikanischen Tech-Milliardärs Peter Thiel, dessen Vermögen auf die Gründung des Bezahldienstleisters Paypal im Jahr 2000 zurückgeht. Was genau Kurz für Thiel tut, ist unklar. Doch das Engagement an sich löste einige Irritationen aus, vor allem wegen Peter Thiels politischer Einstellungen.

Kurz über Thiel: "Kommunist ist er keiner"

In Büchern und Aufsätzen hat der 1967 in Frankfurt am Main geborene Thiel immer wieder seine Abneigung gegen Demokratie, offene Gesellschaften und Frauenrechte zur Schau gestellt. So überrascht es nicht, dass Thiel 2016 noch Donald Trump bei dessen Wahl zum US-Präsidenten unterstützte. Enttäuscht von dessen aus Sicht Thiels zu lascher Politik, wandte sich Thiel aber noch vor der Wahl 2020 von Trump ab. Von einem Sinneswandel Thiels kann also keine Rede sein, Trump war ihm wohl einfach nicht radikal genug.

Konfrontiert mit einigen Äußerungen seines neuen Arbeitgebers, sagte Sebastian Kurz Ende 2022 über Thiel, dieser sei "einer der intellektuellsten Menschen, die ich kenne, mit einer unglaublichen Analysefähigkeit und jemand, der gerne polarisiert und sehr spitze Meinung einnimmt." Auf die Frage, ob er mit Thiel politische Überzeugungen teile, sagte der Ex-Kanzler, darüber könne man lang diskutieren. "Kommunist ist er keiner", so Kurz über Thiel. Von einem konservativen Politiker gilt das wohl als Zustimmung.

Kurz arbeitet mit zweifelhaftem Unternehmer

Auch die österreichische Extremismusforscherin Natascha Strobl sieht politische Parallelen zwischen Thiel und Kurz. "Politik wird nicht nur in Regierungen und Parteien gemacht, sondern auch von Konzernen und einzelnen Akteur:innen, die für sich mehr Macht haben als die meisten Staaten. Peter Thiel ist einer davon", schrieb Strobl Ende 2022. "Seine Agenda für die Zukunft ist eine autoritäre und antidemokratische. Insofern hat Sebastian Kurz zwar den Ort gewechselt, die unterstützte Politik bleibt aber dieselbe."

In die Kritik geriet Kurz auch wegen seiner Zusammenarbeit mit dem israelischen Unternehmer Shalev Hulio, mit dem gemeinsam er 2022 die Beratungsfirma Dream Security gründete. Hulio ist Mitbegründer und Mitinhaber des israelischen Tech-Unternehmens NSO Group Technologies, das die Spionagesoftware Pegasus entwickelt hat. Vermarktet wurde Pegasus seit 2016 als technisches Hilfsmittel für Regierungen im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Doch gekauft haben das Programm vor allem autoritäre Regime, die mit Pegaus Journalisten und Menschenrechtler ausspähten.

Macht es die ÖVP wieder mit der FPÖ?

Auf seinen zweifelhaften Geschäftspartner angesprochen, sagte Kurz dem Portal "puls24.at" im Oktober 2022 nur, "über das Unternehmen kann man lang diskutieren". Mit der Spionagesoftware selbst habe er jedenfalls nie etwas zu tun gehabt, so der Ex-Kanzler damals.

Auch wenn Sebastian Kurz bei der Wahl am Sonntag keine Rolle mehr spielt, könnten sich die Österreicher schon bald wieder in die Zeit unter ihrem "Wunderwuzzi" zurückversetzt fühlen. Aktuell regiert in Wien eine Koalition aus Konservativen und Grünen unter dem ÖVP-Kanzler Karl Nehammer. Doch die rechtspopulistische FPÖ des früheren Innenministers Herbert Kickl liegt zurzeit in allen Umfragen vorn und könnte es erneut in die Regierung schaffen – wie schon von 2017 bis 2019 unter dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz.

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