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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kanzler Scholz reist nach China "Das sind die bitteren Lehren"
Olaf Scholz droht in China ein schwieriger Balanceakt. Die Erwartungen der deutschen Wirtschaft und der Politik an den Kanzler sind groß, wie die Grünen-Politikerin Deborah Düring im Interview erklärt.
China ist für Deutschland gleichzeitig ein strategischer Rivale und wichtiger Handelspartner. Einerseits unterstützt der chinesische Präsident Xi Jinping Wladimir Putins Krieg in der Ukraine. Andererseits ist die schwächelnde deutsche Wirtschaft auf gute Wirtschaftsbeziehungen zur Volksrepublik angewiesen. Ein Dilemma.
In dieser Krise reist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit drei Ministerinnen und Ministern und einer großen Wirtschaftsdelegation nach Peking. Ein Signal des Aufbruchs in den deutsch-chinesischen Beziehungen? Die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Deborah Düring erwartet, dass der Kanzler auf die chinesische Führung einwirkt.
t-online: Frau Düring. Olaf Scholz reist mit großer Wirtschaftsdelegation und Cem Özdemir, Steffi Lemke und Volker Wissing nach China. Haben Sie Angst, dass der Kanzler wie Markus Söder Pandas knuddelt?
Deborah Düring: Das wird nicht passieren.
Aber sehen Sie die Gefahr, dass Scholz China zu unkritisch umschmeichelt?
Die Bundesregierung hat eine China-Strategie verabschiedet, die auf drei Säulen basiert: China ist Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale zugleich. Ich gehe davon aus, dass der Kanzler genau diesem Ansatz auf seiner Reise folgen wird.
Zur Person
Deborah Düring ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen und außenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Welches Signal geht von der Reise zu diesen Zeiten aus?
China ist ein großer wirtschaftlicher und politischer Akteur. Die globalen Krisen sind gewaltig und herausfordernd. Deswegen ist es das richtige Zeichen, dass der Kanzler dort hinfährt, um Kooperationen zu suchen und auch klarzumachen, was unsere Haltung ist.
Die China-Strategie, das sind erst einmal nur Worte auf Papier. Wo muss sich die Tatsache, dass China eben auch systemischer Rivale und Wettbewerber ist, in der politischen Praxis auf der Reise wiederfinden?
Es geht darum, auch bei schwierigen Themen mit China im Dialog zu bleiben, etwa bei der Nachhaltigkeit, den Menschenrechten und fairen Arbeitsbedingungen. Die Bundesregierung steht für die Einhaltung der Menschenrechte und das wird auch Thema sein. In der Wirtschaftspolitik geht es um ein "De-Risking". Also darum, die kritischen Abhängigkeiten von China zu reduzieren und die europäische Souveränität zu stärken, ohne sich ganz abzukoppeln. Das sind die bitteren Lehren aus der früheren deutschen Russland-Politik.
Ist das bei allen Koalitionspartnern angekommen? Bei der SPD kann man ins Zweifeln kommen, wenn man sich zum Beispiel die Debatte um den chinesischen Einfluss auf den Hamburger Hafen anschaut.
Die gesamte Bundesregierung hat die China-Strategie verabschiedet. Und diese Strategie füllen wir alle mit leben.
Was muss Olaf Scholz dafür in China tun?
Ich erwarte, dass der Kanzler den Dialog sucht und natürlich auch das Thema der Menschenrechte anspricht.
Zwei Drittel der deutschen Unternehmen in China fühlen sich unfairen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt, wie die Außenhandelskammer ermittelt hat. Sie erwarten von Scholz, dass er sich für sie einsetzt. Macht es diese Erwartung, dass die Politik in China Türen öffnet, nicht noch mal komplizierter mit dem Balanceakt zwischen Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale?
Es ist natürlich herausfordernd und wichtig, dass die Bundesregierung die deutschen Unternehmen unterstützt. In der China-Strategie ist auch verankert, den fairen Wettbewerb zu stärken. Wir müssen diesbezüglich auf China einwirken.
China hat in der vergangenen Woche eine Friedenskonferenz im Ukraine-Krieg vorgeschlagen. Setzen Sie Hoffnung in diese chinesische Initiative?
Für mich ist in dieser Frage entscheidend, welche Position die Ukraine dazu hat. Wir haben vollste Solidarität mit der Ukraine und werden sie unterstützen, wenn sie selbst sagt, dass sie Verhandlungen für aussichtsreich hält.
Das schließt sich nicht aus. Außenminister Dmytro Kuleba sagt etwa, dass er China als Vermittler akzeptieren würde.
Wie gesagt: Das ist die Entscheidung der Ukraine.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Düring.
- Gespräch mit Deborah Düring